SYRIEN : EIN LINKER IST DER SCHLÄCHTER VON BANIA / Anhänger Che Guevaras

„1981 flieht Ural vor den türkischen Sicherheitskräften nach Syrien. Er heiratet eine Syrerin und besucht die syrisch organisierten paramilitärischen Ausbildungscamps im Bekaa-Tal wie viele andere militante Linksextreme – Palästinenser, Italiener, Kurden. Auch PKK-Chef Abdallah Öcalan lernt Ural in Syrien kennen.“

Der Mörder und Leiter der Schabiha Milizen verkeht unter  2 Namen. Einmal  als Syrer nennt er sich : Ali Kayali.

Ein andermal firmiert er als Alawit aus dem türkischen Iskanderun Gebiet  und nennt sich:  Miiraj Oral

In frühen Zeiten war er auch mit dem Kurdenführer Abdullah Öcalan vertraut.

 Krieg in Syrien: Assads türkischer Milizen-Chef

Von Raniah Salloum – DER SPIEGEL online 12.5.2013

Mihraç Ural: Der türkische Linksextreme ist Anführer einer Assad-treuen Miliz in Syrien

Dabei stammt er eigentlich aus der Türkei. Dort wird er als Terrorist gesucht. Seine Geschichte ermöglicht einen Einblick in die Schattenwelt der Milizen, die für den Diktator kämpfen. Mihraç Urals Vergangenheit blitzt noch im Logo seiner Miliz durch: ein roter Stern für die extreme Linke, davor zwei gekreuzte Maschinengewehre. Auf Facebook postet der grauhaarige, pummelige Mann gern Bilder der Guerilla-Ikone Che Guevara.

Seit mehr als 30 Jahren wird Mihraç Ural in der Türkei gesucht. Er war Anführer der militanten, linksextremen Gruppe Acilciler, die längst aus der Öffentlichkeit verschwunden ist. Wie eigentlich auch Mihraç Ural verschwunden war, bis sein Name jetzt wieder auftauchte: Nicht in der Türkei – nein, Mihraç Ural ist Chef einer Miliz in Syrien, die Diktator Baschar al-Assad die Treue hält. Ural wird vorgeworfen, an dem Massaker in der Küstenstadt Banias beteiligt gewesen zu sein.

Kurz vor dem Massaker hielt Ural eine Rede, die ihren Weg auf YouTube fand. “Wir müssen Banias säubern”, wettert Mihraç Ural da vor seinen Kämpfern. “Früher oder später müssen wir Banias umkreisen und säubern.” Wenig später wurden in der Küstenstadt Dutzende Zivilisten hingerichtet. Männer, Frauen und Kinder. EU-Außenministern Catherine Ashton machte Regime-treue Milizen dafür verantwortlich. Jedes Mal, wenn die Uno-Menschenrechtskommission zu Syrien das Regime eines Massakers bezichtigte, beschuldigte sie Assad-treue Milizen, nicht die normalen Truppen des Militärs.

Der Milizen-Chef hat syrische Terror-Trainingslager besucht

Die Milizen sind Teil der Unterwelt des syrischen Regimes. Kaum einer der Anführer ist international bekannt. Mihraç Ural gehört nun zu den wenigen, deren Namen öffentlich werden. Seine Geschichte ermöglicht einen Einblick in dieses Schattensystem. Ural hat seine Miliz, den “Syrischen Widerstand”, 2012 gegründet. Seine Männer kontrollieren den Norden der syrischen Provinz Lattakia. Sie sind quasi die neuen Grenzwächter, seit ein Großteil der regulären Armee und Polizei geflohen oder übergelaufen ist. Für diese Aufgabe ist Ural wie geschaffen: Er ist professioneller Paramilitär, ausgebildet in den syrischen Trainingslagern.

1981 flieht Ural vor den türkischen Sicherheitskräften nach Syrien. Er heiratet eine Syrerin und besucht die syrisch organisierten paramilitärischen Ausbildungscamps im Bekaa-Tal wie viele andere militante Linksextreme – Palästinenser, Italiener, Kurden. Auch PKK-Chef Abdallah Öcalan lernt Ural in Syrien kennen.

