TODENHÖFERS RETREAT II

Die Wahrheit über Hula

Hula  der Ortsname wird seit dem 25. Mai mit den schlimmsten Verbrechen des syrischen Bürgerkriegs verbunden, so wie Srebrenica und Vukovar für die Greueltaten der Jugoslawienkriege stehen. Am helllichten Tag wurden 108 Menschen in Hula erschossen und erstochen, darunter 49 Kinder.

Die Gewalt traf zwei Großfamilien, die al Sajid und die Adarrazaq. Als die ersten Berichte und Bilder der Grausamkeiten bekannt wurden, verschärfte sich die Debatte über eine militärische Intervention. Es schien, als hätte es erst dieses einen Massakers bedurft, um die Welt wachzurütteln und ihr vor Augen zu führen, daß Regimekräfte schon Tausende Zivilisten umgebracht hatten. Dann aber wurden Zweifel laut.

Die syrische Regierung präsentierte zwei Augenzeugen, die die sunnitischen Oppositionskämpfer der Bluttaten bezichtigten. Die Getöteten seien  wie Präsident Assad  Alawiten gewesen und Muslime, die vom sunnitischen zum schiitischen Islam konvertiert seien. Einige Journalisten berichteten darüber  und die mediale Wahrnehmung der Opposition verschob sich. Die Rebellen, so hieß es nun immer öfter, seien in nichts besser als die Regimekräfte.

Der deutsche Publizist Jürgen Todenhöfer warf den Assad-Gegnern eine „Massaker-Marketing-Strategie” vor, die zum Widerlichsten gehöre, das er je erlebt habe.

Tatsächlich war es genau umgekehrt: Assads Schergen gelang es wieder einmal, Beobachter zu instrumentalisieren. Das ist gesicherte Tatsache, nachdem die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte internationale Untersuchungskommission diese Woche ihren Bericht vorgelegt hat. Auf der Basis von 47 Interviews, unter anderem mit Augenzeugen, und von Satellitenaufnahmen kommt der Bericht zu dem Schluss, dass allein Regimekräfte und Schabhia-Milizen die Verbrechen von Hula begangen haben. Die Berichte seien eindeutig und konsistent  im Unterschied zu den vom Regime präsentierten Zeugen. Alle Getöteten waren demnach Sunniten, ihre Angehörigen flüchteten sich in Gebiete, die von der Opposition kontrolliert wurden.

FAS, Frankfurt Allgemeine Sonntagszeitung, 19.8.2012