Roadmap ins Irgendwo (Gelesen 829 mal) / BLOG DEBATTE JUNGER KURDEN

Zitat von: Jaban am 31. Mär 2013, 14:33

“Slogans wie ‘1000jährige islamische Brüderlichkeit’, ‘Wir haben gemeinsam in Canakkale gekämpft’, ‘Wir haben gemeinsam – Schulter an Schulter – die Republik gegründet’, ‘Aleviten und Sunniten vereint durch die islamische Brüderlichkeit’, ‘Islamische Einheit’ und ‘Misak-i Milli’ vertreten die ignorante, assimilierende, rassistische und koloniale Politik des türkische Staates und der türkisch-islamischen Synthese. Wenn sich Öcalan an diese Slogans klammert, mag er eventuell den türkischen Staat beruhigen, aber damit bringt er den Kurden weder Rechte noch Freiheit. Rufe nach ‘Islamischer Brüderlichkeit’ dienen dazu Kurden anzulügen und zu vertrösten […]”

und

“Öcalan kann kein Mandela sein, denn als Mandela im Gefängnis saß, forderte er auf mit dem  ‘Afrikanischen Nationalkongress’ (African National Congress, ANC) zu verhandeln. Auch Öcalan müsste auf die BDP verweisen.”
Ismail Besikci, türkischer Soziologe und Intellektueller
Quelle: İsmail Beşikçi:İslam kardeşliği’ Kürtleri Kandırma Sloganı , kurdistan-post.eu, 29.03.2013

Das ist ein sehr guter Artikel von Ismail Besikci. User Brader hatte einen Thread mit dem Titel “ein neuer Öcalan?” verfasst und bereits darauf hingewiesen, daß Öcalan sich anhört wie ein “türkisch-islamistischer Rechtsextremist”. Die Nähe zum Neo-Osmanismus der AKP ist auch nicht zu leugnen. Ismail Besikci weist darauf hin, daß die Kurden seit der Ittihat und Terraki Bewegung so belogen und instrumentalisiert wurden.

Dem kann man noch hinzufügen, daß die Kurden (laut einigen Autoren) schon im Krieg von Tschaldiran (Çaldıran) 1514 regelrecht mißbraucht und instrumentalisiert wurden. Die Masche ist also noch weit älter und hat schon zur ersten Teilung Kurdistan beigetragen.

[Der Vertrag von Zuhab wurde am 17. Mai 1639 zwischen den Safawiden und den Osmanen unterzeichnet und bildet bis heute die Abspaltung Ost-Kurdistan (Iran) von den anderen kurdischen Regionen]

Wobei in Çaldiran die sunnitischen Kurden von den Osmanen und die alevitischen Kurden von den Safawiden instrumentalisiert wurden.

[Die safawidische Dynastie geht zurück auf den Vorfahren Firūz Schah Zarrīn-Kullah al-Kordī al-Gilanīs und ist damit eigentlich eine kurdische Dynastie aber hat nichts dazu beigetragen etwas für die Kurden zu leisten].

– Die tausendjährige [türkisch-kurdische] Brüderlichkeit ist ein reines Märchen da es damals keine ethnischen Türken in Anatolien gab. (Heute gibt es verschwindend wenige Turkmenen deren Vergangenheit und Herkunft völlig unaufgeklärt ist). Nur der Turkismus als kranke politische Idee ist leider real und entstand ab den ca. 1880 er Jahren als Kopfgeburt einiger Personen.

– Die Kurden haben auch niemals diese Republik gegründet sondern wurden von Mustafa Kemal Pasa schlichtweg verarscht als man mit dem Vertrag von Lausanne (1923) die Vierteilung Kurdistans absegnete und zur systematischen Leugnung und virtuellen Auslöschung der Kurden im nordkurdischen (Türkei) Teil überging.

– Es gibt sogar heute sunnitische Kurden die auf paramilitärische radikal-islamistische Gruppen reinfallen und lieber für die Palästinenser (oder Araber) kämpfen als sich für ihr eigenes Volk in West-Kurdistan (Syrien) einzusetzen. Die türkische Hizbullah schaffte es sogar sunnitische Kurden gegen die politisch säkular aufgestellten Schwestern und Brüder in der PKK zu instrumentalisieren, also sich für den türkischen Staat dienlich zu machen.

Um die alevitischen Kurden ist es nicht besser bestellt. Während sie bis in die 1980er Jahre mit den 3K (Kürt-Kizilbas-Komünist) stigmatisiert, ausgeschlossen und verfolgt wurden gab es etwa ab den 1990er Jahren eine Wende in der türkischen Politik.

– Einige pseudo-alevitischen Organisationen wie das Cem-Vakfi (Cumhuriyetçi Eğitim ve Kültür Merkezi Vakfı/ türkisch republikanische Stiftung für [politisch kemalistische] Erziehung und Kultur) üben eine unterschwellige Gehirnwäsche aus um die kurdischen Aleviten zu Türken und Sunniten zu formen.

– Zweifelhafte Arbeiten türkischer Autoren schrecken nicht davor ab, abstruse, lächerliche und beschämende Thesen aufzustellen und sogar so weit zu gehen und die Aleviten als die “wahren Türken” Anatoliens zu deklarieren.

– Auch einige alevitischen Dachverbände distanzieren sich nicht deutlich genug von dieser äußerst billigen Gehirnwäsche – um eben diese Retorten-Kinder, diese “Plastik-Türken-Pseudo-Aleviten” zu verschrecken. Das sie damit ihre eigentliche Klientel anekeln und schrittweise ausschließen wird völlig vernachlässigt.

Zusammengefaßt sollte man sehen, daß egal ob sunnitischer oder alevitischer Kurde, diese Nation vor keiner Perversion und keiner Insturmentalisierung zurückschreckt um ihre Existenz fortzuführen.Es sollte auch erwähnt sein, daß sich die kurdische Bewegung wohl eher weniger zufällig ursprünglich säkular aufgestellt hatte. Denn das war wohl der sinnvollste Weg die religiöse Vielfalt aller Kurden zu vereinen.  Seit dem Krieg von Tschaldiran (Çaldıran) 1514, hat sich dieses Schema scheinbar immer wiederholt. Ein Öcalan der sich nun zum Instrument dieses immer gleichen Schemas macht, wird wohl auch nichts anderes im Sinn haben als die kurdische Bewegung (wiedermal) ins offene Messer laufen zu lassen.

http://www.kurdmania.org/Forum-topic-6486-start-msg50404.html