THEO VAN GOGH: SOZIO-ANATOMIE EINER CORONA DEMO IN FRANKFURT

David Schneider

18-1-2022 – Ich habe mir am Wochenende die im Frankfurter Holzhausen-Viertel startende Demo gegen die Corona-Maßnahmen angeschaut, die wie alle diese Aufläufe im Ruf steht, rechtsradikal unterwandert oder dominiert zu sein. Das ist, was Frankfurt betrifft, schlichtweg nicht der Fall.

Es handelt sich um eine Zusammenkunft von eher altlinken Wutbürgern, Esoterikern und vor allem von Personen und Paaren, die man genauso auf der Zeil antrifft. Auffällig ist, dass viele Teilnehmer alleine ankommen und mitspazieren (ich kenne es von Antifa-Demos, dass man dort in kleineren Gruppen aufläuft). In Gruppen waren christliche Esoteriker da, die auch als einzige fürchterlich schlechte aber in ihrer Weltentrücktheit harmlose Flugblätter verteilten, sowie eine zu 90% aus Frauen bestehende Studenteninitiative, die bemüht war, fröhliche Stimmung zu verbreiten.

Außerdem eine penetrant lärmende Trommelgruppe, deren Protagonisten teils ähnlich wie zu größeren Fußballturnieren schwarz-rot-goldene Hawai-Blumenkettchen trugen. Es wurden zur Begrüßung (!) Corona-Regeln verlesen. Der Anmelder betonte zudem, dass man Nazis und auch Nazivergleiche nicht dulde, dass die Polizei nicht der Feind sei, es überhaupt um Frieden und Menschlichkeit gehe. All das wurde mit Applaus quittiert. Die Polizei hingegen war extrem präsent. Ein paar hundert Einsatzkräfte, mindestens zwei Wasserwerfer, eine Pferdestaffel etc. auf ca. 3000-4000 Teilnehmer. Das Verlesen der Corona-Regeln durch die Anmelder war der Polizei nicht laut genug, also machte man es selber, ca. 15 Minuten lang (so dass zusammen fast 30 Minuten lang Regeln und Verordnungen verlesen wurden).

Lautsprecherdurchsagen der Polizei erfolgten auch danach am laufenden Band: es waren weitaus mehr Polizeidurchsagen als Demoreden oder Demosprüche zu hören. Keiner protestierte. Auch nicht dagegen, mit Stöckchen auseinandergeschoben zu werden, bis der Abstand wieder stimmt. Kurzum: Wer behauptet, es handele sich hierbei um einen rechten, gar irgendwie demokratiegefährdenden Auflauf, lügt. Das Problem ist, dass es kaum ausbaufähige Inhalte gibt, dass das, was verbindet, lediglich Zorn über die Maßnahmen und übertriebene Angst vorm Impfen zu sein scheint. Die Leute haben ferner kaum Demoerfahrung, sind erschreckend harmlos im Auftritt, bis dahin, sich von der Polizei geradezu vorführen zu lassen. Die anwesenden Polizisten wirkten auch eher amüsiert als gestresst. Wem dies alles arg missfällt, möge daheimbleiben, dort polemische Flugblätter verteilen oder etwas insgesamt Ansprechenderes organisieren. Denn Grund zum Dagegensein gibt es natürlich, wer ihn nicht mehr erkennt, ist politisch ohnehin verloren. Wer gegen die zumeist mickrigen Proteste im antifaschistischen Großmaulton jedoch demonstriert, stellt sich auf die Seite der tonangebenden Parteien und Medien, macht sich aber auch wegen der wahnwitzigen Prioritätensetzung in Deutschland im Jahre 2022 komplett lächerlich.