MESOP : ALLE DIALOGLÖSER EN BLOC IN DEN IRAK : KÄSSMANN – KIPPING – TODENHÖFER NACH MOSUL INNENSTADT ?
Sollen wir etwa Käßmann in den Irak schicken? Berlin hat beschlossen, Waffen an die Kurden zu liefern, die gegen die IS-Terroristen kämpfen. Richtig? Falsch? Henryk M. Broder und Alan Posener sind sich einig, dass sie uneinig sind.(DIE WELT -7-9-2014)
Henryk M. Broder: Deine Begründung? Ich finde die Entscheidung richtig.
Posener: Erstes Argument: Wir wissen nicht, was mit den Waffen passiert. Sie könnten durch die IS-Terroristen erbeutet werden. Oder in die Hände von PKK-Terroristen gelangen. Oder von den Kurden gegen Bagdad benutzt werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir Leuten Waffen gegeben haben, die sie später gegen uns verwendet haben. Siehe Afghanistan.
Broder: Wir können auch nicht ausschließen, dass die Kurden die Schwerter zu Pflugscharen umschmieden, um damit ihre Haschisch-Felder zu pflügen. Oder dass sie die Waffen an ein Kriegskundemuseum in der Mongolei verkaufen und aus dem Erlös Gummibärchen kaufen. Aber mit solchen Bedenken ist die Bundesrepublik nicht die Nummer Drei unter den Waffenexporteuren geworden. Wenn sie immer nur Waffen in Friedensgebiete geliefert hätte, würde Mannesmann heute Spielzeugpanzer mit Solarzellenantrieb produzieren.
Posener: Bei den Israelis etwa kann man sicher sein, dass die Waffen in guten Händen sind. Und die kaufen teure High-end-Produkte wie U-Boote. Die Kurden bekommen bloß alte MGs und Panzerfäuste. Die bringen keinen Gewinn, können aber in den falschen Händen viel Schaden anrichten. Schon jetzt besteht das Arsenal des IS aus amerikanischen Waffen, die den “gemäßigten” syrischen Rebellen und der irakischen Armee abgenommen wurden.
Broder: So wäre es klüger gewesen, wenn die USA den IS direkt beliefert hätten, statt darauf zu warten, dass die Schwarzsäcke die Depots stürmen. Und wenn du das alberne Argument mit den “falschen Händen” zu Ende denkst, dürfte Toyota keine Pick-ups mehr in den Nahen Osten liefern, weil das die Lieblingsautos der Terroristen sind. Wie würdest du denn die IS-Banden stoppen? Frau Käßmann nach Mossul schicken? Eine Kontaktgruppe der OSZE bilden? Oder die IS-Kämpfer so lange mit Reden von Steinmeier beschallen, bis sie tot umfallen?
Posener: Har har har. Zweites Argument: Wenn wir glauben, dass der IS auch uns bedroht, dann sollten wir auch selbst gegen den IS kämpfen. Von Stellvertreterkriegen halte ich wenig.
Broder: Man kann das eine und das andere tun. Die Kurden bewaffnen, damit sie nicht wie die Jesiden abgeschlachtet werden; und selber aktiv werden. Stellvertreterkriege, da gebe ich dir recht, haben was Schäbiges an sich. Wir lassen kämpfen, machen uns aber die Finger nicht schmutzig. Allerdings – glaubst du, irgendein europäisches Zinnsoldaten-Kontingent könnte es mit den IS-Jungs aufnehmen?
Posener: Britische Gurkhas würden schnell mit diesen Amateur-Soldaten fertig werden. Auch die Franzosen haben in Mali ordentlich Islamisten umgelegt. Das Problem ist aber: Wir kommen, lösen ein Problem, schaffen dafür zwei neue, und hauen ab. Das wissen alle: Assad und der IS, die Peschmerga und die Taliban. Die bleiben. Drittes Argument: Hast du keine Strategie, lass die Finger von Interventionen.
Broder: Niemand hat eine Strategie. Wer sagte: Jede Strategie hört bei der ersten Feindberührung auf? Clausewitz? Moltke? Das Problem ist nicht, dass “wir” ein Problem lösen und dafür zwei neue schaffen, sondern dass jede Interventionsarmee auf die Dauer zur Besatzungsmacht wird. Und warum soll immer der Westen Feuerwehr spielen? Die Arabische Liga besteht aus 21 Staaten mit 370 Millionen Einwohnern. Die Organisation der Islamischen Konferenz vertritt 57 Staaten mit einer islamischen Bevölkerungsmehrheit. Sollen die doch mal für Ordnung sorgen – im Irak und im Sudan, in Afghanistan, Syrien, Nigeria, Somalia und überall dort, wo Moslems andere Moslems massakrieren. Wäre mal was anderes, als immer nur über Islamophobie zu jammern.
Posener: Richtig. Und ein viertes Argument gegen Waffenlieferungen.
Broder: Darüber reden wir weiter, wenn die Kurden die IS-Gangs plattgemacht haben.