SÜD-KURDISTAN : 5-Jahresplan für kurdische Landwirtschaft gescheitert

1.7.2013 – Kurdmania – Sulaimani. Region Kurdistan. – Ein 5-Jahresplan zum Erreichen der landwirtschaftlichen Selbstversorgung Kurdistans ist gescheitert, räumte ein früherer Landwirtschaftsminister der kurdischen Regionalregierung ein, weil unerfahrene Planer die Bedeutung der Agrarindustrie unterschätzt hätten.

Der Fünfjahrplan sollte die Produktion von Gemüse und Getreideproduktion ankurbeln, sagte Omer Farayduin, Direktor der Landwirtschaftsbehörde von Suleimani. Er meinte, dass der Plan lediglich im Bereich der Obst- und Viehproduktion „einigermaßen gegriffen“ hätte.

Topleute des kurdischen Landwirtschaftsministeriums arbeiten jetzt an einem neuen Plan. „Der Bedarf einer jeden Provinz wird in eigenen Konferenzen debattiert. Später werden die Ergebnisse dann in einen neuen Plan zusammengeführt“, fügte Farayduin hinzu.

Jamal Fuad, früherer Landwirtschaftsminister, beschuldigte die Hinterleute dieser Planung für den Fehlschlag: „Sie hatten wenig Ahnung von Landwirtschaft. Ihre Vorschläge konnten den Bedingungen der Realität nicht standhalten.“ Er meinte auch, dass der Plan scheiterte, weil die Planer ein wesentliches Element moderner Landwirtschaft vernachlässigt hätten: die Agrarindustrie. Fuad meinte weiter, die Agrarindustrie sollte dafür sorgen können, Dutzende Dörfer in den Bezirken Sharazoor und Pishdar wieder zu beleben, den beiden wichtigsten landwirtschaftlich genutzten Ebenen der Region Kurdistan und erklärte dazu: „Wenn wir das in Gang bringen, werden die Bauern ermutigt, zu allen Jahreszeiten Gemüse anzubauen statt nur in einer.“ Der Bau von acht Industriekomplexen für die Landwirtschaft käme die Regierung zwar sehr teuer in den ersten beiden Jahren, kämen dann aber in die Gewinnzone.

Talib Murad, Berater für die Sicherstellung von Lebensmitteln und Wasser beim KRG-Ministerrat, meinte, der Plan sei vor allem an unzureichender Finanzierung durch die Regierung gescheitert. „Jeder Staat, der den Landwirtschaftssektor stärken will, muss wenigstens 10% des Haushalts dafür bereitstellen, aber die KRG stellte nicht einmal zwei Prozent zur Verfügung.“ Murad bemerkte auch, dass er bei den Beratungen über den Plan nicht hinzugezogen wurde.

Murad sagte schließlich: „Ich erfuhr aus den Medien, dass 80% des Plans umgesetzt wurden, aber als ich den Finanzminister fragte, wie viel Geld sein Ministerium für den Plan ausgegeben hätte, war die Antwort: keinen Dollar.“ Murad arbeitete über viele Jahre bei der UN-Organisation für Lebensmittel und Landwirtschaft (FAO). Aber Diler Tariq, Sprecher des Finanzministeriums, beharrte darauf, dass der Fünfjahrplan mit den benötigten Haushaltsmitteln ausgestattet gewesen wäre.

Annemiek von Waarden, eine niederländische Unternehmerin und Landwirtschaftsexpertin, die seit 2007 in Kurdistan arbeitet, warnte vor der zu langsam wachsenden Lebensmittelproduktion und weist darauf hin, dass dadurch keine Chance bestünde den Wettbewerb mit den Nachbarländern in Bezug auf Produktion und Qualität gewinnen zu können.

Sie glaubt, dass z.B. der Hektarertrag der kurdischen Kartoffelproduktion nur halb so hoch ist wie der der Nachbarländer bei vergleichbaren Bedingungen, bei Obst sogar nur ein Zehntel. Sie empfiehlt höhere Betriebsgrößen, Kredite und freien Zugang zum modernen Knowhow für die Bauern als einen der Wege zur Erhöhung der Produktivität in der Region, damit Millionen von Dollar eingespart werden können, die jetzt syrischen, iranischen und türkischen Bauern gezahlt würden, deren Produkte die Märkte Kurdistans und im restlichen Irak überfluten.

Notiz: Der Originalartikel von Nawzad Mahmoud, erschien am 28. Juni 2013 in der englischen Ausgabe von „Rudaw“ unter dem Titel “Kurdistan’s 5-Year Agro Plan Declared a Failure“. Übersetzt von Karl Mund.