MESOP MIDEAST WATCH: US-TRUPPEN IN ERDOGANS ZIELOPTIK? – Drohnenattacke in Syrien : Aktivisten berichten von mehr als 110 Toten bei Angriff auf Militärakademie

  • Aktualisiert am 06.10.2023-07:43  FAZ

Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seien auch Zivilisten unter den Toten. Die Türkei bombardierte derweil Ziele in dem Land und amerikanische Truppen haben eine Drohne Ankaras abgeschossen.

Bei einem Drohnenangriff auf eine Militärakademie im Zentrum Syriens sind nach Angaben von Aktivisten am Donnerstag mehr als 110 Menschen getötet worden. Unter den 112 Todesopfern seien mindestens 14 Zivilisten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit. Demnach erfolgte der Angriff auf die Akademie in der Stadt Homs, als dort gerade Offiziere ernannt wurden. Bei Drohnenangriffen der türkischen Armee auf Ziele im Nordosten Syriens wurden nach kurdischen Angaben derweil mindestens elf Menschen getötet.

Die Beobachtungsstelle sprach außerdem von mindestens 120 Verletzten in Homs. Die in Großbritannien ansässige oppositionsnahe Einrichtung stützt sich auf ein breites Netzwerk von Informanten. Ihre Angaben lassen sich oftmals nicht unabhängig überprüfen.

Der syrische Gesundheitsminister Hassan al-Ghobasch sprach hingegen in einer „vorläufigen“ Bilanz von 80 Toten, „darunter sechs Frauen und sechs Kinder“, und etwa 240 Verletzten.

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Angriff. Die syrische Armee machte „terroristische Organisationen“ dafür verantwortlich. Die Attacke sei durch „mit Sprengstoff beladene Drohnen“ direkt nach dem Ende der Abschlussfeier für die Offiziere verübt worden. Die Armeeführung verurteilte den „feigen“ Angriff und kündigte Vergeltungsangriffe an.

Angriffe galten kurdischen Stellungen

Nach dem Drohnenangriff in Homs bombardierten die Regierungstruppen Ziele in der Region Idlib, der letzten Rebellenhochburg des Landes, wie Einwohner berichteten. Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden dabei vier Zivilisten getötet. Bereits in der Nacht zu Donnerstag waren fünf Mitglieder einer Familie bei einem Angriff der Armee auf ein von Rebellen kontrolliertes Gebiet in der Provinz Aleppo getötet worden.

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich nach dem Angriff in Homs „zutiefst besorgt“, wie sein Sprecher Stéphane Dujarric sagte. Auch angesichts der „Berichte über Vergeltungsbombardements“ im Nordwesten Syriens sei Guterres zutiefst besorgt, sagte er.

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, forderte seinerseits eine „sofortige Deeskalation“ der Gewalt in Syrien. „Die heutigen schrecklichen Szenen zeigen, dass eine sofortige Deeskalation der Gewalt nötig ist, ein nationaler Waffenstillstand und ein kooperativer Ansatzes im Kampf gegen die terroristischen Gruppen, die auf der Liste des Sicherheitsrats stehen“, erklärte Pedersen in Genf.

Syrien befindet sich seit 2011 in einem Bürgerkrieg, nachdem Präsident Baschar al-Assad friedliche Demonstrationen gegen seine Regierung niederschlagen ließ. Seitdem sind mehr als 500.000 Menschen getötet worden, die Hälfte der Bevölkerung floh.

Im Nordosten des Landes kontrollieren syrische Kurden inzwischen ein großes Gebiet, das regelmäßig von der türkischen Armee unter Beschuss genommen wird. Am Donnerstag wurden dort bei türkischen Drohnenangriffen auf kurdische Stellungen nach Angaben pro-kurdischer Kämpfer und Aktivisten mindestens neun Menschen getötet.

Dabei haben amerikanische Truppen dem Pentagon zufolge eine türkische Drohne abgeschossen. Wie der Sprecher des Pentagon, Brigadegeneral Pat Ryder, sagte, sind türkische Drohnen am Donnerstagmorgen in Hasakah, Syrien, etwa ein Kilometer von den amerikanischen Truppen entfernt, bei Luftangriffen gesehen worden. Einige Stunden später habe sich eine türkische Drohne bis auf weniger als einen halben Kilometer dortigen Truppen genähert. Sie sei als Bedrohung eingestuft und von F-16-Flugzeugen abgeschossen worden. „Wir haben keine Hinweise darauf, dass die Türkei die amerikanischen Streitkräfte absichtlich ins Visier genommen hat“, sagte Ryder vor Reportern. Ein Mitarbeiter des türkischen Verteidigungsministeriums sagte, die abgeschossene Drohne gehöre nicht zu den türkischen Streitkräften.