MESOPOTAMIA NEWS TRUMPS FRIEDENSPOLITIK – EIN ABKOMMEN VON HISTORISCHER BEDEUTUNG

Israel, Emirate und Bahrein : „Es wird Frieden im Nahen Osten geben“

  • Von Jochen Stahnke, Tel Aviv -Aktualisiert am 15.09.2020-21:10  FAZ  – Nun ist es schriftlich – und das zeigen die Staatsmänner auch: Benjamin Netanjahu, Donald Trump und Scheich Abdullah bin Zayid Al Nahyan in Washington.

Mitten im amerikanischen Wahlkampf schließen Israel, die Emirate und Bahrein Friedensabkommen. Sie markieren das Ende eines Trends

und vertiefen die neue Blockbildung im Nahen Osten.

Israel hat einen Friedensvertrag mit den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen und eine sogenannte Friedenserklärung mit Bahrein. Der Inhalt der Erklärungen soll später bekanntgegeben werden, irgendwann. „Es wird Frieden im Nahen Osten geben“, sagte Donald Trump, und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einem historischen Schritt: „Er kann den arabisch-israelischen Konflikt ein für alle Mal beenden.“ Jeder suche eine stabilere und wohlhabendere Zukunft, so der emiratische Außenminister Abdullah Bin Zayed, während Bahreins Außenminister Abd al Latif Bin Raschid al Zayani die künftige Sicherheit der Region betonte. Die beiden Golfaraber bekräftigten damit den zentralen Aspekt der Formalisierung und Vertiefung bereits bestehender Beziehungen: Die Abkommen offenbaren eine Allianz in einer instabilen Region, in die die nichtarabischen Staaten Türkei und Iran hinein drängen und in der Amerika langsam in den Hintergrund tritt.

Noch „fünf, vielleicht sechs“ weitere arabische Staaten seien bereit, Abkommen mit Israel zu schließen, sagte Trump in Washington. Er habe mit König Salman von Saudi-Arabien gesprochen, ohne das Bahrein keinen Schritt unternimmt. Gleichzeitig erklärte sich der Präsident bereit zu neuen Verhandlungen mit Iran, indes erst nach der amerikanischen Wahl im November. Sollte Trump gewinnen, dann werde er „in ein paar Wochen oder einem Monat“ einen neuen großartigen Deal mit Teheran schließen, der Iran „sehr reich macht“. Sollte indes der „schläfrige Joe“ Biden gewinnen, werde der Deal sehr schwach ausfallen.

In Bezug auf Zeitpunkt und Umstände fügt sich das Abkommen klar in Trumps Wahlkalender. Die unterzeichneten Erklärungen haben zunächst eher deklaratorischen Charakter, zumal die entsprechenden Arbeitsgruppen der beiden Golfstaaten und Israel weiterhin über die vertraglichen Einzelheiten ihres noch zu formalisierenden Verhältnisses verhandeln. Gleichwohl ist die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Emiraten und Bahrein historisch, nicht allein, weil es so etwas am Golf noch nicht gegeben hat.

Höhepunkt einer Entwicklung

Gewissermaßen markiert der in Washington bekräftigte Schulterschluss auch den vorläufigen Höhepunkt einer Entwicklung im Nahen Osten, die lange vor Trump begann. Sie beschleunigte sich 2011 mit dem Ausbruch der arabischen Proteste, die rasch von islamistischen Gruppierungen vereinnahmt worden waren und die sowohl Israel als auch die Golfmonarchien als direkte Bedrohung wahrnahmen. Zudem stand auf der anderen Seite des Golfs Iran, mit einem Atomprogramm und einer beständigen Unruhestiftung im ganzen Nahen Osten, die Israel und die arabischen Golfstaaten als ihre Hauptbedrohung erkennen. Ihr wurde 2015 mit dem Atomabkommen noch eine Portion amerikanischer Ungewissheit hinzugefügt: Das unter Barack Obama gefundene Arrangement mit Iran, sowie Amerikas immer deutlichere Hinwendung gen Asien und gleichzeitigem langsamen Rückzug aus dem Nahen Osten lösten in Israel und am Golf Alarmglocken aus: Muss man sich um die eigene Sicherheit fortan zu einem größeren Teil selbst kümmern?

So charakterisierte der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate das Washingtoner Abkommen am Dienstag denn auch als „kräftige Antwort“ auf „nichtarabische Länder und einen Mob von nichtstaatlichen Akteuren“ im Nahen Osten – eine kaum verhohlene Anspielung auf Iran und die Türkei sowie von diesen unterstützte islamistische Gruppierungen, welche „Amerika, Israel und die Emirate verletzen“. In seinem Gastbeitrag im „Wall Street Journal“ bat Bin Zayed Amerika am Tag der Unterzeichnung damit indirekt, in der Region zu bleiben. „Normalisierung (mit Israel) konnte nur geschehen durch den Einfluss amerikanischer Diplomatie und durch die Bekräftigung seiner Sicherheitsversprechen“, so der Außenminister. „Gleichzeitig bekommt Amerika mehr, wenn es die Bürde regionaler Stabilität an ein stärkeres Team von zuverlässigen und willigen Partnern ausgliedert.“

Wettrüsten im Nahen Osten?

Ob dies schon ein Vorbote auf eine neue regionale Sicherheitsarchitektur, eine nahöstliche „Nato“ oder gar einen postamerikanischen Nahen Osten ist, wird erst die Zeit zeigen. In Erwartung der Wiederaufnahme von Atomverhandlungen mit Iran nach der Wahl in Amerika verlangte Bin Zayed jedenfalls eine direkte Beteiligung der Golfstaaten, die es 2015 noch nicht gegeben hatte. Und deutete Verhandlungsbereitschaft an, zumal Iran und die Emirate nur wenige Seemeilen trennt und die wirtschaftlichen Verbindungen vor allem nach Dubai nie abgebrochen wurden. Durch das Abkommen mit Israel hat sich Abu Dhabis Status in Washington erhöht, was der emiratische Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten Anwar Gargash am Dienstag bekräftigte.

Israel, das mit den Emiraten schon seit vielen Jahren militärtechnologisch und geheimdienstlich kooperiert, ist bereit, Abu Dhabi für dessen Anerkennung und Kooperation gegen gemeinsame Gegner den Kauf hochmoderner amerikanischer Waffen zu ermöglichen. Dies betrifft vor allem das Kampfflugzeug F-35 sowie eines zur elektronischen Kampfführung, die in der Region bislang nur die Israelis besitzen und die Trump auch aus Geschäftsinteresse an den Mann bringen will. Das ist ein Preis, den Netanjahu zu zahlen bereit ist, was einige israelische Politiker und Militärs kritisieren. „Wir werden das klären“, sagte Trump dazu.