MESOPOTAMIA NEWS ISRAEL/PALÄSTINA : UNRECHT WIRD IMMER UNRECHT BLEIBEN – „Die Siedler räumen freimütig ein, dass es ihnen darum geht, strategische Orte im besetzten Ostjerusalem unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei griffen mehrere Siedler während Unruhen am Donnerstag zu den Waffen. Die Polizei nahm ihnen zwar die Waffen ab, liess sie sonst aber in Ruhe.“ 

 

  1. Mai 2021 – NEUE ZÜRCHER ZEITUNG – VON INGA ROGG – Israel nach Polizeieinsatz in Jerusalem unter Druck: Die Spannungen zwischen Israel und Palästinensern sind während des Fastenmonats eskaliert. Auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee, einem der höchsten Heiligtümer der Muslime, war es am Wochenende zu Zusammenstössen gekommen. Kritik an Israel kommt nun aus dem Ausland.

Die Siedler räumen freimütig ein, dass es ihnen darum geht, strategische Orte im besetzten Ostjerusalem unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei griffen mehrere Siedler während Unruhen am Donnerstag zu den Waffen. Die Polizei nahm ihnen zwar die Waffen ab, liess sie sonst aber in Ruhe.

Israel gerät nach dem Polizeieinsatz in der Al-Aksa-Moschee unter Druck – Die Spannungen zwischen Israel und Palästinensern sind während des Fastenmonats eskaliert. Dazu trägt auch eine drohende Zwangsräumung in Ostjerusalem bei. –  Inga Rogg, Jerusalem –  9.05.2021, 20.06 Uhr

 

Die israelische Polizei hat am Sonntag grünes Licht für einen umstrittenen Umzug in Jerusalem gegeben, in dessen Verlauf es in der Vergangenheit immer wieder zu Übergriffen auf Palästinenser kam. Israel begeht am Montag den «Jerusalem-Tag». Dieser erinnert an die Eroberung des bis dahin von Jordanien besetzten Ostteils der Stadt im Sechstagekrieg im Jahr 1967.Mit einem «Fahnen-Marsch» feiern vor allem religiöse Nationalisten die «Vereinigung» der Hauptstadt vor 54 Jahren. Der Marsch, der Tausende von Teilnehmern anzieht, führt über das Damaskustor mitten durch das muslimische Viertel zur Klagemauer. Ob er auch auf den für Juden heiligen Tempelberg, den Haram al-Sharif, führen darf, stand am Sonntag noch nicht fest. In der Vergangenheit skandierten radikale Teilnehmer Parolen wie «Tod den Arabern» und attackierten palästinensische Geschäfte.

Provokativer Marsch in aufgeheizter Stimmung

Ranghohe ehemalige Vertreter des Sicherheitsapparats forderten, angesichts der aufgeheizten Stimmung in Jerusalem den «Fahnen-Marsch» abzusagen oder zumindest die Route zu ändern. Die Lage in der Stadt ist so angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Die Muslime begehen derzeit den Fastenmonat Ramadan, wobei sie die Polizei daran hinderte, sich nach dem abendlichen Fastenbrechen auf den Treppen vor dem Damaskustor zu versammeln. Gleichzeitig droht mehreren palästinensischen Familien im Stadtteil Sheikh Jarrah, der im Norden an die Altstadt grenzt, die Zwangsräumung.

Seit Wochen kommt es gegen die geplante Zwangsräumung zu Protesten. Daran beteiligten sich am Freitagabend auch mehrere tausend Jugendliche, die sich auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee, eines der höchsten Heiligtümer der Muslime, versammelt hatten. Gleichzeitig hielten sich Hunderte von Gläubigen, wie im Ramadan üblich, über Nacht in der Moschee auf. Es kam zu Zusammenstössen zwischen der paramilitärischen Polizei und Jugendlichen. Mitten in der Nacht stürmten Polizisten die Moschee und feuerten Rauchgranaten sowohl in den Gebetsraum wie auch in eine Erste-Hilfe-Station auf dem Gelände.

Jordanien, unter dessen Verwaltung der Haram al-Sharif steht, verurteilte den Polizeieinsatz als «flagranten Verstoss» gegen den Status quo und internationales Recht. Scharfe Kritik gab es auch von der Türkei und arabischen Staaten, unter ihnen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain, die ihre Beziehungen mit Israel im vergangenen Jahr normalisiert hatten. Israel müsse die Religionsfreiheit der Palästinenser schützen und dürfe die Heiligkeit der Al-Aksa-Moschee nicht verletzen, erklärte der emiratische Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten, Khalifa al-Marar. Zudem verurteilten die Saudi, die VAE und Bahrain sowie die Uno die geplanten Zwangsräumungen in Sheikh Jarrah. Die EU, Russland und Washington zeigten sich «äusserst besorgt».

Extremisten versuchen, Kapital zu schlagen

Während der Kadir-Nacht, in der nach islamischem Glauben der Koran offenbart wurde und die heuer auf die Nacht von Samstag auf Sonntag fiel, kam es in der Al-Aksa-Moschee zu keinen weiteren Zwischenfällen. Zuvor hatte die Polizei freilich noch versucht, Hunderte von muslimischen Israeli, die aus dem ganzen Land nach Jerusalem fuhren, aufzuhalten. Und am Rande der Altstadt lieferte sie sich mit Jugendlichen erneut ein Katz-und-Maus-Spiel. Dabei warfen die Polizisten auch gegen völlig unbeteiligte Zivilisten Rauchgranaten und überschütteten sie mit stinkendem Wasser. Die Bilanz des Wochenendes: fast 300 verletzte Palästinenser und 17 verletzte Polizisten.Extremisten wie die Hamas versuchen, den Konflikt um Sheikh Jarrah zu ihren Gunsten zu nutzen. Dort erhebt eine Siedlervereinigung Anspruch auf mehrere Häuser, in denen seit Jahrzehnten Palästinenser wohnen. Seit Jahren gibt es darüber einen Rechtsstreit. Die Siedler räumen freimütig ein, dass es ihnen darum geht, strategische Orte im besetzten Ostjerusalem unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei griffen mehrere Siedler während Unruhen am Donnerstag zu den Waffen. Die Polizei nahm ihnen zwar die Waffen ab, liess sie sonst aber in Ruhe.