THEO VAN GOGH EMPFEHLUNG ! – C A R S T E N  G E R M I S –  SCHMERZENSSCHREIE DES POPULISMUS

TUMULT  Ausgabe Frühjahr 2024

 

Deutschland und die »liberalen« westlichen Demokratien stehen vor einer Gegenrevolution von oben, die  das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts prägen und die Gesellschaften verändern wird. Es ist eine Gegenrevolution der Regierungen gegen das eigene Volk.

Die herrschenden linksliberalen, rot-grünen Eliten stehen  im Kampf gegen eine wachsende Zahl von Menschen, die das demokratische Versprechen der Volkssouveränität ernst nehmen. Denn ein Gespenst geht um in den schicken Restaurants, in den Cafés und Bars in Berlin, in denen sich Politiker, Journalisten und Intellektuelle linker »zivilgesellschaftlicher Denkfabriken« treffen:

das Gespenst des Populismus. Genauer gesagt des »Rechts«populismus. Populismus – Kritik an den Herrschenden – kommt in unseren Zeiten fast ausschließlich von rechts oder wird – siehe das Bündnis Sahra  Wagenknecht – schnell als rechts denunziert, wenn er sich gegen den moralisierenden Werteuniversalismus

und den hilflosen Opportunismus der Akteure auf der Staatsbühne wendet.

Alle Mächte des sich selbst unablässig zur einzigen und wahren Demokratie erklärenden  bundesdeutschen Parteienoligopols haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dieses Gespenst verbündet. Sie alle stehen fest zum vormundschaftlichen Obrigkeitsstaat und zu seinem instrumentellen, Alternativlosigkeit suggerierenden Politikverständnis. Populismus wird als Wiederkehr des ewigen Nazis denunziert, unbequeme oppositionelle Stimmen werden zu Feinden der Demokratie erklärt.

 

Manches erinnert schon an vergangene Zeiten. Etwa wenn der Kanzler mit seinem Kabinett und

CDUCDU -Politikern Aufmärsche gegen die Opposition inszeniert wie weiland 1990 die Staats- und Parteiführung

der DDRDDR , wo es auch schon hieß: »Unser Land braucht jetzt eine breite Einheitsfront gegen rechts.«

 

Der Populismus schreckt die Herrschenden. Ob Proteste von Bauern, Pflegepersonal, Handwerkern, Spediteuren; es sind die Menschen, die mit ihrer Arbeit das Land am Laufen halten, die ihre Unzufriedenheit laut herausrufen. Sie protestieren nicht, weil Populisten sie gezielt und bösartig politisieren, wie regierungsfromme Sozialwissenschaftler lehren.

Populisten greifen die Unzufriedenheit nur auf, auch die Wut, die sich aufgestaut hat, weil die Kluft zwi-

schen der »zweiten Realität«, in der sich die Berliner Politik- und Journalistenblase eingerichtet hat, und

den Auswirkungen ihrer rot-grünen »Transformation«im Alltag für breite Schichten immer offensichtlicher

wird. Viele treibt das in die Arme der entschiedenen Oppositionsparteien. Die füllen die Repräsentations-

lücke, welche die zur Selbstkritik unfähigen Eliten selbst geschaffen hat. Diese Eliten sehen mit Schrecken, dass

sie ihre kulturelle Hegemonie zu verlieren drohen, die es ihnen ermöglicht hat, den politischen Diskurs zu

dominieren und alle Schaltstellen des Staates bis auf die unteren Ebenen mit ihren Leuten zu besetzen.

 

Mit Rot-Grün und ihren freidemokratischen Steigbügelhaltern herrscht eine politische Klasse, die ein noch tradi-

tionsbewusstes Bürgertum und eine wachsende neue Unterklasse gleichermaßen marginalisiert hat. Doch

das »Luftreich der Träume«, in dem sie sich eingerichtet hat, zerbricht Stück für Stück an der Realität. Deutsch-

land ist dabei, sich mit seiner »grünen Transformation in einem Lande« als Volk und als Industrienation und

vom Wohlstand zu verabschieden. Kurt Tucholsky wird der Satz zugeschrieben, »das Volk versteht das meiste

falsch; aber es fühlt das meiste richtig«. Und das Gefühl ist richtig. Mit der »grünen Transformation« kehren Ver-

teilungskämpfe und Klassenkampf zurück. Angeheizt wird das durch ungesteuerte Masseneinwanderung

in die sozialen Sicherungssysteme.

 

Das Staatsvolk als Schicksalsgemeinschaft löst sich auf und mit ihm Soli-

darität, Kultur und Traditionen, die das Land bisher in Krisen zusammengehalten haben.

Die neofeudalenEliten reagieren auf Kritik an dieser Selbstzerstörung, indem sie Gespräche über abweichende Meinungen und Klassenschranken hinweg ablehnen. Schon der dumme Satz »Mit Rechten spricht man nicht« – wobeijede Kritik am genderkorrekten, wärmepumpenökologischen, multikulturellen und veganen Establishment

als »rechts« denunziert wird – exkommuniziert große Teile des Volkes aus der »Gemeinschaft der Demo-

kraten«. Demokratie braucht aber die lebendige, harte und bisweilen auch polemische Debatte wie die Luft

zum Atmen. Der Populismus fordert sie ein.

