THEO VAN GOGH WATCH : REICHSKORREKTUR-BEHÖRDE DER REGELBASIERTEN WERTEGESELLSCHAFT? (ZUCKERBERG- SOROS – EX-STASI ANETTA KAHANE (AMADEU STIFTUNG)  &BUNDESREGIERUNG)

Correctiv: Geheimtreffen im Innenministerium? Kubicki will Antworten

Geheimtreffen im Innenministerium? Das besprach Correctiv mit der Bundesregierung

Ein Treffen von Correctiv mit Vertretern der früheren Bundesregierung wirft Fragen auf. „Wir führen über diese Arten von Treffen kein Buch“, sagt das Rechercheportal.

Nathan Giwerzew  BERLINER ZEITUNG 29.01.2024 |

 

Ex-Regierungssprecher Steffen Seibert (l.) und Correctiv-Gründer David Schraven: „Es war einfach ein Gespräch“, sagt Schraven über das Treffen im Bundesinnenministerium.

Rechtsextreme besprachen auf einem „Geheimtreffen“ in Potsdam angeblich die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund – das berichtet die gemeinnützige Medien-GmbH Correctiv.

Dabei beruft sie sich auf anonyme Quellen. Teilnehmer des Treffens, darunter Politiker der AfD, CDU und Werteunion, bestreiten Teile der Gesprächsinhalte. Sie werfen Correctiv vor, nicht unabhängig zu berichten, gar eine staatlich gewollte Kampagne gegen die rechte Opposition zu fahren.

Doch das ist nicht das erste Mal, dass die Frage gestellt wird, wie eng Correctiv wirklich mit dem Staat vernetzt ist. Seit Anfang vergangenen Jahres ist bekannt: Am 2. Juni 2020 war Correctiv – neben Vertretern von YouTube und Facebook – bei einem Treffen im Bundesinnenministerium vertreten. Das Thema: Die Bekämpfung von „Desinformation“ im Kontext der Corona-Pandemie.

Correctiv: „Gedankenaustausch“ im Bundesinnenministerium im Juni 2020

In zwei Schreiben, die der Berliner Zeitung vorliegen, gibt die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar Aufschluss über den Zweck und die Teilnehmer des Treffens. Es sei um einen „Gedankenaustausch“ zwischen verschiedenen Bundesministerien, dem damaligen Regierungssprecher und Vertretern sozialer Netzwerke gegangen, ist in ihrem ersten Schreiben zu lesen.

Dittmars Schreiben ist die Antwort auf eine schriftliche Einzelfrage des Bundestagsvizepräsidenten und Rechtsanwalts Wolfgang Kubicki (FDP). Er wollte im Januar vergangenen Jahres vom Kanzleramt wissen, ob und mit welchem Ergebnis die Bundesregierung ab März 2020 Kontakt mit Betreibern von Internetplattformen und sozialen Medien „in Bezug auf Inhalte mit der Corona-Pandemie“ aufgenommen hatte.

Das Kanzleramt leitete Kubickis Frage an das Bundesgesundheitsministerium weiter. Die Staatssekretärin antwortete am 18. Januar 2023. Ihre Antwort ist fünf Zeilen lang, vom Gesprächsinhalt „Desinformation“ ist darin noch nicht die Rede.

Dann, auf Kubickis Nachfrage, ergänzt sie knapp zwei Monate später in einem Folgeschreiben: Es habe zwischen den Teilnehmern Konsens bestanden, „dass es bei der Bekämpfung von Desinformation eines breiten, vielschichtigen und gesamtgesellschaftlichen Ansatzes bedarf“. Das Treffen hatte nicht den Zweck, „konkrete Maßnahmen der Unternehmen zu entwickeln“, schreibt sie, sondern es habe „einem allgemeinen Erfahrungs- und Gedankenaustausch“ gedient. Hier wird auch erstmals Correctiv als einer der Teilnehmer genannt.

