UN SONDERERMITTLER MEHLIS CONTRA ASSAD

10.09.2013 ·  Dass Syriens Machthaber als möglicher Verhandlungspartner dargestellt wird, kann Detlev Mehlis nicht verstehen. Der frühere UN-Sonderermittler hat seine eigenen Erfahrungen mit Assads Verzögerungstaktik gemacht.

Von Markus Bickel – FAZ – Detlev Mehlis weiß, wovon er spricht. „Das syrische Regime ist ein Meister im Verzögern und Verschleiern“, sagt der frühere Sonderermittler der Vereinten Nationen. 2005 beauftragte der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan den Berliner Oberstaatsanwalt mit der Aufklärung des Attentats auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Über Monate spielte die Führung um Diktator Baschar al Assad auf Zeit, um Vernehmungen durch die UN-Ermittlungskommission zu vermeiden. Erst eine zweite Resolution des UN-Sicherheitsrats zwang die Führung in Damaskus zur Zusammenarbeit.

Dass Assad noch immer als möglicher Verhandlungspartner dargestellt werde, kann Mehlis nicht verstehen. Zu offensichtlich sei dessen Verzögerungstaktik, zu durchschaubar sein Katz-und-Maus-Spiel mit der internationalen Gemeinschaft. Das lehre auch die Erfahrung mit der UN-Beobachtermission (Unsmis), deren Mandat im August 2012 schon nach nur vier Monaten endete, weil Assads Apparat nicht für die Sicherheit garantieren konnte; die unbewaffneten Beobachter hatten einen nie eingehaltenen Waffenstillstand überwachen sollen. Wie es vor diesem Hintergrund gelingen solle, Tonnen an Giftgas aus einem Kriegsgebiet heraus zu schaffen, sei ihm völlig unklar, sagt Mehlis. „Und wohin? Nach Israel, in die Türkei, in den Libanon?“

„Und am Ende wurde gar nichts gemacht“

Die Lehre, die Mehlis aus seiner Zeit an der Spitze der Ermittlungskommission in Beirut zieht, ist eindeutig: „Inkonsequenz und Flexibilität werden von Assad und seinen Getreuen als Schwäche verstanden und erbarmungslos ausgenutzt“, sagt er. Nicht zuletzt der syrische Außenminister Walid Muallim, der am Montag gemeinsam mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow über die vermeintliche Vernichtung der syrischen Chemiewaffenbestände sprach, habe schon vor acht Jahren ständig versucht, „Fristen zu verschieben und Zusagen zu verzögern, bis Zugeständnisse sich überhaupt nicht mehr vermeiden ließen“.

Als „Ping-Pong-Spiel“ beschreibt Mehlis die Zusammenarbeit mit den syrischen Behörden: Richtete seine Kommission Anfragen zu Vernehmungen an das Außenministerium, habe Damaskus an die syrische Botschaft bei den Vereinten Nationen in New York verwiesen. Ging das Gesuch direkt dorthin, hieß es, die Zentrale sei zuständig. „Und am Ende wurde gar nichts gemacht.“ Ohne „klare Druckmittel und deutliche Bedingungen“ ließe sich gegenüber der Führung um Assad gar nichts erreichen, sagt Mehlis. „Pauschale Bekenntnisse guten Willens“, wie nun von Muallim geäußert, verschafften letztlich nur dem Regime weitere Zeit.