Aus Mihraç Ural, dem gebürtigen Türken und Linksextremen, wird der Assad-Verbündete Ali Kajali, wie er sich in Syrien nennt. Es ist für ihn ein Leichtes, im syrischen Lattakia heimisch zu werden. Ural beherrscht die Sprache: Er kommt aus der Stadt Antakya und ist arabischstämmig.

Die Provinz Antakya hat lange zu Syrien gehört und ähnelt in ihrer konfessionellen Zusammensetzung der angrenzenden syrischen Küstenprovinz Lattakia. Ural ist Alawit wie Baschar al-Assad, eine Minderheit, die in Syrien nie ihre Verfolgungsangst ablegen konnte, auch wenn sie die letzten 40 Jahre den Sicherheitsapparat dominierte. Auch Ural kennt dieses Gefühl. Die konfessionelle und ethnische Gewalt der vergangenen Jahrhunderte ist in Antakia fest im kollektiven Gedächtnis verankert – der Völkermord an den Armeniern, die Auswanderung der christlichen Assyrer, die Ausschreitungen gegen Aleviten. Man fühlt sich in Antakya bedroht. Das Feindbild – das sind die Islamisten. Wir oder sie.

Die Milizen-Chefs sind Teil des Mafia-Systems

Als professioneller Paramilizionär wird Ural Teil des Schattenapparats des syrischen Regimes. Einem normalen Beruf geht er nicht nach. Es lässt sich nur erahnen, womit er die Jahrzehnte über sein Geld verdient. Das Regime schiebt seinen zwielichtigen, bewaffneten Unterstützern gern Pfründe zu, um sich ihrer Treue zu versichern, etwa indem es ihnen freie Hand beim Grenzschmuggel lässt.

Der heutige Mihraç Ural ist ein Produkt des syrischen Mafia-Systems. Seit Jahrzehnten protegierte ihn das Netz um den Assad-Clan. Nun revanchiert er sich. Menschen wie Ural sind es, die den Begriff “Schabiha” prägen: Assads Gangster. Diese Unterwelt kommt mit dem Bürgerkrieg ans Licht: Aus Assads Ganoven werden Milizenchefs – kleine lokale Fürsten. Ihr Kampf hat nur bis zu einem gewissen Grad noch etwas mit Baschar al-Assad zu tun. Wer das Reich der kleinen Fürsten gefährdet, wird abgewehrt. Wer darin zur Bedrohung heranwächst, wird “gesäubert”.

Bereits im Sommer 2012 sagten Bewohner der syrischen Küste, die konfessionellen Minderheiten angehörten, SPIEGEL ONLINE: “Wir würden ja sunnitische Flüchtlinge aufnehmen. Aber wer garantiert uns denn, dass die Sunniten uns nicht nachts die Kehle durchschneiden?” Jeder Sunnit war plötzlich potentieller “Terrorist”.

Mihraç Ural lässt SPIEGEL ONLINE ausrichten, dass er nicht in Banias gewesen sei. Der Bote, Bahar Kimyongür, ist wie Ural arabischstämmiger Alawit aus der Provinz Antakia und aus dem linksextremen Spektrum. Urals Miliz sei nur für den Norden Lattakias, das syrisch-türkische Grenzgebiet zuständig, betont Kimyongür. Urals Job sei es zu verhindern, dass die türkische Regierung ausländische Radikalislamisten nach Syrien schmuggelt. Banias ist im Süden von Lattakia. Die Rede, sie sei also gewissermaßen als die Prahlerei eines Milizen-Chefs zu verstehen: “Wenn es sein muss, kommen wir nach Banias und machen unseren Job”, heißt es in dem Video.

Ural bestreitet nicht, dass er von “Säuberung” gesprochen hat. Allerdings sei dies ein völlig normaler Begriff. Damit sei die “Säuberung” von “Terroristen” gemeint. Nur weitet sich kontinuierlich aus, wer als “Terrorist” gilt. Der Krieg macht die Menschen radikaler. Auch die Opposition definiert zunehmend breit, wer als “Assad-Anhänger” gilt. Für ein Todesurteil kann ausreichen, die jeweils falsche Konfession zu haben.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-mihra-ural-kaempft-fuer-baschar-al-assad-a-899061.html