THEO VAN GOGH: H OCHKULTUR UNTER DER PRIDE FLAG – AUCH DEM EUNUCH ISTS NICHT GENUCH / DER WESTLICHE WUNSCH AUF KASTRATION

«Kinder, die sich als Eunuchen identifizieren»

«Eunuchen» stellen laut dem Weltverband für Transgender-Gesundheit eine eigene Geschlechtsidentität dar. In den neusten Richtlinien wird auch auf eine fragwürdige Online-Plattform verwiesen. Zudem sind die Altersempfehlungen für Behandlungen weggefallen.

Elena Panagiotidis 25.09.2022, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG

Wird es künftig auf Fragebögen oder in Stellenausschreibungen nebst den Kategorien männlich, weiblich, divers auch «Eunuch» geben?

Geht es nach dem Weltverband für Transgender-Gesundheit (WPATH), ist es notwendig und wünschenswert, «Eunuchen» als neue Kategorie unter den Schirm der verschiedenen Geschlechtsidentitäten aufzunehmen. Ihre Empfehlungen hält die WPATH in den sogenannten Standards of Care for the Health of Transgender and Gender Diverse People (SOC) fest. Anfang September ist die achte Version (SOC8) erschienen, die die bis anhin bestehende Version aus dem Jahr 2012 ablöst. Nicht nur, dass die Altersempfehlungen für eine Behandlung von Kindern und Jugendlichen weggefallen sind, was Kritiker befürchten lässt, dass Hormonbehandlungen und Operationen bei nun noch jüngeren Patienten erlaubt werden könnten. In einer früheren Version galt beispielsweise die Empfehlung, Hormone nicht vor 14 Jahren zu geben oder für eine Brustentfernung mindestens 15 Jahre alt zu sein.

In den SOC8 findet sich neu auch ein eigenes Kapitel zum Thema «Eunuchen».

Die WPATH ist laut Eigenbeschreibung ein internationaler und interdisziplinärer Fachverband, der sich mit dem Verständnis und der Behandlung von Geschlechtsdysphorie beschäftigt. Ihre Empfehlungen beeinflussen laut «New York Times» die Positionen von medizinischen Fachverbänden von Pädiatern bis Psychologen. Zudem orientierten sich Krankenversicherungen weltweit an den SOC.

Eunuchen als Hofbeamte und Opernsänger

Eunuchen spielten in der Menschheitsgeschichte über Tausende von Jahren eine Rolle, z. B. im chinesischen oder byzantinischen Kaiserreich oder im Osmanischen Reich. Kastration konnte einerseits als Bestrafung gedacht sein, andererseits war sie auch eine Voraussetzung, um hohe Ämter zu übernehmen. Auch in der europäischen Musik waren Kastratensänger über die Jahrhunderte hinweg vertreten.

Diese Formen der meist erzwungenen Kastration gibt es nicht mehr. Die Richtlinien der WPATH beziehen sich auch nicht auf Männer, denen aus medizinischen Gründen wie Prostatakrebs die Hoden entfernt wurden. Die WPATH geht davon aus, dass es Personen gibt, die ihre Geschlechtsidentität als «Eunuch» sehen und entweder bereits nichtfunktionsfähige Hoden haben oder sich deren Nichtfunktionsfähigkeit wünschen oder gar eine Penisamputation anstreben. Mann-zu-Eunuch soll eine gültige Transgender-Identität sein. Es geht also um Personen, die das Gefühl haben, dass ihr wahres Selbst am besten durch den Begriff Eunuch ausgedrückt wird.

Wie viele Männer das betrifft, dazu gibt es keine Angaben. In den SOC8 ist vage von «many» (viele) die Rede. Betroffene würden die Stigmatisierung fürchten, so die Vermutung.

Matthias Waldner ist Oberarzt an der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des Universitätsspitals Zürich (USZ) und auf Genderdysphorie und chirurgische Geschlechtsangleichung spezialisiert. Er sagt: «Ich habe bisher in meiner Sprechstunde noch nie jemanden gesehen, der sich speziell so definiert hat.» Es gebe einige Personen, die die Hoden entfernt haben wollten und keine weiteren Massnahmen ergreifen wollten. Diese hätten sich aber nicht so deutlich als «Eunuchen» identifiziert, vielleicht auch, weil das für sie kein Begriff sei. Manche, die die Hoden entfernt haben wollen, sagen: «Ich bin keine Frau.» Anfragen in diese Richtung gebe es allerdings selten.

«In der Schweiz reden wir da von einzelnen Personen, die sich als ‹Eunuch› definieren könnten, wenn überhaupt», so Waldner.

Eunuch Archives als Tummelfeld für Pädosexuelle?

Generell scheint die Forschung und Quellenlage dazu gering, zitiert werden einige wenige Aufsätze. Die SOC8 beziehen sich mehrfach auf das 1998 gegründete Eunuch Archive, das weltweit über 130 000 registrierte Mitglieder zählt. Die WPATH nennt es in den jüngsten Richtlinien eine «grosse Online-Selbsthilfegruppe», wobei wohl nur eine Minderheit der Mitglieder kastriert sei oder dies zu sein wünsche. Fraglich ist, wie seriös diese Website mit ihren Chatrooms ist: In verschiedenen Recherchen wurde nachgewiesen, dass sich im geschützten Bereich des Archivs eine grosse Anzahl von Geschichten befindet, die direkt mit dem sadistischen sexuellen Missbrauch von Kindern zu tun haben.

