Messe Erbil: Eine für alle

23.10.2012 – Maral Jekta  – WPI – Von politischer Krise keine Spur: 850 Aussteller aus 22 Ländern fanden in diesen Jahren den Weg auf die „Erbil International“. Die Messe „Erbil International“ ist längst zu einem der wichtigsten Treffpunkte für Vertreter aller Branchen geworden. Auch die diesjährige Ausstellung vom 15. bis 18. Oktober verbuchten die meisten Teilnehmer als Erfolg – darunter waren viele deutsche Unternehmen.

Im Konflikt zwischen der irakischen Zentralregierung und der Regierung der föderalen Region Kurdistan zeichnet sich kein Ende ab. Gerade erst kehrte der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki von einem Staatsbesuch in Tschechien zurück, wo er 28 Übungs- und Kampfflugzeuge vom Hersteller Aero Vodochody erworben hat. Der Kauf schürt die Angst der Kurden noch weiter, die sich ohnehin wegen des ungelösten Konflikts mit Bagdad um die Verteilung der Ölressourcen vor einer Eskalation fürchten. Im Zentrum steht derzeit die ölreichste Stadt des Landes, Kirkuk. Hier hat die Zentralregierung eine neue militärische Kommandozentrale genau vor den Toren des Gebietes der Kurden eingerichtet.

Volker Wildner, Leiter des Deutschen Wirtschaftsbüros in Erbil: „Einige Firmen, die letztes Jahr auf der Messe ausgestellt haben, sind dieses Jahr nicht dabei, weil sie sich in der Zwischenzeit auf dem Markt etabliert haben. Das spricht nur für den Erfolg der Erbil International.” Die politische Krise beeinflusst aber offenbar die wirtschaftliche Lage vorerst noch nicht: Auf der Messe „Erbil International” jedenfalls war von der heiklen politischen Situation nur wenig zu spüren. Im Gegenteil: Die Ausstellung, die im Irak als eines der wichtigsten Treffen für Vertreter aus allen Wirtschaftsbereichen gilt, lieft auch in diesem Jahr gut. Strittige Diskussionen drehten sich allein um die Frage, ob die „Erbil International“ irgendwann der Messe „Baghdad International“ den Rang abläuft.

„Die Messe ist sehr gut organisiert und hat mittlerweile bereits europäisches Format”, sagte Volker Wildner, der Leiter des Deutschen Wirtschaftsbüros Irak (DWI) in Erbil, das in Zusammenarbeit mit dem Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA), der Planetfair GmbH + Co. KG und der Inter Expo Consult Berlin (IEC) die deutsche Beteiligung an der Messe organisierte. Die Wichtigkeit der Ausstellung für die Region bewies auch die Teilnahme von politisch einflussreichen Persönlichkeiten wie dem kurdischen Minister für Industrie und Handel, Sinan Abdulkhaleq Ahmed Çelebi.

Carsten Prehn, Projektleiter bei Planetfair GmbH bezeichnete die „Erbil International” sogar als „Mutter aller Messen” und das obwohl sie in diesem Jahr mit 850 Ausstellern aus 22 Ländern vergleichsweise klein ausgefallen ist. „Der Grund dafür, dass die Messe kleiner geworden ist, liegt darin, dass es mehr und mehr spezialisierte Fachmessen wie die ‘Buildexpo’, die Fachmesse für Bau, oder die ‘Medicare’, die Fachmese für Medizintechnik, gibt”, meinte er. Alois Peter, Beauftragter für den Mittleren Osten der Elba-Werk Maschinen-Gesellschaft aus Ettlingen: „Für uns ist es besonders interessant, dass sich der Staat künftig aus der Baubranche zurückziehen wird. Immer mehr Projekte werden von privaten Unternehmen umgesetzt.“

Diese Ansicht teilte auch Tobias Bohn, Projektmanager bei der MG International Transports GmbH aus Siegen in Nordrhein-Westfalen. Für das Logistik-Unternehmen war die Messe „Basra Oil & Gas“, die im kommenden Dezember zum dritten Mal stattfinden wird, bisher am lukrativsten. Doch auch die Teilnahme an der „Erbil International” vor einem Jahr habe dem Unternehmen zu drei neuen Klienten verholfen, sagte Payam P. Naqshbandi, Business Developer bei MG International.

