MESOPOTAMIA NEWS: DIE FRAGWÜRDIGEN VERBINDUNGEN DES LEISEN HERRN SCHOLZ

 Folgen des Bilanz-Skandals : Ein dicker Fragenkatalog zu Wirecard

Olaf Scholz und sein Staatssekretär Jörg Kukies im Januar während eines Finanzminister-Treffens in Brüssel. – Die FDP interessiert sich für den Draht zwischen Finanzstaatssekretär Jörg Kukies und dem Commerzbank-Vorstand. Und mehr.

  • Von Manfred Schäfers, Berlin  – FAZ – -Aktualisiert am 06.09.2020-17:57 – Der Wirecard-Untersuchungsausschuss, den FDP, Linken und Grünen in den vergangenen Tagen vorbereitet haben, wird ein großes Aufgabenspektrum abzuarbeiten haben.
  • Das beginnt bei den Fehleinschätzungen der Finanzaufsicht Bafin und den strukturellen Mängeln in der Behörde, führt zur Rolle des von Olaf Scholz (SPD) geleiteten Bundesfinanzministeriums und reicht zum Zugang von Interessenvertretern in das Kanzleramt bis hin zu Angela Merkel (CDU). Zudem geht es um das viele Jahre wenig erhellende Tun der Wirtschaftsprüfer.

Auch dürften die Defizite an der Schnittstelle zwischen Bund und Bayern eine Rolle spielen, was die Arbeit der Geldwäschebekämpfer und der Staatsanwaltschaft angeht. Als wenn das nicht schon genug wäre, kommen noch geheimdienstliche Verstrickungen des Unternehmens oder ihrer Vorstandsmitglieder hinzu.

Die FDP will in den kommenden Monaten zudem die Gelegenheit nutzen, um die Gespräche zwischen Finanzstaatssekretär Jörg Kukies und der Commerzbank genauer zu beleuchten. Insgesamt listet die Bundesregierung 27 solcher Kontakte in gut zwölf Monaten in ihrer Antwort auf eine Frage des FDP-Politikers Frank Schäffler auf.

Am 25. Juni gab es noch ein Gespräch

Dazu gehörten zwei Gespräche am 21. Juni, erst mit Vorstandschef Martin Zielcke, dann mit Risikovorstand Marcus Chromik. Am Tag darauf gestand der Wirecard-Vorstand öffentlich ein, dass die bisher zugunsten des Konzerns ausgewiesenen Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestünden.

Am 25. Juni gab es nochmals ein Gespräch von Kukies mit Zielcke. An diesem Tag beantragte das Unternehmen aus Aschheim bei München die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

Nach Angaben der Bundesregierung wurde bei diesen drei Gesprächen die „aus der Presseberichterstattung bekannte Kreditvergabe der Commerzbank AG an die Wirecard AG thematisiert“. Das habe sie natürlich geschrieben, um dem Verdacht vorzubeugen, dass da mehr als Bekanntes besprochen worden sei, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Florian Toncar.

Festzuhalten sei jedoch, dass Staatssekretär Kukies, der über Aufsichtswissen verfüge, der Verwaltungsratsvorsitzende der Finanzaufsicht Bafin sei, der die Dienst- und Fachaufsicht über diese Behörde verantworte, erwiesenermaßen dreimal in sehr enger zeitlicher Nähe zur Bekanntgabe des Verschwindens von 1,9 Milliarden Euro und der Insolvenzeröffnung mit Vertretern des Commerzbank-Vorstands gesprochen habe. Damit sei nicht bewiesen, dass Informationen weitergegeben worden seien, die man nicht hätte weitergeben dürfen.

„Aber es ist ein Vorgang, den wir auf keinen Fall unbeachtet lassen können“, stellt Toncar klar. „Da können sie fest von ausgehen, dass wir ganz genau nachfragen werden.“

Es könne nicht sein, dass Wissen, das der Bund in seiner Eigenschaft als Aufsicht über ein Unternehmen erwerbe, in privilegierter Weise an ein Unternehmen fließe, an dem sich der Bund in der Finanzkrise beteiligt habe, um Schlimmeres zu verhindern. Der Schutz von Insiderwissen gelte unabhängig davon, ob der Empfänger bei anderen einen Schaden verursacht habe, hob Toncar hervor. Er wolle nichts unterstellen, „aber der zeitliche Zusammenhang ist nicht so, dass ich das Thema zu den Akten legen kann“.

Am Sonntag wollten die Finanzpolitiker der drei Oppositionsparteien nach Informationen der F.A.Z. noch einmal in einer Videokonferenz über den Arbeitsauftrag für den geplanten Untersuchungsausschuss beraten.

Ziel ist, dass ihre Fraktionen den Antrag diesen Dienstag beschließen können, so dass eine erste Beratung im Plenum noch diese Woche stattfinden könnte. Nach der Beratung im zuständigen Fachausschuss für Geschäftsordnung kann dann der Bundestag das neue Gremium einsetzen, möglichst noch in diesem Monat soll das geschehen.

Ob das so kommt, hängt auch von den Koalitionsfraktionen ab. Doch früher oder später wird der Untersuchungsausschuss mit seinen starken Rechten seine Ermittlungen aufnehmen – dazu gehört das auf Akteneinsicht und Zeugenbefragung. Wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Überblick über die Kompetenzen dieser Ausschüsse schreibt, kann sich ein Zeuge oder ein Sachverständiger, der vor einem Untersuchungsausschuss falsch aussagt, der falschen uneidlichen Aussage strafbar machen. „Eine solche Tat kann mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.“

Die parlamentarische Aufarbeitung des gigantischen Bilanzskandals ist ausgesprochen schlagzeilenträchtig, etwa wenn der Ausschuss prominente Zeugen wie Merkel, Scholz, Kukies oder den ehemaligen Wirecard-Vorstandschef Markus Braun befragt. Da im Ausschuss dieselben Minderheitenrechte wie bei seiner Einsetzung gelten, könnte die Koalition die Vorladung von Merkel oder Scholz nicht verhindern, wenn die Vertreter der drei Oppositionsfraktionen dies geschlossen verlangen.