Vor dem offiziellen Start des Archivs trafen sich die Mitglieder in einem gleichnamigen Usenet-Forum, das das Ziel der ersten Ermittlungen des FBI gegen Pädophilenringe im Internet war. Sobald die Eunuch Archives eingerichtet gewesen seien, seien viele der bekannten Mitglieder dorthin gewechselt, heisst es im Bericht des Portals Reddux.

Wer auf die Website der Eunuch Archives geht, gelangt relativ leicht in den Chatroom #Lobby. Dort tragen User Namen wie «eiergeil-wien», «GaySubNorway», «smalldick», «gayforsatan», «labor_servant», «Eierbulle», «spatzi-abschneiden» oder einfach «Markus24», wie ein Augenschein zeigt. Das klingt jetzt weniger nach harmloser Online-Selbsthilfegruppe.

Wie der britische «Telegraph» und der Radiosender LBC News im Sommer berichteten, hatte der National Health Service (NHS) gefordert, «Eunuch» als Geschlechtsidentität anzuerkennen, und dazu ein entsprechendes WPATH-Dokument hochgeladen. Der schottische NHS entschuldigte sich nachher für die Aussage. Das Dokument enthielt laut Medienberichten einen direkten Link zu den Eunuch Archives , «die grafische und sexuell eindeutige fiktive Beschreibungen von Kinder-Eunuchen enthalten».

Wie erklären eigentlich unsere woken Freunde, dass die SOC8 jetzt “Eunuch” als Gender-ID aufgenommen hat, WPATH sich von Kastrations-Fetischisten und Pädos beraten lässt, oder dass ein Lehrer mit überdimensioniertem Fake-Busen Jugendliche in Kanada belästigt?

— Rona (@ronalyze) September 19, 2022

Speziell aufhorchen lässt die Mutmassung der Autoren der SOC8, schon Kinder könnten sich als Eunuchen definieren. So heisst es dort: «Wie andere geschlechtsdiverse Personen auch können sich Eunuchen ihrer Identität in der Kindheit oder Jugend bewusst werden. Aufgrund des Mangels an Forschungsergebnissen über die Behandlung von Kindern, die sich als Eunuchen identifizieren, sehen wir davon ab, spezifische Vorschläge zu machen.»

Allein die Vorstellung, ein Kind könnte sich als Eunuch betrachten, dürfte in den meisten Ohren befremdlich bis alarmierend klingen. In sozialen Netzwerken wie Twitter löst der Aspekt einen Aufschrei aus.

Der Oberarzt Matthias Waldner antwortet auf die Frage, ob es denkbar sei, dass Kinder sich als «Eunuchen» definieren: «Das finde ich schwierig. Testosteron macht etwas mit dem Körper und führt zu gewissen Veränderungen, vor allem in der Pubertät. Als Kind hat man diese hormonelle Wirkung noch gar nicht. Dementsprechend hat das wahrscheinlich gar keinen Einfluss.»

Hingegen werde oft schon in jungen Jahren bei Kindern klar, dass sie eine andere Geschlechterrolle in ihrem Leben haben möchten. «Das sehen wir in den Spezialsprechstunden der Kinder- und Jugendpsychiater, dass das häufiger wird.»

«Für die meisten Menschen ist der Wunsch nach Kastration nicht nachvollziehbar»

Die WPATH empfiehlt in ihren Richtlinien, bei Eunuchen auch eine medizinische Intervention in Betracht zu ziehen, falls das Risiko besteht, dass diese sich durch eine Selbstverstümmelung oder Selbstmedikation schaden könnten.

Würde man also Personen, die sich als Eunuchen definieren, operieren? Waldner erklärt, dass einem solchen Verfahren eine spezifische Beratung vorausginge, in der beispielsweise ein Psychiater schauen müsste, ob sich der Wunsch seit längerer Zeit manifestiert oder ob es sich um eine momentane Situation handelt. Wenn es sich um einen gefestigten Wunsch handle, könne man hormonell oder chirurgisch intervenieren: «Das ist durchaus denkbar, wenn sich Menschen so identifizieren, wenn es für ihre Identität wichtig ist und sie darunter leiden. Für die meisten Menschen ist ein Wunsch nach Kastration nicht nachvollziehbar.» Waldner verweist auf Transfrauen, dort würden schon vor einer Geschlechtsangleichung oder manchmal auch als einzige Massnahme Hoden entfernt, um nicht mehr die Testosteronblocker nehmen zu müssen. «Das machen wir sehr häufig und ambulant.»

Bei «Eunuchen» würde sich zudem die Frage stellen, welche Kosten die Krankenkasse abdecke, denn es wäre wieder eine neue Kategorisierung, sagt Waldner. Auch nichtbinären Menschen würden oft Leistungen vorenthalten.

Fraglich bleibt, warum die WPATH, die sich für die legitimen Rechte von Transpersonen und deren Akzeptanz und Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung einsetzt, so unkritisch mit Quellen wie den Eunuch Archives umgeht und fragwürdige Behauptungen über Kinder, die sich als «Eunuchen» definieren, aufstellt. Anfragen der NZZ an die WPATH und einen auf Transgender-Health spezialisierten Mediziner und Co-Autor der SOC8 zu diesen Themen blieben unbeantwortet.