US-Notenbank stellt Türkei vor Probleme – Geldpolitik der US-Notenbank macht der Türkei zu schaffen

HANDELSZEITUNG ZÜRICH – 14.9.2013 – Die Wirtschaftsaussichten der Türkei haben sich eingetrübt: Das Land importiert deutlich mehr als es exportiert, gleichzeitig verliert die türkische Lira stark an Wert. Und die Geldpolitik könnte das Handelsbilanzdefizit weiter anschwellen lassen. In den vergangenen Jahren galt die Türkei wirtschaftlich als Boomland. Inzwischen haben sich die Wirtschaftsaussichten jedoch deutlich eingetrübt.

Auch hausgemachte Probleme

Nicht nur die Lage in unmittelbarer Nähe zum Pulverfass Syrien machen dem Land zu schaffen, sondern auch hausgemachte Probleme: Die schnell wachsende Volkswirtschaft führt mehr Waren und Güter ein als sie exportiert – und ist daher auf ausländisches Kapital angewiesen, um diese Lücke zu füllen.

Doch seit die US-Notenbank Fed laut über den Ausstieg aus der Politik des extrem billigen Geldes nachdenkt, ziehen Investoren Geld aus Schwellenländern wie der Türkei ab. Die Lira steht bereits seit Monaten unter Druck. Dem Land, in dem sich offener Protest gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan regt, stehen auch wirtschaftlich unruhigere Zeiten bevor. Das Leistungsbilanzdefizit ist im Juli auf 5,78 Milliarden Dollar angeschwollen. In den ersten sieben Monaten summiert sich der Fehlbetrag bereits auf 42 Milliarden Dollar, 8 Milliarden mehr als im Vorjahr. «Das ist die grosse Achillesferse des Landes», sagt der Schwellenland-Experte Timothy Ash von der Standard Bank. Auch die Ratingagentur Standard & Poor’s hat in ihrer jüngsten Warnung diesen Schwachpunkt ins Visier genommen: Die klaffende Lücke in der Leistungsbilanz trage mit dazu bei, dass der Wirtschaftsausblick «besonders unsicher sei».

Öl-Importe belasten

Dabei schlägt besonders stark zu Buche, dass das rohstoffarme Land mit einer Bevölkerung von gut 75 Millionen Menschen riesige Mengen Öl importieren muss. Im Sog der Syrien-Krise ist der Preis gestiegen und belastet nun die Handelsbilanz der Türkei noch stärker.

Trotz dieser strukturellen Probleme überraschten die Wachstumsraten zuletzt positiv: Im Frühjahr legte das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 4,4 Prozent zum Vorjahr zu. Das ist eine wirtschaftliche Dynamik, von der beispielsweise Russland nur träumen kann. Das Wachstumsziel von fünf Prozent für 2013 musste die Regierung mittlerweile aber kassieren: Wirtschaftsminister Zafer Caglayan rechnet nur noch mit einem Wert von knapp unter vier Prozent. «Wirtschaftliche Entwicklungen im Ausland» dürften das Wachstum im dritten Quartal schmälern, wenn auch «nicht gravierend», unterstrich der Minister. Dennoch richtet die Regierung einen bangen Blick nach Washington. Dort wird die Notenbank nächste Woche entscheiden, ob sie ihre Konjunkturspritzen reduziert. Das könnte der Lira weiter zusetzen. Sie hat seit Mai bereits rund 13 Prozent ihres Aussenwerts eingebüsst.

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