Die Berliner Zeitung fragte Correctiv nach den Inhalten des Treffens an – was besprach das Recherchenetzwerk mit der Regierung? Laut David Schraven, der Correctiv 2014 gegründet hatte, hat es sich bei dem Treffen nur „um einen normalen Gesprächskreis“ gehandelt. Bei diesem sei „über die Herausforderungen, insbesondere durch Falschinformationen, im Zuge der Corona-Pandemie gesprochen“ worden. Er habe auch keine Notizen: „Es war einfach ein Gespräch.“

Formularende

Staatssekretärin Dittmar: Gesprächsinhalte wurden nicht protokolliert

Staatssekretärin Dittmar zufolge sind Gesprächsinhalte während des Treffens nicht protokolliert worden, da dazu „keine Verpflichtung“ bestanden habe. Zudem habe das Bundesgesundheitsministerium Treffen unterhalb der Staatssekretärsebene „wie üblich“ nicht abgefragt. Somit seien die Daten, die ihr das Ministerium genannt hatte, „möglicherweise nicht vollständig“.

Die Teilnehmerliste, die ihr das Gesundheitsministerium geliefert hatte, ist jedoch vollständig. Die Zivilgesellschaft, ist darin zu lesen, vertraten die Correctiv gGmbH, die Amadeu-Antonio-Stiftung und die Stiftung Neue Verantwortung. Thomas Krüger, der noch heute amtierende Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, war ebenfalls unter den Teilnehmern. Es waren auch Vertreter von YouTube und Facebook anwesend. Für die Wissenschaft sprachen Vertreter der Universität Kassel.

Neben damals amtierenden Staatssekretären aus fünf Ministerien der großen Koalition unter Angela Merkel (CDU) war zudem Andreas Kindl, zu dem Zeitpunkt Beauftragter für Strategische Kommunikation aus dem Auswärtigen Amt, beim Treffen anwesend. „Teilweise wurden die genannten Personen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ihrem jeweiligen Ressort begleitet“, so Dittmar.

Correctiv-Geschäftsführer Schraven: „Wir reden mit allen“

Die Teilnehmerliste deckt sich auch mit einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion vom 6. März 2023. In ihrer Antwort auf die Anfrage der Parlamentarier bestreitet die Bundesregierung, dass man das Treffen geheim halten wollte: „Weder haben die Unternehmen die Bundesregierung noch hat die Bundesregierung die Unternehmen um Vertraulichkeit zu dem Treffen gebeten“. Anlass für die Anfrage der AfD war ein Bericht in der Bild-Zeitung, in dem nur ein Teil der Teilnehmer des Treffens vom 2. Juni 2020 genannt wurde.

Correctiv-Geschäftsführer David Schraven verteidigt auf Anfrage der Berliner Zeitung das Treffen mit der damaligen Bundesregierung. Es sei in einer Demokratie üblich, „dass verschiedene Organisationen mit Behörden in immer anderer Zusammensetzung miteinander sprechen“, schreibt er.

„Wir sind eine journalistische Organisation, die im Austausch mit der Regierung steht“, so Schraven weiter. „Das macht jedes Medium in einer Demokratie so, das ist normal. Man redet miteinander.“ Es handle sich hierbei um „unverbindliche Gespräche“. Er erklärt: „Wie alle Medien reden wir mit allen.“

Ob es weitere Treffen dieses Formats gegeben hat? „Es kann sein, dass es weitere Gespräche gab, warum auch nicht“, sagt Schraven. „Wir führen über diese Arten von Treffen kein Buch.“(!)  Dass sich Mitarbeiter von Correctiv mit Ministeriumsmitarbeitern unterhalten oder zu einer Gesprächsrunde eingeladen werden, kommt laut Schraven „grundsätzlich immer mal wieder vor“.

 

David Schraven, 54 Jahre alt, ist Gründer und einer der Geschäftsführer von Correctiv. Hier spricht er auf der Demonstration „Essen stellt sich quer“.INA FASSBENDER/AFP

Auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, nach Juni 2020 hätten weder auf Staatssekretärsebene noch in den Ebenen darunter Treffen mit Correctiv stattgefunden. Weitere Angaben über die Inhalte des Treffens machte es nicht – es verwies lediglich auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion. Gleichlautende Antworten erhielt die Berliner Zeitung auch von fünf weiteren Ministerien, die am Treffen im Juni 2020 teilgenommen hatten.

