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Xelîl: Südkurdistan wird von einem Familienclan beherrscht

In Kurdistan deutet alles auf eine türkische Angriffswelle nach Newroz hin. Aldar Xelîl (PYD) äußert sich im ANF-Interview zu der Rolle des Barzanî-Clans und den jüngsten Gesprächen zwischen Vertretern der PDK und der Erdogan-Regierung.MUSTAFA ÇOBAN QAMIŞLO 18 Mär 2022

Der PYD-Politiker Aldar Xelîl hat sich im ANF-Interview zum Barzanî-Clan, den jüngsten Gesprächen zwischen der südkurdischen Regierungspartei PDK und Vertretern der Erdogan-Regierung und der Wahrscheinlichkeit einer neuen Angriffswelle auf Kurdistan nach Newroz geäußert.

Wie bewerten Sie die intensivierten Beziehungen zwischen der PDK und dem türkischen Staat in einer Zeit der vermehrten Angriffe auf Kurdinnen und Kurden?

Die PDK macht ihr Schicksal vom Verhältnis zum türkischen Staat abhängig. Genauer gesagt, von ihren Beziehungen zur AKP und MHP. Die AKP/MHP-Koalition ist die chauvinistische Regierung in der Geschichte der Türkei. Sie tritt gegen die Existenz des kurdischen Volkes ein, gegen Demokratie, Menschenrechte und Gleichheit. Von dieser Regierung hat sich die PDK abhängig gemacht. Sie verfolgen ein gemeinsames Konzept.

Während der türkische Staat das kurdische Volk massiv angreift, kurdische Gebiete besetzt und eine Vernichtungspolitik verfolgt, hat eine Reihe von Gesprächen der PDK-Verantwortlichen mit Erdogan, seinen Ministern und Regierungsvertretern stattgefunden. Es kam zu Treffen in Hewlêr [Erbil], Ankara, München, Antalya und weiteren Orten. Beide Seiten befinden sich in einem kontinuierlichen Dialog.

Worauf stützt sich der türkische Staat, wenn er zu Frühlingsbeginn, zu Newroz, die endgültige Vernichtung der kurdischen Befreiungsbewegung ankündigt? Diese Ankündigung basiert auf der von der PDK geleisteten Unterstützung. Die PDK hat dem türkischen Staat immer wieder ihre Bereitschaft dafür signalisiert. Es handelt sich um ein sehr gefährliches Thema, wenn ein Teil Kurdistans mit dem türkischen Staat gemeinsame Sache gegen die Existenz des kurdischen Volkes macht. Die Bevölkerung in Südkurdistan denkt in weiten Teilen anders, aber die Regierung und alle Institutionen sind in der Hand der PDK. Die PDK hat Südkurdistan mit ihrer Regierungsmacht, ihrem Geheimdienst und ihrer Privatarmee zu einem Ort gemacht, an dem die Vorgaben des türkischen Staates umgesetzt werden. Sie beteiligt sich an dem türkischen Vernichtungsplan. Das ist auch für sie selbst nicht gut. Sie müsste sich dagegen positionieren, aber sie macht das genaue Gegenteil. Anstatt den Interessen des kurdischen Volkes zu dienen, handelt sie im Interesse eines Familienclans.

Warum schweigen die anderen Kräfte in Südkurdistan dazu?

Südkurdistan wird von einem Familienclan beherrscht. Die anderen Parteien, die formal an der Regierung beteiligt sind, haben keine Entscheidungsmacht und keinen effektiven politischen Einfluss in der Region. Die Mitglieder dieses Clan machen sogar Dinge, die selbst Erdogan auf internationaler Ebene nicht wagt. Vielleicht gilt das nicht für alle Barzanîs. Einige Familienmitglieder beteiligen sich nicht daran. Die Herrschaft obliegt jedoch diesem Clan.

Ein Familienclan gefährdet also alle kurdischen Errungenschaften?

Diese undemokratische Kultur schadet allen kurdischen Bewegungen und verleiht dem türkischen Staat Macht. Keine Kraft aus Kurdistan sollte eine Besatzungsmacht unterstützen. Vielmehr sollten uns alle bei der Befreiung der besetzten Gebiete helfen. Für uns ist das ein sehr trauriger Anblick. Auch der ENKS [„Kurdischer Nationalrat“] agiert in Übereinstimmung mit dem türkischen Staat, der Efrîn, Serêkaniyê, Girê Spî, Cerablus, Azaz und Bab besetzt hält. Das zeugt von einer unmoralischen Gewissenlosigkeit, für die sich kaum Worte finden lassen. Diese Politik schadet den Interessen des kurdischen Volkes.

Seit dem letzten Treffen zwischen Nêçîrvan Barzanî und Erdogan ist eine neue Angriffswelle im Gespräch. Haben Sie weitere Informationen darüber?

Es liegen Informationen über einen Angriff auf die Guerilla, die kurdische Bewegung und die kurdischen Errungenschaften nach Newroz vor. Sich gegen diese Politik zu positionieren, darf nicht einer einzigen Partei überlassen werden. Es wird so getan, als ob es sich um einen persönlichen Konflikt handeln würde. Das ist es nicht. Es liegen Fakten vor, die niemand ignorieren kann. Ein Clan, eine Familie, eine Partei – egal, wie man es nennen will – arbeitet mit dem Feind zusammen. Dieser Feind will uns auslöschen. Das Volk muss sich dessen bewusst sein.