THEO VAN GOGH: DIE DRAMATISCHE GESCHICHTE EINES AUFRECHTEN & DER VERFOLGUNG FREIER UNIDEOLOGISCHER SPRACHE
Jahrelanger Kampf geht zu Ende
15-10D-23 er Politologe und VDS-Mitglied Jürgen Plöhn berichtet im Gespräch mit corrigenda, wie er sich als Professor gegen die Gender-Vorgaben der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zu wehren hatte. Ihm gehe es um den Umgang mit der ideologischen Komponente des Genderns, obwohl gerade diese meist nicht zum Gegenstand der Auseinandersetzung mit Genderbefürwortern gemacht wird. Für ihn gebe dieser Aspekt den Ausschlag, denn die Analyse von Ideologien zählt zu den Arbeitsgebieten der Politologie.
Dass die Verwendung der Gendersprache gesellschaftsverändernde Absichten verfolge, sei unbestritten, aber „Texte, die inhaltlich oder sprachlich ideologisch geprägt sind, sind eo ipso unwissenschaftlich und entsprechen daher nicht den Leistungsanforderungen. Dies gilt für den Stil ebenso wie für den Inhalt. Dies gilt insbesondere auch für die ideologisch geprägte ‚Gendersprache‘“. Diesen Wortlaut teilte Plöhn den Studenten mit, daraus entstand ein jahrelanger Streit mit der Universität.
Nach diversen Beschwerden und Abmahnungen von der Präventionsstelle Diskriminierung und sexuelle Belästigung des Dekanats der philosophischen Fakultät I und auch der Studentenvertretung wurde Plöhn immer wieder angehalten, seine Meinung zu anzupassen. Er sollte „eine Ideologie als Teil der Wissenschaft akzeptieren und ‚Gerechtigkeit‘ als objektive Größe ansehen.“ Beides sei aus politologischer Sicht jedoch indiskutabel.
So weigerte er sich mit der Begründung, „dass jegliches inhaltliche Wollen einen Ausschließungsgrund für die Wahrheitsfähigkeit eines Satzes darstellt“. Sich einer Ideologie „zu unterwerfen“ komme nicht infrage. Plöhn musste immer wieder an seinen Anspruch auf Lehrfreiheit erinnern. Der Streit eskalierte so weit, dass die MLU ihm Anfang 2022 mitteilte, sie könne ihm keinen Lehrauftrag mehr anbieten. Das Dekanat behauptete, die Verwendung gendergerechter Sprache habe für die zu erbringende Leistung keine Bedeutung. Dazu Plöhn: „Der sprachliche Ausdruck in der Politologie bedeutungslos? Eine absurde Ansicht!“ Das Werkzeug Sprache müsse unideologisch, also rein sachbezogen bleiben.
Die MLU blieb bei der Auffassung, die Wissenschaftsfreiheit sei durch den Zwang zum Gendern „nicht berührt, geschweige denn verletzt“. Plöhn selbst stünde es frei, seine Auffassung zur Gendersprache zu vertreten, er müsse aber „als Bestandteil des gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurses dulden“, dass Repräsentanten seiner Fakultät hierzu „eine andere Haltung einnehmen“. (Siehe zu dieser Wahrnehmungsstörung den Kommentar in dieser Ausgabe).
Plöhn wandte sich daraufhin an den Petitionsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt. Die Universität lenkte dann zwar ein, wandelte aber das Lehrverbot zur Vergrämungstaktik. So hatten seine Kurse etwa keine Modulanbindung und die erbrachten Leistungen konnten den Studenten keinem Plichtmodul angerechnet werden. Auch die Öffentlichkeit wurde auf den Fall aufmerksam, bei jedoch einseitiger Berichterstattung der Medien. Nach einem langen und beschwerlichen Weg kam man schließlich zu einer Einigung – Professor Plöhn kann aktuell wieder lehren, und seine Seminare haben auch eine Modulanbindung. (corrigenda.online)