MESOP BACKGROUNDER: MERKELS ANTI-AFRIKA MAUER / WÄHREND PUTIN LIBYEN ÜBERNIMMT – DER GEHEIME BESUCH GENERAL HAFTAR’S AUF „ADMIRAL KUSNEZOW“ –

  • MERKEL LÄSST ANTI-MIGRATIONSWALL IN LIBYEN BAUEN / GRENZWALL ZU NIGER / VERHANDLUNGEN MIT LIBYSCHEN WARLORDS  

4 Febr 2017 – General Haftar ist in einer guten Verhandlungsposition, denn er hat einen einflussreichen Unterstützer gewonnen: den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Für diesen steht Libyen einerseits für eine angeblich vom Westen angezettelte „Farbenrevolution”, andererseits für die Schwäche seines zeitweiligen Statthalters im Präsidentenamt Dmitrij Medwedjew, der dafür sorgte, dass Russland die Resolution zur Militärintervention des UN-Sicherheitsrats nicht per Veto verhinderte. Durch den Sturz des Gaddafi-Regimes soll Moskau Rüstungs-, Energie- und Infrastrukturverträge im Umfang von mindestens vier Milliarden Dollar verloren haben.

Inzwischen steht Libyen für das Scheitern der westlichen Widersacher und erscheint mithin als Ort, um Russlands geopolitischen Einfluss ausweiten zu können.

So unterstützt Moskau zwar offiziell Sarradschs Übereinkunftsregierung, lässt aber keine Gelegenheit aus, den UN-Prozess als ineffektiv zu kritisieren — und Haftar immer weiter aufzuwerten. Der selbsternannte Feldmarschall ist ein alter Bekannter, der keinen Übersetzer braucht: Zwar lebte Haftar von den achtziger Jahren bis 2011 im amerikanischen Exil, aber in den siebziger Jahren wurde er an sowjetischen Militärschulen ausgebildet.

Am Mittwoch berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, 70 verwundete Kämpfer Haftars seien in Moskau zur Behandlung eingetroffen, und zwar aus Benghasi und über Ägypten. Diese Hilfe solle fortgesetzt werden. Im Auftrag der libyschen Zentralbank im Osten des Landes druckte Russland etwa vier Milliarden libysche Dinar (2,65 Milliarden Euro), um die Bar-geldknappheit zu lindern, unter der das ganze Land leidet. Im Juni und Ende vorigen Jahres war der General zu Gast in Moskau, sprach unter anderen mit Außenminister Sergej Lawrow, Verteidigungsminister Sergej Schojgu und dem einflussreichen Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Nikolaj Patruschew. Ende September schickte er einen Vertrauensmann in die russische Hauptstadt: Abdel Basset al Badri, Libyens Botschafter in Saudi-Arabien, forderte dort laut der kremltreuen Zeitung „Iswestija” eine Militäroperation gegen Islamisten nach syrischem Modell. Am 11. Januar war Haftar selbst an Bord der „Admiral Kusnezow”, des einzigen russischen Flugzeugträgers, der auf der Rückfahrt vom Syrien-Einsatz vor der ostlibyschen Stadt Tobruk haltmachte. Haftar wurde mit militärischen Ehren eile fangen, sprach dann nach Angaben &s russischen Verteidigungsministeriums an Bord per Videoschaltung mit Schojgu über Terrorbekämpfung und sah sich die Flugkünste russischer Kampfpiloten an. Die Nato kritisierte den Besuch, da die internationale Gemeinschaft nur die Über-einkunftsregierung in Tripolis anerkenne und „Kontakte mit nur einer Seite keinen Nutzen bringen”.

Im Zuge dieser Kontakte wurde wieder-holt über die Bitte um Waffenlieferungen berichtet, was Moskau offiziell mit dem Hinweis kommentierte, man halte sich, an das UN-Waffenembargo für Libyen, das seit 2011 gilt. Nach Haftars Besuch auf der „Admiral Kusnezow” meldete nun die den Haftar-Gegnern zuneigende Internetseite Middleeasteye.net unter Berufung auf algerische Quellen, Moskau werde Haftar gepanzerte Fahrzeuge, Munition und Überwachungsgerät liefern — und zwar über Algerien, um das Waffenembargo zu umgehen. Das Land ist ein alter Verbündeter Russlands; das Regime in Algier hatte sich allerdings stets dafür eingesetzt, einen Ausgleich und eine politische Lösung für den Libyen-Konflikt zu finden. Algier hatte entsprechend auch auf Ägypten eingewirkt, das Haftar unterstützt und sich zuletzt auch Russland angenähert hat.

Die Kontakte zwischen Moskau und Haftar beunruhigen zunehmend auch die EU: Bei deren Gipfel in Malta äußerten sich Diplomaten besorgt, dass Russland die Vermittlungsbemühungen in Libyen untergraben könnte. Die EU fordere alle Seiten auf, sich für die Umsetzung des UN-Abkommens für das Land einzusetzen, sagte ein Kommissionssprecher am Donnerstag, ohne Russland direkt zu nennen. Wie im Falle Syriens steht Europa angesichts der Migrationsströme unter Druck, was Moskau als zusätzliches Erpressungspotential nutzen könnte.

Mohamed Eljarh hält es derzeit für wahrscheinlicher, dass Putin (noch) versucht, sich als Makler und zentraler politischer Akteur zu profilieren, als Haftar bei einem Feldzug zur Eroberung ganz Libyens zu unterstützen. Darauf deuten auch die Berichte hin, nach denen Moskau und Kairo ein Treffen zwischen Sarradsch und Haftar vermittelt haben. Sarradsch hat vor einigen Tagen der italienischen Zeitung “Corriere della Sera” bestätigt, dass er bald mit dem General zusammen-kommen will. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums sagte am Freitag, dass Sarradsch noch in diesem Monat in Moskau erwartet werde. Die Aufregung ausländischer Medien um Moskaus Kontakte zu Haftar „verzerrt das objektive Bild”, fügte sie hinzu. Russland arbeite “mit beiden Machtzentren in Libyen”.

FAZ 4 Febr 2017 –  Von Christoph Ehrhardt  und Friedrich Schmidt

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