 

Populisten stellen die Entscheidungen des bundesdeutschen Parteienkartells in Frage, weil sie wissen,

dass ohne das »Einfache«, ohne die grundlegende Frage, in welche Richtung das Land gehen soll, die Kom-

plexität politischer Problemlagen von der Migration über die Energieversorgung bis zur Finanzierung des

Sozialstaats nicht erfasst, geschweige denn bewältigt werden kann. Um die Demokratie vor diesen angeb-

lich undemokratischen »Populisten« zu retten, wird sie schrittweise umgedeutet und instrumentalisiert. Schlei-

chend ersetzt der ideologische Maßnahmenstaat den weltanschaulich neutralen Rechtsstaat. Zwar bestehen

dessen Institutionen formal fort, eine fortschreitende Politisierung der Polizei, der Staatsanwaltschaften

und sogar der unabhängigen Gerichte entkernt ihn aber stetig weiter. Die Regierenden schüchtern gegne-

rische Medien ein, sie bauen die Rundfunkanstalten zur eigenen Propagandaabteilung aus, sie politisieren

die Verwaltung, sie hetzen mit Denunziationsportalen gegen politische Gegner, und im »Kampf gegen Rechts«

wenden sie die Gesetze selektiv an. All dies geschieht in Deutschland in einem Tempo, das man sich vor Jahren

nicht vorstellen konnte. Vor allem aber schürt das um seine Macht fürchtende Parteienkartell Angst. Angst

vor der Klimakatastrophe, die jede Kritik an der – nach Ansicht der meisten Experten industrievertreibenden

und wohlstandsvernichtenden – »grünen Transformation« zur staats- und verfassungsfeindlichen Aktion

macht. Angst vor dem »Wiedererwachen des Faschismus«, mit der das Kartell seine Diskurshoheit und seine

exklusiven Plätze am Tisch des Leviathans verteidigt.

 

Angst wird zum alltäglichen Herrschaftsinstrument.

Die immer öfter vorgetragenen Verschwörungsmythen vom »rechten« Umsturz, von der nahen »Klimakatastro-

phe« sind dabei so plump und durchsichtig, dass das in seiner Berliner Blase gefangene Parteienkartell selbst

wie ein von Angst getriebenes Panikorchester wirkt.

Bekenntniszwang zur Regierungspolitik wird zur demokratischen Pflicht. Das ist die Gegenrevolution von

oben, der Kampf gegen weite Teile des eigenen Volks.

Ob die Kartellparteien es wirklich wagen, einen Verbotsantrag gegen die AfDAfD zu stellen? Dass es rechtlich

dafür keine Handhabe gibt, sagen alle, die weiterhin auf den Rechtsstaat setzen. Klar, die AfD und auch Sahra

Wagenknecht wollen eine andere Republik, keine rot-grüne Transformationsgesellschaft. Sie vernehmen

deswegen die populistischen Schmerzensschreie, mit denen immer mehr Menschen fordern, dass das Private

privat bleibt; dass Gedanken und Sprache nicht vom vormundschaftlichen Staat verordnet werden; dass

Arbeit sich mehr lohnt, als nicht zu arbeiten; dass Unternehmen investieren und nicht ins Ausland ab-

wandern; dass Energie sicher und bezahlbar ist; dass die Masseneinwanderung beendet wird, die das Land

so verändert, dass sich immer mehr Deutsche fremd fühlen in ihrer Heimat. Deswegen wird die AfD gewählt

und hat Sahra Wagenknechts neue Partei eine Chance.

 

Sie füllen die wachsende politische Repräsentationslücke, die immer mehr Menschen an jener Form der

Demokratie zweifeln lassen. Die Regierung und ihre Hofberichterstatter wiederholen seit Monaten das

Mantra, sie müssten »den Menschen« ihre Politik nur einfach »besser erklären«. Ihr voraufklärerischer »alter-

nativloser« Regierungsstil erinnert an die absolutistischen Herrscher, die drohten, »den Plebs, der von der

alten Leier nicht abgehen will, bei Nase und Armen zu seinem Vorteil zu schleppen« (Markgraf Karl Friedrich

von Baden, 1766).

Politik, die dem Land schadet, wird nicht besser, wenn man das Blendwerk besser erklärt. Im Populis-

mus zeigt sich der Wille nach einer substantiell anderen Politik. Die Ampelparteien sind jedoch bestenfalls

zu kosmetischen Korrekturen bereit. Die Union wagt zögerliche Absetzbewegungen aus der Einheitsfront,

scheut vor der Kehrtwende aber zurück. Der Staat, der die Samthandschuhe schon lange ausgezogen hat, legt

jetzt die Schlagringe offen sichtbar ins Schaufenster.

Jede Kritik an den herrschenden Verhältnissen wird inden gedanklichen Sperrbereich verwiesen.

Die Parteienoligarchie stürzt das Land in   einen Zustand tiefer Entfremdung. Es werden Wege beschritten, an deren Ende es möglicherweise weder eineVolks-Demokratie noch freie Bürger geben wird.

 

Wer vor dieser Gefahr nicht warnt, hat den Sinn demokratischer Freiheit nicht verstanden. Statt politischen

Streit innerhalb der Demokratie zu führen, zwingt uns die »demokratische« Obrigkeit einen Streit über die

Demokratie auf, bei dem ihre politischen Gegner aber  nicht mitreden dürfen. Die Gefahr der »Demokratiege-

fährdung durch Demokratiegefährdungsdiskurse«, diesich in der Parole »Wir gegen die Antidemokraten!«

noch verdichtet, führt zu einem statischen System,das den sich über Wahlen vollziehenden, regelhaften

Machtwechsel geradezu ausschließt.

Am Ende stünden ein neuer Ständestaat und die Zerstörung der Volkssouveränität als Grundlage jeder demokratischen Ordnung.

 

Wir werden 2024 mehr Populismus wagen

müssen.