PROTEST IN BERLIN:Die Organisationsstruktur hinter den „Hygiene-Demos“

MESOPOTAMIA NEWS : ALLES NAZIS – ODER WAS ? – CORONA DEMO EINE SCHWÄBISCHE ANGELEGENHEIT

  • VON RÜDIGER SOLDT, STUTTGART FAZ – -AKTUALISIERT AM 08.2020-22:06

Dass die Demonstration gegen die Corona-Politik so viel Zulauf bekommen hat, hat mit der Professionalisierung der Organisatoren, gezielter Werbung zu tun.

Vor wenigen Wochen wirkte es noch so, als lösten sich die „Hygiene-Demos“ gegen die Pandemie-Politik langsam auf. 250 Leute nahmen Mitte Juli an einer Veranstaltung des Gründers und IT-Unternehmers Michael Ballweg teil. Im Mai hatte eine bunte Mischung aus Impfgegnern, Esoterikern, Anthroposophen, Veganern sowie wenigen Links- und Rechtsextremisten in Stuttgart zu Tausenden von sich reden gemacht.

Als maßgeblicher Organisator konnte Ballweg nun offenbar

viele von ihnen bei einer Demonstration in Berlin am Wochenende mobilisieren, rund 20.000 sollen daran teilgenommen haben. Manche Redner verglichen den Aufmarsch zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule sogar mit der Love Parade. Möglich wurde das erst durch eine „logistische Kooperation“ mit „#honk for hope“, einer Bewegung zur „Rettung des Busreisegewerbes“ in Deutschland, gegründet von Alexander Ehrlich und Joachim Jumpertz.

Gezielt über soziale Netzwerke mobilisiert

Grundlage der Kooperation scheint eine einfache Arbeitsteilung zu sein: Ballweg, die Gruppe „Querdenken 0711“ sowie die regionalen Gliederungen der Bewegungen melden überall in der Republik Demonstrationen an, mal in Stuttgart, mal in Ravensburg, mal in Berlin. Der Logistikpartner „#honk for hope“ organisiert die Busreisen für die Demo-Touristen aus 68 Städten in Deutschland, teils zum Pauschalpreis von 47 Euro. Stammgäste bekommen Ermäßigung, in Gruppen organisierte Gegner der Corona-Politik können „Exklusivbusse“ chartern. In der Werbung für die Demonstrationen heißt es: „Eine Fahrt mit dem Reisebus hilft den mittelständischen (oft familiengeführten) Reisebusunternehmen, den Corona-Lockdown zu überleben, und erhält sowohl die Vielfalt des Marktes als auch sehr viele Arbeitsplätze.“ Mit Buskorsos könne die Bewegung zusätzlich Präsenz auf den Straßen zeigen. Hinzu kam eine gezielte Mobilisierung über soziale Netzwerke.

Die Bewegung scheint sich in den vergangenen Wochen professionalisiert zu haben, auf ihrer Internetseite finden sich mittlerweile für jeden Postleitzahlenbereich Adressen von Telegram-Chatgruppen. Zu der Organisation gehören ein Film- und ein Logistikteam, man kann sich ein Flugblatt „Corona-Fakten“ oder die Zeitschrift „Demokratischer Widerstand“ herunterladen, in denen gegen das „Corona-Regime“ und die Maskenpflicht polemisiert und von einer „neuen Bundesrepublik“ fabuliert wird.

Die starke Präsenz von Demonstranten mit schwäbischem Idiom auf der Berliner Demo dürfte aber nicht nur auf die organisatorischen Fähigkeiten Ballwegs zurückzuführen sein. Mit Bodo Schiffmann, einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus dem badischen Sinsheim, stammt auch ein zweiter Agitator gegen die Pandemie-Politik aus Baden-Württemberg. Schiffmann betreibt einen Youtube-Kanal und versucht seit April, aus der Bewegung gegen die Corona-Maßnahmen eine politische Partei zu machen. Zunächst hatte er die Partei „Widerstand 2020“ mitgegründet.