THEO VAN GOGH OUTLOOK: ALLES NICHT IM SO GANZ GRÜNEN BEREICH !?
Georgische Opposition spricht von „gestohlenem Sieg“
Von Friedrich Schmidt, Tiflis FAZ 27.10.2024
Die Parlamentswahl in Georgien war als Abstimmung über einen prorussischen oder proeuropäischen Kurs dargestellt worden. Jetzt entbrennt Streit über das offizielle Ergebnis.
In Georgien zeichnet sich eine neuerliche Konfrontation von Regierung und Opposition ab. Während die Zahlen der Zentralen Wahlkommission einen deutlichen Sieg der Partei Georgischer Traum zeigen, weisen Vertreter ihrer Gegner das offizielle Ergebnis zurück. „Wir sind empört“, sagte Ana Dolidse, eine der Anführerinnen im Bündnis „Starkes Georgien“, in der Nacht auf Sonntag. Die Wahlen seien von „landesweiter Einschüchterung und Bestechung“ geprägt gewesen, die Zahlen widersprächen „der historischen und heutigen Wahl des georgischen Volkes“.
Dolidses Bündnis „Starkes Georgien“, das nach am Sonntagmorgen veröffentlichten Zahlen auf 8,78 Prozent der Stimmen gekommen ist, hatte wie die anderen Oppositionsbündnisse die Wahl als Wegscheide zwischen einem prorussischen Kurs unter dem Georgischen Traum und einem proeuropäischen Kurs dargestellt. Die Regierungspartei des in Russland reich gewordenen Geschäftsmanns Bidsina Iwanischwili kam nach den jüngsten Angaben, die laut Wahlkommission auf der Auszählung fast aller Stimmen beruhen, auf gut 54 Prozent, der Oppositionsblock „Koalition für Wandel“ auf 10,92 Prozent, das Bündnis „Einheit zur Rettung Georgiens“ auf 10,12 Prozent und „Für Georgien“ auf 7,76 Prozent.
Andere Parteien scheiterten an der Fünfprozenthürde. Die Ergebnisse spiegeln in etwa Zahlen einer Nachwahlbefragung, die das Machtlager bald nach Schließung der Wahllokale am Samstagabend veröffentlicht und daraufhin den Sieg gefeiert hatte; sie unterscheiden sich aber deutlich von zwei anderen Nachwahlbefragungen, welche die vier Oppositionsblöcke vor dem Georgischen Traum gesehen hatten.
Seit Ende 2023 EU-Beitrittskandidat
Georgien ist seit Ende 2023 EU-Beitrittskandidat, die Verhandlungen sind aber seit Ende Juni ausgesetzt, vor allem wegen eines Gesetzes, mit dem die Regierung „ausländischen Einfluss“ im Land offenlegen will, wie dies Russland mit seiner Gesetzgebung gegen „ausländische Agenten“ tut. Im Wahlkampf hat Iwanischwili seine Gegner als Einflussagenten einer „globalen Kriegspartei“ diffamiert, die Georgien in einen neuen Krieg mit Russland ziehen wolle.
Auch das Bündnis „Für Wandel“ teilte mit, die offiziellen Ergebnisse nicht anzuerkennen. Nika Gwaramija, einer seiner Anführer, sagte, die Macht in Georgien sei „usurpiert“ worden, der Georgische Traum habe einen Staatsstreich verübt. Konkrete Protestaktionen wurden bis Sonntagmittag noch nicht angekündigt.
Regierung verteidigt elektronische Abstimmung
Die Regierung spielt mit der Angst vor dem Krieg
Dagegen warf die Regierungspartei der Opposition und den Wahlbeobachtern vor, ihrerseits gegen die Verfassungsordnung zu verstoßen. Das „komplexe Schema“ habe in „Liebe zu unserer Heimat, Liebe zu unserem Volk und Demokratie“ bestanden, sagte der Generalsekretär des Georgischen Traums, Mamuka Mdinaradse. Die Partei werde 90 oder 91 der 150 Sitze im Parlament bekommen. Ministerpräsident Irakli Kobachidse sagte, es sei technisch unmöglich, die elektronische Abstimmung – die in 90 Prozent der mehr als 3000 Wahllokale eingesetzt wurde – zu fälschen. Die Opposition habe „keinerlei Ressourcen für Protest“, sagte Kobachidse weiter, und alles in Georgien werde seinen gewöhnlichen Gang gehen.