Russische PSYOPs in Syrien & die Beteiligung deutscher Journalisten an der Kremlpropaganda

 10/03/2016 | INFO NAPALM

 Kürzlich veröffentlichten wir eine detaillierte Analyse der russischen Informationsoperation in Syrien, die von einigen Massenmedien aufgegriffen wurde. Anschaulich haben wir in unserer Untersuchung gezeigt, wie die russische Seite Beschüsse inszeniert, um die russische und internationale Öffentlichkeit auf dem Informationswege psychologisch zu beeinflussen. Auch haben wir das Geheimnis der Teilnahme eines bulgarischen Journalisten an dieser Informationsoperation des Kremls gelüftet, der in Moskau wohnt und seinen Uniabschluss ebenfalls dort gemacht hat. Zum Höhepunkt unserer Untersuchung wurde die Identifizierung vom Verwaltungsleiter des Pressedienstes des Verteidigungsministeriums Russlands Igor Konaschenkow, der im Video vom inszenierten Angriff figurierte. Nach der Publikation von InformNapalm wurde ihm eine Rüge mit folgender Formulierung erteilt:

“Wegen unzureichender Vorsichtsmassnahmen bei der Arbeit mit den Vertretern der Medien im Gebiet der Ausführung von Spezialaufgaben”

Wobei wir wissen, dass der wirkliche Grund für diese Rüge gerade der Informationsleak über die Inszenierung des Angriffs war, der die geplante Informationsoperation Russlands  vereitelt hatte.

Die internationale Freiwilligengemeinschaft InformNapalm untersuchte währenddessen neue Fakten, die nach unserer Publikation an Tageslicht gekommen sind, und fand neue Details, die auf gewisse Personen hinwiesen, die man wohl als Kremls Instrumente bei der Durchführung von psychologischen Operationen bezeichnen kann (PSYOPs), die auf die Erschaffung einer bestimmten öffentlichen Meinung in Interessen der Russischen Föderation im Ausland gerichtet sind.

Lasst uns erstmal 2 Videos bezüglich der Inszenierung von “Angriff auf Journalisten in Syrien” analysieren, in denen Bilder vorhanden waren, die aus einem anderen Winkel gedreht worden waren:

Video Nr. 2 – LINK, LINK

Video Nr.3, Reportage von Westi des Rossija-24 Kanals: LINK, LINK

Lasst uns doch diese Videos vergleichen. Nehmen wir mal den Moment der Anfahrt vom BTR. Im ersten Video sehen wir an einer Wand zwei Menschen stehen: einen in Uniform (im ersten Teil der Untersuchung haben wir vermutet, dass es höchstwahrscheinlich der Generalmajor Igor Konaschenkow ist) und einen Menschen im blauen Hemd.

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Das Video Nr. 2 beginnt damit, dass der Mensch im blauen Hemd durchs Bild durchhuscht und bei der Anfahrt des BTRs niemand an der Wand steht.

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Video Nr. 3: An der Wand steht der Mensch im blauen Hemd, der Militärangehöriger fehlt aber:

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Das sind zusätzliche Fakten, die darauf hinweisen, dass die Inszenierung in mehreren Takes gedreht worden war. Dem Verhalten der Menschen an der Wand im ersten und dritten Video nach zu urteilen kann man sich eine Meinung über den wahren Ausmass der “Bedrohung” bilden. Manche Menschen (ohne jeglichen Schutz) stehen absolut ruhig herum, während andere im Staub herumkriechen und dabei Angst vorgaukeln.

Schauen wir uns doch einen anderen Moment an: Im Video Nr. 1 kriecht niemand im Staub auf der Strasse bei dem Gebäude herum und liegt auch nicht am Boden während der Anfahrt von BTR – die Menschen haben sich hinter dem Gebäude versteckt und warten.

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Im Video Nr.2 sehen wir einen Menschen, der “heroisch” im Staub herumkriecht, vor dem Ankommen des BTRs. In diesem Bild liegt er an der Strassenkante rechts. Seine Lage ist genau gegenüber vom Kameramann des ersten Videos – im zweiten Video sehen wir ihn aber nicht. Genauso wie das Vorhandensein von verschiedenen Menschen an der Wand links im Bild auch davon spricht, dass hier mehrere Takes gedreht worden waren.

