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ZDF-Niederlage vor Gericht :  Schönbohm gewinnt klar gegen Böhmermann

Von Ole Kaiser FAZ 19.12.2024, 16:12Lesezeit: 6 Min.

Das Landgericht München untersagt dem ZDF und Jan Böhmermann, dem früheren BSI-Chef Arne Schönbohm Nähe zu russischen Geheimdiensten zu unterstellen. Da fragt sich, wieso Innenministerin Nancy Faeser ihn entließ.

Eines ist für Arne Schönbohm ganz klar: „Das ZDF hat Fake News verbreitet.“ Angespannt war er am Donnerstagmorgen im Münchner Justizpalast erschienen. Es gehe um seinen Ruf, hatte er gesagt, darum, dass klargestellt werde, was ZDF-Moderator Jan Böhmermann in seiner Sendung vom 7. Oktober 2022 verbreitet habe: „falsche Tatsachen“. Die „mediale Hinrichtung“, der er zum Opfer gefallen sei und die für ihn und seine Familie massive Folgen gehabt habe, lasse sich zwar nicht rückgängig machen; auch nicht, dass seine Kinder auf der Straße gefragt worden seien, ob ihr Vater ein russischer Spion sei. „Aber das jetzt Entscheidende ist: Es waren Falschnachrichten.“

Die 26. Zivilkammer hat dem ZDF nun vier Äußerungen des „ZDF Magazin Royale“ untersagt, die dem früheren Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Schönbohm, Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten unterstellten (Az. 26 O 12612/23). Die Aussage, dass die Cybersicherheit in Deutschland durch den Chef der Cybersicherheit in Deutschland in Gefahr sei, wertete das Gericht derweil als satirisch zugespitzte, zulässige Meinungsäußerung.

Vier Aussagen verboten, Geldentschädigung gibt es nicht

Die von Schönbohm geforderte Entschädigung von 100.000 Euro erkannte die Kammer ihm nicht zu, weil die Aussagen Böhmermanns nur in „einer nicht fernliegenden Deutung“ Russlandkontakte unterstellten, aber nicht eindeutig seien. Die Geldentschädigung sei „ultima ratio“ bei Ansprüchen gegen die Presse, so das Gericht. Die Voraussetzungen dafür lägen nicht vor, auch weil Schönbohm der Rechtsverletzung anders hätte begegnen können, etwa über schneller geltend gemachte Unterlassungsansprüche. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Dass das ZDF und Böhmermann vier Aussagen, unter anderem die Bezeichnung Schönbohms als „Floppy, der Diskettenclown“, unterlassen müssen, begründet das Gericht damit, dass sich „auch eine satirische Äußerung (…) an den Maßstäben der Meinungsfreiheit messen lassen“ müsse, „wenn es um den Tatsachenkern der Aussagen“ gehe. Bei dieser Abwägung sei ein „großzügiger Maßstab anzulegen“, dieser finde seine Grenze jedoch dort, „wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung“ darstelle. Bei den Äußerungen zur vermeintlichen Russlandnähe sei dies erreicht. Das Gericht blieb damit im Wesentlichen bei seiner bereits im September geäußerten Rechtsauffassung.

Schönbohms Anwalt: Gericht hat unwahre Tatsachenbehauptungen als solche erkannt

Schönbohms Anwalt Markus Hennig zeigte sich im Gespräch mit der F.A.Z. zufrieden mit der Entscheidung. Das Gericht habe die unwahren Tatsachenbehauptungen gewürdigt. Es müsse jedoch die detaillierte Urteilsbegründung abgewartet werden, insbesondere bei den nicht zugesprochenen Entschädigungsansprüchen. Hier behalte man sich weitere Schritte vor. So sei Schönbohm zwischenzeitlich ein Sprechverbot wegen der damals noch laufenden amtlichen Ermittlungen gegen ihn auferlegt worden, wodurch er nicht frühzeitig gegen die falschen Tatsachenbehauptungen Böhmermanns habe vorgehen können. Klar ist für Hennig jedoch, dass das ZDF die Sendung, die nach wie vor auf Youtube abrufbar ist, wegen des nun zugesprochenen Folgenbeseitigungsanspruchs löschen muss. In der ZDF-Mediathek war das Video schon vor Monaten nicht mehr abrufbar.

Zur Erinnerung: Arne Schönbohm hatte gegen das ZDF auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen Jan Böhmermanns und auf Geldentschädigung von 100.000 Euro geklagt. Böhmermann hatte Schönbohm als „Floppy, der Diskettenclown“ und „Cyberclown“ bezeichnet, der die Cybersicherheit in Deutschland gefährde, und ihm, wenige Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, über Umwege eine Nähe zu russischen Geheimdiensten unterstellt.

Was Böhmermann verschwieg

Schönbohm war einer der Gründer des „Cyber-Sicherheitsrats Deutschland e. V.“ gewesen, der wegen seines aktuellen Präsidenten Hans-Wilhelm Dünn und einer Firma; der Protelion GmbH, die bis kurz nach der Sendung Mitglied des Vereins gewesen war und möglicherweise Verbindungen zu früheren KGB-Leuten hat, in der Kritik steht. Protelion soll mit dem russischen Softwarekonzern O.A.O. InfoTeCS verflochten sein, dem nachgesagt wird, er sei mit russischen Geheimdiensten vernetzt.

Mit alldem hat Schönbohm nach Auffassung des Gerichts jedoch nichts zu tun. Tatsächlich war Schönbohm, vier Jahre bevor die erwähnte Firma Mitglied des Vereins wurde, aus diesem ausgetreten und hatte seit seinem Amtsantritt im BSI kaum noch Berührungspunkte mit ihm gehabt. Das verschwieg Böhmermann in seiner Sendung. Er erwähnte aber eine Rede, die Schönbohm bei einer Jubiläumsveranstaltung des Vereins im September 2022 gehalten hatte. Wiederum verschwiegen wurde, dass diese Rede vom Innenministerium genehmigt worden war.

