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EU-Außenminister gespalten bei Türkei und Hongkong

14 Juli 2020 –  DIE WELT – Lange Diskussionen und wenig Einigkeit: Beim Treffen der EU-Außenminister zur Türkei und zur Lage in Hongkong wurde keine gemeinsame Linie gefunden. Chefdiplomat Josep Borrell soll weiter auf Dialog setzen.

Am deutlichsten fielen die Worte zur geplanten Umwandlung der Hagia Sophia als Moschee aus. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nannte die Maßnahme Ankaras einen “Schlag gegen die Allianz der Zivilisationen” – eine 15 Jahre alte politische Initiative, die den Austausch zwischen Christen und Muslimen stärken sollte. Sein österreichischer Kollege Alexander Schallenberg sprach vom “jüngsten Glied in einer Kette der Provokationen”. Aber der Zorn der Minister führt vorerst zu keinen weiteren Reaktionen, außer zu einer einhelligen Verurteilung der Lage.

Immer mehr Konflikte mit der Türkei 

Von der Regierung in Wien weiß man, dass sie seit Jahren einen besonders kritischen Ton gegenüber der Türkei anschlägt. Sie fordert immer wieder, die eingefrorenen Beitrittsverhandlungen mit Ankara ganz zu beenden. “Hier sollte die Europäische Union einen klaren Schnitt ziehen”, sagt Außenminister Schellenberger. Aber diese Forderung wird in der EU immer wieder erhoben und hat bisher lediglich dazu geführt, dass die Verhandlungen stillgelegt wurden.

“Die Beziehungen zur Türkei haben sich in die falsche Richtung entwickelt”, fügt der Luxemburger Asselborn hinzu. Es sei sehr schlimm, dass Ankara Menschenrechtsaktivisten “als Terroristen bekämpft” und im Mittelmeer versuche, seine Interessen gegen internationales Recht durchzusetzen. Damit bezieht er sich auf die türkischen Gasbohrungen vor der Küste Zyperns, die einen Dauerstreit zwischen Athen, Ankara und Nikosia ausgelöst haben.

Auch das militärische Eingreifen der Türkei in Libyen wird kritisiert. Dort hat sich Präsident Erdogan auf die Seite des international anerkannten Regierungschefs Al-Sarraj gestellt und ihm geholfen, das Vordringen von Milizengeneral Chalifa Haftar zurückzuschlagen. Allerdings war das eine unilaterale Entscheidung der Türkei, die die EU mit ihrem “Berliner Prozess” und der Suche nach einer internationalen Verhandlungslösung auf die Seitenlinie verdrängte.

“Die Lage in Libyen bleibt schlecht, das Waffenembargo wird gebrochen und die UN-Resolution nicht umgesetzt”, kritisiert EU-Chefdiplomat Borrell. Streit gibt es darüber hinaus, weil die Türkei nur noch einen einzigen Grenzübergang für die Versorgung der Kriegsflüchtlinge im Nordwesten Syriens offen hält.

“Dialog” über angespannte Beziehungen

Die Antwort auf diese Liste der politischen Provokationen sind weitere Gesprächsangebote an Ankara. Die Außenminister hätten Borrell den Rücken gestärkt, sagt der deutsche Vertreter Heiko Maas, weiter den Dialog mit der Türkei zu suchen. Man habe die strategische Bedeutung der Türkei in außen- und sicherheitspolitischer Hinsicht diskutiert, fügt er noch hinzu. Ein Hinweis auf das seit 2015 geltende Flüchtlingsabkommen, das den ungehinderten Durchzug von Migranten nach Europa weitgehend verhindert. Die Erpressungsversuche Ankaras im Frühjahr, als türkische Behörden Migranten an die Grenze zu Griechenland brachten, um weitere Zahlungen von der EU zu fordern, scheinen dabei fast vergessen.

 

“Wir würden die Beziehungen zur Türkei gerne stärken”, erklärt Josep Borrell. Allerdings stünden sie derzeit unter starkem Druck und die Entwicklung sei generell beunruhigend. Trotz einer Reihe von EU-Ländern, die immer wieder schärfere Reaktionen und einen Bruch mit der Türkei fordern, setzt vor allem Deutschland weiter auf “Dialog”. Der EU-Chefdiplomat hatte bereits in der vergangenen Woche seinen türkischen Kollegen getroffen – er muss nun weiter versuchen, Ankara zum Einlenken zu bewegen. Wenn das nicht hilft, dann müsse man über weitere “Maßnahmen” nachdenken, wobei Sanktionen nur Mittel zum Zweck seien und kein Ersatz für Politik.