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Das Interessanteste hier ist, dass im Video Nr.3, der Reportage von Rossija-24, internationale Journalisten zu sehen waren, die durch ihre Anwesenheit von dieser inszenierten Show ablenken sollten. Die Untersuchung von InformNapalm beweist, dass sie an dieser Inszenierung der russischen Medien-Aggressoren zweckgebunden teilgenommen haben. Wahrscheinlich waren sie sich sehr wohl bewusst, dass sie an einer Show teilnehmen. Die Journalisten haben dabei gesehen, dass für diese Inszenierung ein Beschuss des Wohnviertels geführt wird, also haben sie unmittelbar an einem Kriegsverbrechen teilgenommen. Interessanterweise hatte der bulgarische Journalist Boris Ansow (detaillierter im ersten Teil), der damit beschäftigt ist, russische Propaganda im Informationsraum von Bulgarien zu verbreiten, dem Aussenminister Russlands kürzlich ein Geschenk überreicht und seine Worte über Bulgarien veröffentlicht, das Sergei Lawrow mit der “geliebten und brüderlichen Ukraine” verglich, was auf dem Hintergrund des Krieges und direkter militärischer Aggression besonders zynisch aussieht.

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In diesem Teil der Untersuchung von inszenierten russischen Angriffen war es für uns interessant dem Leser eine neue Person vorzustellen: Christoph Wanner vom deutschen N24-Kanal, den die Moderatoren in der russischen Reportage bedeutungsschwer als “staatlich” bezeichneten.

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Christoph Wanner arbeitet schon lange für die deutschen Medien, und jedes Mal findet er sich komischerweise in der Interessenzone der Russischen Föderation wieder, wobei er stets mit der Desinformierung der deutschen Öffentlichkeit beschäftigt ist.

So war er 2008 in Georgien und sendete aus diesem Land Mitteilungen über die Stärke der russische Armee, die Unlust der Menschen zu kämpfen und die Unzufriedenheit der Georgier über die Politik von Saakaschwili, also im Grunde – den üblichen Satz der russischen Propaganda. Übrigens führte er damals seine Reportagen aus Tbilisi und verzichtete darauf, in die Kampfhandlungszone zu fahren:

– In die Konfliktzone sind Sie doch gar nicht gefahren. Warum? Hatten Sie keine Möglichkeit?

– Ich kann sagen, warum. Weil ich mich um mein Leben fürchte. Ich kann in Tbilisi arbeiten, wo alles mehr oder weniger unter Kontrolle ist. Aber nach Zchinwali fahre ich aus dem einfachen Grund nicht, weil ich kein Wahnsinniger bin (Link).

Hmm… Nach Syrien unter Beschüsse ist er ja doch gefahren… Hat er etwa Sicherheitsgarantien bekommen? Vielleicht gar von den Organisatoren dieser Veranstaltung?

Im Frühling 2014 findet sich Christoph ein weiteres Mal an der Spitze der russischen Interessen wieder, indem er erzählt, dass die Regierung der Ukraine die Lage im Land nicht bewältigen kann, die ukrainische Armee nicht genug Kräfte besitzt, um die Kontrolle über die östliche Region zu erstellen, und somit nimmt er im Grunde die russische Aggression vorweg und rechtfertigt die russische Gewalt gegen die Ukraine: Link, Link, Link, Link.

Und nun befindet sich der gleiche Journalist in Syrien, wo eine psychologisch-informative Operation abläuft, die er nicht nur im für Russland günstigen Licht darstellt, sondern selbst aktiv an dieser Inszenierung teilnimmt. Womöglich ist Christoph längst damit beschäftigt, Daten für die russischen Geheimdienste zu sammeln, aber das sollten wohl eher die Geheimdienste Deutschlands prüfen.

Übrigens reicht es den Journalisten von Rossija-24 gar nicht mehr, ein gefaketes Ereignis zu erschaffen und dieses für Realität auszugeben – sie lügen bereits auch in Kleinigkeiten. So wird in der genannten Reportage gesagt, dass es bis zur Türkei 3 Kilometer Entfernung sind, wenn man sich aber die Karte anschaut, sieht man, dass der Abstand zur nächstliegenden Grenze 7 Kilometer beträgt.

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Die Lüge – das ist eine Systemkrankheit der russischen Medien. Das verstehen viele Sicherheitsspezialisten und Mitarbeiter der Medien auf der ganzen Welt sehr wohl. Wir haben ein positives Beispiel gesehen, als die Staatsanwaltschaft Deutschlands ein Ermittlungsverfahren gegen eine Reportage des russischen Fernsehens eingeleitet hat.

Wir hoffen, dass diese Untersuchung die Aufmerksamkeit von europäischen Journalisten-Bündnissen erweckt, die die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter vom Standpunkt der professionellen Ethik betrachten. Auch hoffen wir auf die Aufmerksamkeit der kompetenten Staatsbehörden Deutschlands, Bulgariens und anderer NATO-Strukturen, die diesem Vorgehen entsprechende Wertung vom Standpunkt der Weltsicherheit und Stabilität nicht nur in der nahöstlichen Region, sondern auch im Westeuropa aus geben können.

 

Dieses Material wurde von Kateryna JareskoDmitry K. und Michail Kusnezow exklusiv für InformNapalm vorbereitet; übersetzt von Irina Schlegel. Beim Nachdruck und Verwenden des Materials ist ein Hinweis auf unsere Ressource erforderlich.