MESOPOTMIA NEWS : POLIZEI – HÄLFTE ALLER RIOT-TEILNEHMER IN STUTTGART MIGRANTEN

Fraktur : Alles außer Hochdeutsch

Die Stuttgarter „Eventszene“ kann sogar Arabisch. Und richtig gut Partywut.

Auch wir müssen bekennen, an einer Party teilgenommen zu haben, auf der gefeiert wurde, bis die Polizei kam, und sogar noch länger. Das war in den wilden neunziger Jahren in einem Stadtviertel, das passenderweise den Namen „Weinberge“ trug und trägt, also im schönen Prag. In Vinohrady residierte damals eine dänische Diplomatin, die bekannt war für ihre ungezwungenen Empfänge. Die waren nur bei ihren tschechischen Nachbarn nicht beliebt, weswegen wiederholt die Ordnungshüter anrücken mussten, wenn die Dame zur Soiree geladen hatte. Doch was heißt „mussten“: Auf der örtlichen Polizeiwache hat man vermutlich darum geknobelt, wer beim nächsten Mal bei der Dänin für Ordnung sorgen darf.

Einmal griffen die Beamten ordentlich durch und zu: Einer regelte den Verkehr am Buffet. Der zweite überprüfte die Qualität des ausgeschenkten Bieres. Und der dritte legte, bevor er selbst den John Travolta machte, seine Lieblingsplatten auf, getreu der Devise: Die Polizei, dein Freund und Helfer. Journalistengarn? Eine am Tatort zurückgebliebene und bis heute in Ehren gehaltene Polizeimütze kann die Wahrheit der Geschichte bezeugen.

Von solcher Fraternisierung mit der Staatsmacht ist die Stuttgarter Partyszene nicht nur Jahrzehnte entfernt, sondern Lichtjahre. Im Schwabenland fielen die Partylöwen aus dem Schlossgarten über die Polizei her wie einst die Vandalen über die Römer. Die Stuttgarter Ordnungshüter hatten allerdings zuvor einen Jugendlichen auf Rauschgift kontrolliert – anstatt ihm einen Joint zu drehen und anzuzünden. Wo es in deutschen Innenstädten doch längst Gewohnheitsrecht ist, allen Suchtmitteln frönen zu dürfen, die es auf Gottes Erde gibt. Auslöser des Aufstands war also eine Provokation der Polizei. Wären die schwäbischen Sheriffs die Sache so locker angegangen wie damals die tschechischen und hätten ein bisschen mitgekifft, hätte der Konflikt sich wohl in süßem Rauch aufgelöst.

So aber bekam Stuttgart die „Partywut der Eventszene“ zu spüren, von der der offensichtlich noch unter Schock stehende Polizeipräsident sprach. Man will ja niemanden vorschnell verdächtigen, sonst ist man gleich wieder ein latenter Rassist. Jahrelang hatten die in Stadt und Land regierenden Grünen der Polizei gepredigt, die multikulturelle Eventszene mit Samthandschuhen anzufassen. Und wie dankt die Eventszene das der Behörde für Toleranz und Deeskalation, die der Volksmund immer noch Polizei nennt? Mit Partywut! Aber gut: Auch der Wutbürger muss mal feiern dürfen. Außerdem war es an jenem Abend ziemlich schwül.

Trotzdem haben die Randalierer sich streng an den Slogan Baden-Württembergs gehalten: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“. Einwandfreies Deutsch ist in Videos aus jener Nacht nicht oft zu hören, eher schon gebrochenes. Offenbar kann der schwäbische Alleskönner aber auch Arabisch; Assimilation ist ja keine Einbahnstraße. Und auch die Plünderung eines Ein-Euro-Ladens lässt sich mit etwas gutem Willen als Zeichen für gelungene Integration ansehen. Wer von niedrigen Preisen angezogen wird, ist doch wohl wirklich zum Schwaben geworden, oder?

Vielleicht rastete die Stuttgarter Eventszene auch nur aus, weil es mit der Öffnung Mallorcas so lange gedauert hat. Kein Komasaufen am Ballermann und kein Affengebrüll im Fußballstadion – da dreht doch der sanftmütigste Hooligan durch! Aber wenigstens das Mallorca-Ventil wird jetzt wieder geöffnet, wenn auch noch nicht für die Schlachterszene aus Gütersloh. Allerdings haben wir Zweifel an der Aussagekraft des Probelaufs, die dem Öffnungsbeschluss voranging. Die deutschen Versuchstouristen, an denen das neue All-inclusive (mit Gesichtsmaske) getestet wurde, sahen aus, als seien sie vom Goethe-Institut ausgesucht worden. Hätte man dagegen die Stuttgarter Eventszene auf die Balearen geflogen, dann hätte man dort einen Stresstest bekommen, der den Namen verdient. So aber fand er in Stuttgart statt. Die schwäbische Hauptstadt fiel mit Pauken und Trompeten durch – wie zuvor Köln, Hamburg, Chemnitz, Leipzig und natürlich der Rekordhalter im Durchrasseln, Berlin. Aber auch das hat sein Gutes: Das einst biedere und allenfalls arbeitswütige Stuttgart kann nun voller Stolz sagen: Wir können außer Hochdeutsch wirklich alles. Auch richtig gut Partywut.