Faktenchecks von Correctiv: Kooperation mit Meta seit 2017

Tatsächlich verdient Correctiv unter anderem Geld durch eine Kooperation mit dem amerikanischen Tech-Konzern Meta, zu dem die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram sowie der Kurznachrichtendienst WhatsApp gehören. Das Geschäftsmodell: Mitarbeiter von Correctiv führen Faktenchecks für die verschiedenen Plattformen von Meta durch und werden dafür von dem Konzern bezahlt. Vertreter von Meta (bis Oktober 2021 Facebook Inc.) waren ebenfalls beim Treffen im Bundesinnenministerium zugegen, laut Correctiv besteht die Kooperation mit dem Konzern seit 2017.

Nach eigenen Angaben hat Correctiv das Faktencheck-Geschäft an eine gewerbliche Tochterfirma ausgegliedert: Die Unternehmergemeinschaft „Correctiv – Verlag und Vertrieb für die Gesellschaft UG“ verdient Geld, indem sie gewerbliche Faktenchecks und das Verlagsgeschäft betreibt. Die Muttergesellschaft „Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH“ wird dagegen durch Spenden finanziert, ihre Mitarbeiter und Autoren sind mit investigativen Recherchen betraut.

In einer Klarstellung von Correctiv, die Schraven der Berliner Zeitung zugestellt hatte, ist zu den Faktenchecks lesen: „Niemand schreibt uns vor, was wir prüfen. Wir suchen die Inhalte, die wir prüfen, eigenständig aus.“ Es wird ferner erklärt, Posts von Politikern oder Parteien könnten „gemäß der Programm-Richtlinien nicht mit unseren Faktenchecks verknüpft werden“.

David Schraven ist sowohl Geschäftsführer der Correctiv gGmbH als auch der Tochtergesellschaft. Die Geschäftsführung für die Correctiv gGmbH teilt sich Schraven mit der Managerin Jeannette Gusko. Die Frage, wie viel Geld Correctiv mit der Faktencheck-Sparte erwirtschaftet, ließ er unbeantwortet. In einem Überblick über die eigenen Corona-Faktenchecks klassifiziert Correctiv zahlreiche Behauptungen auf sozialen Medien seit Januar 2020 nach den Kategorien „unbelegt“, „falsch“, „größtenteils falsch“ und „frei erfunden“.

Schraven erklärt auf Anfrage der Berliner Zeitung: „Damals waren Falschmeldungen im Umlauf, die Menschenleben gefährdet haben. Zum Beispiel, dass man Chlordioxid trinken solle gegen Viren.“ Was während der Corona-Pandemie eine Desinformation war und was nicht, das meint er glasklar beantworten zu können.

Corona: Was als „Desinformation“ galt, ist mindestens umstritten

Kubicki dürfte auf diese Frage anders blicken. Vor zwei Jahren sagte er in einer Rede im Bundestag, ein Fremdschutz sei durch die Corona-Impfung kaum gegeben. Die Impfung diene zuallererst dem Selbstschutz, so Kubicki weiter. Deshalb sprach er sich gegen eine Impfpflicht aus.

Noch wenige Monate später bezichtigte ihn der Journalist Tilo Jung – der nicht für Correctiv tätig ist – der Verbreitung von „Desinformation und Unsinn“. Kubicki wollte es aber genauer wissen. Er stellte eine Anfrage an die Bundesregierung, inwieweit die Corona-Impfung gegen eine Erkrankung schütze.

Staatssekretärin Dittmar antwortete ihm, nach einer „vollständigen Impfserie“ sei „das Risiko einer Sars-CoV-2-Infektion deutlich reduziert“. Dann stellte sich durch eine Studie des Robert-Koch-Instituts heraus: Nach drei Monaten nahm die Schutzwirkung der Impfung schlagartig ab.

Gegenüber der Welt sagte Kubicki damals, es wäre fatal, wenn sich der Eindruck bestätigen sollte, dass für die Bundesregierung „die Aufrechterhaltung des eigenen Narrativs wichtiger ist als die Sache selbst“. Dann warf er in einem Facebook-Post die Frage auf, „wer die Definitionsmacht über die wissenschaftliche Auseinandersetzung in diesem Themenbereich hat“: Das vom Bundesgesundheitsministerium eingesetzte Robert-Koch-Institut oder die Ministeriumsspitze selbst?

