AFTER DERRIDA & LUHMANN : ALLES WIRD JETZT ENDLICH GUT !

Angesichts eines  progressiven Bogens globaler Zerrüttung & Destabilisierung gilt für die bislang stabilen internationalen Kräfte folgendes:

Die USA wollen und werden nirgendwo intervenieren, die Europäer können es nicht. Ein Konzept hat keiner.

Pakistan von fortschreitend gallopierenden Zerfall gezeichnet, Afghanistan nach Abzug der ISAF nicht vom Wiederaufbau betroffen, sondern von ethnisch-religiösem Gemetzel und Rücknahme aller bescheidenen Freiheiten für Frauen – um dann in einer stringenten Linie über den ebenfalls im Gesamt-Zerfall befindlichen Nahen + Mittleren Osten vom Mashreq bis Maghreb eine einzige Konfliktlinie von Bürgerkrieg und ethnischem wie religiösen Wahn zu vollenden.

Vis a vis der Levante den beginnenden sozialen Zerfall der südlichen Länder der Europäischen Union vor Augen.

Wenn die inflationäre Phrase von „nachhaltiger Wirkung“ jemals eine einzige Bedeutung hatte, dann dort und jetzt.

Damit wird aber endlich jener langersehnte Allgemein-Zustand der westlichen Linken + Antiimperialisten triumphal verwirklicht, die stets darauf bestanden, daß alle westlichen Sicherheitssysteme zerschlagen werden müßten, damit folgerichtig die westlich geprägten Nationen und Bündnisse nirgendwo mehr intervenieren können.

Der so oft geäußerte Wunsch wird wahr, daß einzig noch die empirisch vorhanden Gruppen, Fraktionen, Ethnien, Völker, Religionsgemeinschaft und Tribalitäten aller Länder ihre „Sache unter sich ausmachen“ sollten.

Nur sie allein !

Dieser vielversprechende Zustand ist nun erreicht – und es wird ganz sicher sehr lustig werden !

Derart geeicht, wendet sich die Linke nicht den Realitäten zu, sondern gefällt sich viel eher in der poststrukturalistischen Debatte von Definitionen und Benennungen:

War das nicht doch wirklich ein militärischer coup d’etat in Ägypten, den man als Demokrat verurteilen muß, weil „Demokratie auch für die Muslim Brüder gilt“ (Österreichische KP) – und muß man nun nicht gerade „auf die Muslime“ zugehen?

Blühender Unsinn im gesamten Satz:  ein Zerfall allen vernünftigen Erwägens, der beinahe so grauenhaft ist wie der sozio-kulturelle in den betroffenen Ländern.

„Auf die Muslime (in Ägypten) zugehen“? – Als ob nicht auch die Mitglieder der Mursi-oppositionellen Demokratie-Bewegung in Ägypten  zu fast 100 Prozent Muslime wären!

„Demokratie gilt auch für Muslim-Brüder“! – ganz sicher so lange diese sich demokratisch verhalten. Solange wie sie nicht die vertraglichen Bedingungen unterminieren. Was aber der Fall ist,  wenn eine unter ihr gewährten demokratischen Bedingungen gewählte Regierung (Mursi) damit beginnt, die Demokratie durch die Scharia zu ersetzen?

Existiert denn etwa kein uneingeschränktes Widerstandsrecht gegen einen „demokratisch gewählten“ Hitler oder Diktatoren mehr ?

Ganz gewiß war der coup d’etat der ägyptischen Militärs ein Staatsstreich – nichts anderes!

 Aber einer in der seltenen Variante der Unterstützung durch Millionen demokratischer Menschen des Landes, besonders der Frauen, der Jugend, der Gebildeten.

Die ein recht darauf haben, nicht unter der Scharia leben zu wollen und als Beilage ansehen zu dürfen, wie die gesamte Wirtschaft des Landes verfällt, von der Muslim-Brüder keine Ahnung haben.

In den meisten der hier aufgezählten betroffenen Länder stehen sich inzwischen unversöhnlich Bevölkerungsteile gegenüber, die sich gegenseitig ablehnen, weil ihre Vorstellungen vom Leben, von Entwicklung und Zukunft nicht miteinander vereinbar sind.

Ein historischer notwendiger Prozeß beginnt damit, den Europa zu Zeiten selber am eigenen Leib erfahren hat.

Dann herrscht vorübergehend Ausnahmezustand, nicht Konsens und Dialog. Freiheit oder Scharia ! – da gibt es keinen Kompromiß. Freiheit ist immer nur uneingeschränkt Freiheit.

Wenn Westerwelle oder Ashton oder Obama sich angesichts der gesamten ägyptisch -syrischen-afghanisch- irakisch-pakistanisch-tunesisch-libyschen Tragik nur zu dem dünnen Satz bequemen, man „möge doch bitte irgendwie aufeinander zugehen“, dann bedeutet dieser Satz nichts mehr.

Bei Derrida und Luhmann arbeiten die funktionalen Regelkreise der gesellschaftlichen Systeme in unendlicher Wiederholung : Diskurs kreist um Diskurs. Der Dialog dreht sich um sich selber – und soll bedeuten einen Wert an sich. Die Gedanken selber kommen nicht voran, sie drehen sich um sich selber und simulieren nur derart Bewegung oder Fortschritt.

Der historisch notwendige Erneuerungs-Prozeß vom Hindukusch bis Marokko aber entzieht sich dem und ist dabei ebenso unausweichlich wie notwendig.

In der bisherigen Geschichte verlief dies stets unsagbar blutig.

Das müßte nicht sein: sondern es wäre die Verpflichtung der historisch erfahrenen westlich geprägten Demokratien, sich schützend und kalmierend auf die Seite derjenigen zu stellen, welche ihre eigene Moderne entwickeln möchten.

Die westlich geprägten Demokratien von Australien bis Canada möchten sich in ihrer unproduktiven Ermüdung „aus allem heraushalten“.

Sie werden bald erkennen müssen, daß sie ihrerseits unmittelbar betroffen sind: so oder so ! Je später sie reagieren, desto schlimmer für alle Beteiligten.

Am Ende dieses Kapitels jedenfalls wird von der traditionellen Linken in der  Geschichte keine Rede mehr sein. (MESOP)