Faeser stellte Schönbohm umgehend frei

Die Situation spitzte sich für Schönbohm nach Böhmermanns Sendung schnell zu, die Folgen wirken bis heute nach: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stellte Schönbohm frei und versetzte ihn – wegen angeblichen Vertrauensverlusts – auf eine deutlich unwichtigere Position an die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, deren Präsident er bis heute ist. Ein Disziplinarverfahren, um das Schönbohm selbst gebeten hatte, brachte keine Erkenntnisse über angebliche dienstliche Vergehen.

Das Verhältnis zwischen Schönbohm und dem Bundesinnenministerium war schon angeschlagen, bevor Faeser ins Amt kam.dpa

Für das von Schönbohm aus diesem Grund gegen seinen Dienstherrn, das Bundesinnenministerium, angestrengte Verfahren am Verwaltungsgericht Köln (Az. 15 K 4797/23) könnte die Entscheidung dieses Donnerstags wichtig werden, weil sie die Frage konkretisiert, ob Innenministerin Faeser Schönbohm vorschnell beziehungsweise unrechtmäßig entlassen haben könnte. Zentraler Grund für die Versetzung war damals laut Faeser „fehlendes Vertrauen“ infolge der Böhmermann-Sendung gewesen. Schönbohm fordert in Köln vom Ministerium einen Schadenersatz wegen der Verletzung der „beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht“. Das Ministerium habe auch dann noch disziplinarrechtlich vorermittelt, als schon festgestanden habe, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos seien. Die mündliche Verhandlung ist für Ende Januar 2025 angesetzt.

Zur politischen Dimension des Falls gehört auch die Frage, inwieweit das Bundesinnenministerium von der gegen Schönbohm agitierenden Böhmermann-Sendung wusste. Rund drei Wochen nach der Show, am 30. Oktober 2022, hatte sich ein Rechercheur des Magazins „Focus“ beim BMI danach erkundigt, ob es vor der Sendung Kontakte eines hochrangigen BMI-Mitarbeiters mit der Redaktion des „ZDF Magazin Royale“ gegeben habe und die Ministerin Faeser davon eventuell wusste. Die Fragen wurden verneint, zugleich ging das Ministerium gegen „Focus“ mit einer Unterlassungsaufforderung für den Fall vor, dass derlei behauptet würde.

Freiwillig gab das Ministerium nicht Auskunft

Interessiert an den Vorgängen war auch die Opposition im Bundestag. Zu einer Anfrage der CDU/CSU-Fraktion vom Juni 2023 zu zwei Gesprächen Böhmermanns mit Juliane Seifert, Staatssekretärin im Innenministerium, im April und im Mai 2022, teilte die Bundesregierung mit, dass weder Arne Schönbohm noch das BSI Gegenstand der Gespräche gewesen sei (Drucksache 20/9030). Letztlich wies die Regierung damit die Darstellung eines möglichen Umgangs eines hochrangigen Mitarbeiters des Innenministeriums mit Böhmermann in der Causa Schönbohm zurück. Die Berichterstattung im „Focus“, die dies hätte behaupten können, erschien nicht. Über die Auseinandersetzung mit dem Magazin gab das Ministerium nicht freiwillig Auskunft; das Portal „Nius“ musste die Information vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erzwingen (Az. OVG 6 S 37/24).

Die Entscheidung des Landgerichts München könnte nicht nur für Nancy Faeser zum Problem werden. Das ZDF, das beim Gerichtstermin im September noch davon ausging, dass Böhmermanns Aussagen legitim und die Rechercheergebnisse hinreichend belegt seien, kassiert nun eine herbe Niederlage. Der Sender hatte argumentiert, die Show habe in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik am BSI und an Schönbohm als dessen damaligem Präsidenten geübt. Es sei typisches Stilmittel der Satire, dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde und dass dadurch etwa Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden.

Und auch jetzt wähnt sich das ZDF auf der Siegerstraße. Die dem „ZDF Magazin Royale“ zugrundeliegende Einschätzung, „die Cybersicherheit in Deutschland ist in Gefahr, und zwar durch den Chef der Cybersicherheit in Deutschland“, sei als zulässige Meinungsäußerung bewertet worden, teilte der Sender nach dem Richterspruch in München mit. Das ZDF habe „sowohl im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als auch darüber hinaus wiederholt darauf hingewiesen“, dass in der Sendung bewusste Kontakte Schönbohms zur russischen Diensten „gar nicht – weder direkt noch indirekt – behauptet worden seien“. Man werde „die Entscheidungsgründe sorgfältig auswerten und auf dieser Basis über das weitere Vorgehen entscheiden“. Böhmermanns Produktionsgesellschaft verwies auf Anfrage auf die Stellungnahme des ZDF.

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Schönbohms Anwalt Hennig hatte schon am vorangegangenen Prozesstag im September auf die besondere Bedeutung des ZDF als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hingewiesen, das nach wie vor keine Kritik an Jan Böhmermann erkennen lasse und seinen Kurs nicht korrigiere. „Die öffentlich-rechtlichen Sender nehmen eine besondere Glaubwürdigkeit in Anspruch, die sie dann auch erfüllen müssen“, sagt Hennig. Für Arne Schönbohm ist es ein erster juristischer Sieg. Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, wäre sein Ruf wiederhergestellt. Die Kritik an Faeser, Böhmermann und dem ZDF indes dürfte zunehmen