Was im Kontext der Pandemie als Desinformation interpretiert wurde und was nicht – für Kubicki war das auch eine Machtfrage. Insofern verwundert es wenig, wenn er Correctiv vor dem Hintergrund des Treffens im Bundesinnenministerium eine allzu große Nähe zur Regierung unterstellt. Ihm zufolge kann „entgegen der Selbstbeschreibung auf der Internetseite von Correctiv“ angesichts des Treffens im Bundesinnenministerium „wohl weder von Transparenz noch von politischer Unabhängigkeit gesprochen werden“.

Treffen im Innenministerium: Correctiv sieht „keinen Berichtsanlass“

Correctiv bestreitet vehement, regierungsnah zu arbeiten. David Schraven nennt entsprechende Vorwürfe „absurd“.  Um Correctiv vom Vorwurf der Regierungsnähe zu entlasten, führt er die Correctiv-Recherchen zur Cum-Ex-Affäre an – ein Finanzskandal, in dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine prominente Rolle spielen soll. Schraven gibt sich sicher: „Nahezu alles, was Sie über Cum-Ex wissen, wissen Sie von uns.“ Und er gibt zu Protokoll: „Correctiv ist nicht regierungsnah. Correctiv ist demokratienah.“

Doch da gibt es auch noch den Vorwurf der Intransparenz. Die Correctiv gGmbH berichtet regelmäßig über ihre Spendengelder und staatliche Fördersummen, will nach außen so offen wie möglich auftreten. Wie passt dieser Transparenzanspruch dazu, dass Correctiv die Öffentlichkeit über das Treffen im Bundesinnenministerium nicht informiert hat? Wenn es nach Kubicki geht: gar nicht.

Schraven will auch diesen Vorwurf nicht gelten lassen. Er verteidigt Correctiv mit der Begründung, man habe deshalb nicht über das Treffen im Bundesinnenministerium berichtet, weil es „keinen Berichtsanlass“ gegeben habe. Er erklärt: „Wir berichten nur, wenn es Sinn macht und einen Grund gibt.“ Dieses Treffen sei „einfach nicht wichtig genug“ gewesen. Zudem mache „keine Organisation der Welt jedes ihrer Treffen, Zoomcalls oder Telefonkonferenzen publik“, sagt er.

Kubicki: Selbstbeschreibung von Correctiv „eher peinlich“

Kubicki kann das indes nicht überzeugen. Es wäre vertrauenerweckender gewesen, sagt er, „Correctiv hätte von sich aus öffentlich erklärt, wie weh es den journalistischen Aufklärern getan hat, in der vertraulichen Runde beim damaligen Regierungssprecher Seibert zu sitzen“.

Zwar proklamiere Correctiv im Redaktionsstatut: „Wir sind journalistische Aufklärer, gehen dahin, wo’s weh tut und fremdeln mit der Macht.“ Doch ein „Fremdeln mit der Macht“ könne er „nicht durchgängig feststellen“. Diese Selbstbeschreibung wirke auf ihn „eher peinlich“, sagt er. Vor allem sei der Eindruck fatal, „dass Transparenzmaßstäbe an Dritte, insbesondere Politiker, angelegt und mit Vehemenz eingefordert werden, die Correctiv nicht selber erfüllt“.

Angesichts des Treffens im Bundesinnenministeriums könnten sogar Zweifel an der Gemeinnützigkeit von Correctiv begründet werden, so der Bundestagsvizepräsident. Er teilte auf Anfrage mit: „Dass das Correctiv-Rechercheteam eine klare politische Schlagseite hat – geschenkt. Aber es wäre ehrlicher und wahrhaftiger, wenn man die eigenen Recherchen nicht als neutral und deshalb als besonders demokratiestabilisierend framt. Das sind sie nicht mehr und nicht weniger als Beiträge anderer, nicht-gemeinnütziger Medien.“