VON STALINISTISCHER PROVENIENZ / DIE VERFOLGUNG DES ACHILLE MBEMBEPolitik der Feindschaft – Achille Mbembe unter Antisemitismusverdacht

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Von Patrick Bahners – FAZ 17 April 2020

Der politische Philosoph Achille Mbembe hat in den letzten Jahren in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen eine ganze Reihe von Auszeichnungen entgegengenommen. Vor zwei Jahren verlieh ihm die Gerda Henkel Stiftung den mit 100 000 Euro dotierten Gerda Henkel Preis für herausragende Forschung. Im vergangenen Jahr lehrte Mbembe als Albertus-Magnus-Professor an der Universität zu Köln, und im Düsseldorfer Schauspielhaus hielt er eine Rede über die Frage, ob es ein Menschenrecht auf Mobilität gibt.

Am 14. August soll Mbembe in Bochum die Eröffnungsrede der Ruhrtriennale halten, des internationalen Kulturfestivals, welches das Land Nordrhein-Westfalen und die Ruhrgebietsstädte unterhalten. Droht der Bundesrepublik „politischer Schaden”, wenn Mbembe seine angekündigten „Betrachtungen über planetarisches Leben” vortragen kann?

Diese Warnung hat Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung” geäußert.

Der Diplomat, der seinem Auftrag mit Unterstützung eines Referats im Bundesinnenministerium nachgeht, begründete seine Intervention mit. der Finanzierung des Festivals aus öffentlichen Geldern und der damit gegebenen besonderen Verantwortung eines Eröffnungsredners. „Es sollte eine Person dafür ausgewählt werden, die dieser Verantwortung gerecht wird — und nicht in der Vergangenheit bereits durch die Relativierung des Holocaust aufgefallen ist.”

Achille Mbembe, ein notorischer Relativierer des deutschen Völkermords an den Juden?

Den akademischen und kulturellen Institutionen, die Mbembe nach Deutschland einluden, ist der vielgefragte Autor nicht wegen entsprechender Äußerungen aufgefallen. Laut Klein hat Mbembe indes „in seinen wissenschaftlichen Schriften nicht nur den Staat Israel mit dem Apartheidssystem Südafrikas gleichgesetzt, was einem bekannten antisemitischen Muster entspricht”, sondern auch „das Existenzrecht Israels in Frage gestellt”.

Um den bibliographischen Nachweis dieser Schriften gebeten, verwies Kleins Referat auf den Offenen Brief eines FDP-Landtagsabgeordneten, der eine Schrift nennt, den Nachdruck eines Kapitels aus dem 2017 auch bei Suhrkamp erschienenen Buch „Politik der Feindschaft” in der Zeitschrift „Radical Philosophy”. Der Abgeordnete wirft Mbembe vor, die antiisraelische Boykottbewegung BDS zu unterstützen. Schon 2018 wurde Stefanie Carp, der Intendantin der Ruhrtriennale, die Unterstützung von BDS-Unterstützern vorgeworfen.

Michael Hanssler, der Vorstandsvorsitzende der Gerda Henkel Stiftung, erklärte gegenüber dieser Zeitung: „Uns sind keine Schriften Mbembes bekannt, die den Vorwurf des Antisemitismus —geschweige denn der Relativierung des Holocausts — rechtfertigen könnten. Kritik an israelischem Regierungshandeln lässt sich unserer Auffassung nach nicht schlicht mit einer Relativierung des Holocausts gleichsetzen.”

Die Passagen aus „Politik der Feindschaft” dokumentierten gerade, dass Mbembe Holocaust und Apartheid nicht gleichsetze. „Ich möchte anregen, dass sich diejenigen, die diese Vorwürfe in Form offener Briefe und durch Pressestatements erhoben haben, zunächst einmal ernsthaft mit Achille Mbembes Werk und mit ihm als Person auseinandersetzen.” pba.