„Einige Firmen, die letztes Jahr auf der Messe ausgestellt haben, sind dieses Jahr nicht dabei, weil sie sich in der Zwischenzeit auf dem Markt etabliert haben. Das spricht nur für den Erfolg der Erbil International”, erläuterte Volker Wildner vom Deutschen Wirtschaftsbüro.

Von der zunehmenden Bedeutung der Messe für internationale Unternehmen zeugte auch, dass einige Länder wie Brasilien erstmalig mit den Handelsabteilungen ihrer Konsulate vertreten waren. „Die Konsulate sind Vorboten für die Unternehmen aus dem jeweiligen Land“, sagte Wildner. „Auf der Ausstellung können sie sich darüber erkundigen, welche Produkte und Dienstleitungen, die Unternehmen aus ihrem Land anbieten können, besonders gefragt sind.” Dennoch ist er der Meinung, dass die internationale Messe in Bagdad weiterhin wichtig bleiben wird. „Wenn man Aufträge von der Zentralregierung erhalten möchte, sollte man sich dort zeigen.”

Auch Alois Peter, Beauftragter für den Mittleren Osten der Elba-Werk Maschinen-Gesellschaft aus Ettlingen überlegt, auf der „Baghdad International” auszustellen. Das Unternehmen, das Baumaschinen für Beton herstellt, hatte früher eine Niederlassung in der Hauptstadt. „Wir können dort an alte Kontakte anknüpfen”, sagte Peter. „Für uns ist es besonders interessant, dass sich der Staat künftig aus der Baubranche zurückziehen wird. Immer mehr Projekte werden von privaten Unternehmen umgesetzt. Um die Kontakte mit diesen wieder aufzufrischen, ist es wichtig, auf beiden Messen präsent zu sein, dadurch Vertrauen zu schaffen und an die Qualität unserer Produkte zu erinnern.”

Von der Qualität deutscher Produkte überzeugte auch der Gemeinschaftsstand der Firmen Wiggert & Co. GmbH aus Karlsruhe und Ratec GmbH aus Hockenheim. Die Unternehmen, die in den Bereichen Anlagenbau und Betonfertigteile arbeiten, bekamen eigens Besuch von einem Kunden aus Bagdad. Dieser fragte nach Einzelteilen für eine Maschine, die er 1981 von Wiggert & Co erworben hatte. „Wir verkaufen unsere Ware seit 35 Jahren im Irak. In Bagdad, wo wir im vergangenen Jahr wieder ausgestellt haben, gibt es einen größeren Kundenkreis, der immer noch von unseren laufenden Maschinen schwärmt”, meint Martin Wieland, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Wiggert & Co.

Auch die Firma ABZ Aggregate-Bau aus dem schleswig-holsteinischen Henstedt-Ulzburg, die zum ersten Mal auf der „Erbil International” ausstellte, zieht es in die irakische Hauptstadt. Zwar sei der Bedarf nach Stromerzeugungsanlagen auch in der Region Kurdistan Irak sehr groß, sagte Hatem Braham, Export-Manager bei ABZ. Aber das Unternehmen sei auf der „Erbil International” von Vertretern des irakischen Elektrizitätsministeriums besucht und nach Bagdad eingeladen worden. „Das müssen wir aufgrund der Sicherheitslage nochmal besprechen.”

Über die Sicherheitslage im Zentralirak, den politischen Konflikte zwischen der Zentralregierung und der kurdischen Regierung sowie den Bürgerkrieg in Syrien wird auf der Messe nur wenig gesprochen. Nur einmal ist das Thema präsent: Als jemand feststellt, dass die verzuckerten Mandeln von Abu Afif Sweets, die aus Syrien kommen, in Erbil nicht mehr erhältlich sind.