THEO VAN GOGH DER SZ-SKANDAL : WOLLTE SÖDER DIE GRÜNEN IN DIE REGIERUNG BRINGEN?

Umfrage : Deutsche uneins über Aiwanger-Rücktritt

  • Aktualisiert am 02.09.2023-12:04 FAZ

Sollte der stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Bayerns wegen der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt zurücktreten? Laut einer aktuellen Umfrage sind die Menschen in Deutschland in dieser Frage gespalten.

Nach der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt und weitere Vorwürfe aus der Schulzeit des Chefs der Freien Wähler sind die Deutschen in der Frage gespalten, ob Hubert Aiwanger zurücktreten sollte. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa für die „Bild am Sonntag“ sind 38 Prozent für einen Rücktritt und 39 Prozent dagegen. 23 Prozent der Befragten antworteten mit „weiß nicht /keine Angabe“.

Wähler von SPD und Grünen sind laut der Umfrage zu mehr als 60 Prozent für einen Rücktritt. Bei den Unions-Anhängern wollen 36 Prozent einen Rücktritt, 50 Prozent sind dagegen.

Unabhängig vom Fall Aiwanger sind laut der Umfrage 47 Prozent dagegen, dass Menschen, die in ihrer Schulzeit rechtsextreme Einstellungen vertreten haben, ein politisches Spitzenamt ausüben dürfen. 33 Prozent finden, das solle dennoch möglich sein.

Aiwanger selbst hatte sich am Donnerstag erstmals öffentlich entschuldigt, einen Rücktritt aber abgelehnt. Er beklagte eine politische Kampagne gegen sich und seine Partei. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte vergangenes Wochenende über ein antisemitisches Flugblatt berichtet, das zu seiner Schulzeit in Aiwangers Schultasche gefunden worden war. Den Vorwurf, das Flugblatt verfasst zu haben, weist Aiwanger zurück. Sein älterer Bruder behauptet inzwischen, das Pamphlet geschrieben zu haben.

25 Fragen von Söder beantwortet

Am Freitagabend übermittelte Aiwanger die schriftlichen Antworten auf 25 Fragen, die ihm der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gestellt hatte. Die Staatskanzlei bestätigte den Eingang. Diese würden nun „in Ruhe“ ausgewertet, hieß es am Samstagmorgen aus CSU-Kreisen.

Nun ist Söder am Zug. Er muss entscheiden, ob er Aiwanger gut einen Monat vor der Landtagswahl am 8. Oktober entlässt. Zum Inhalt der Antworten war zunächst noch nichts bekannt. Auch die Fragen, die die Staatskanzlei an den Chef der Freien Wähler geschickt hatte, waren nicht veröffentlicht worden. Das müsse sich jetzt schnell ändern, fordert die oppositionelle FDP im Landtag.

„Die Bürgerinnen und Bürger Bayerns müssen sich selbst ein Bild darüber machen dürfen, was ihr stellvertretender Ministerpräsident zu den öffentlichen Anschuldigungen gegen ihn zu sagen hat“, sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Martin Hagen. Es solle kein exklusiver Briefwechsel zwischen CSU und Freien Wählern sein. „Transparenz ist hier ganz wichtig, damit das Vertrauen in die Staatsregierung keinen nachhaltigen Schaden nimmt. Deshalb erwarte ich, dass Ministerpräsident Söder die Fragen und Antworten zeitnah öffentlich zugänglich macht.“

Wann Söder eine Entscheidung zu Aiwanger bekanntgeben wird, ist bislang unklar. Sowohl Söder als auch Aiwanger wollen am Samstag länger geplante öffentliche Termine wahrnehmen.

„Jawohl, ich habe auch Mist gemacht“

Aiwanger verteidigte sich am Freitag abermals bei einem Volksfest-Auftritt in Niederbayern. „Jawohl, auch ich habe in meiner Jugend Scheiß’ gemacht. Jawohl, ich habe auch Mist gemacht.“ Er finde es aber nicht in Ordnung, jemanden später in seinem Leben mit Dingen zu konfrontieren, die 35 bis 40 Jahre zurückliegen, „bis zu seiner beruflichen Existenzvernichtung“.

Es gebe viele Dinge, die man im Nachhinein nicht mehr machen würde. Aber man müsse einem Menschen auch zubilligen, im Leben gescheiter zu werden. Er sprach abermals von einer von langer Hand geplanten Schmutzkampagne gegen ihn, „vielleicht, um die Grünen in die Landesregierung zu bringen“.