MESOPOTAMIA NEWS : JUPITER MACRON EIN PAPIERTIGER / OHNE MERKELS & SCHOLZ‘ MOOS NIX LOS

«France is back!» – Wirklich? – 14März 2018  NEUE ZÜRCHER ZEITUNG

Präsident Macron setzt sich als grossartiger Reformer für Frankreich und Europa in Szene. Laut einem führenden Forschungsinstitut hat sich aber die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs weiter verschlechtert. Anfang vergangener Woche hatte Präsident Emmanuel Macron die Chefs von 140 multinationalen Unternehmen im grandiosen Schloss des Sonnenkönigs Louis XIV. in Versailles empfangen, um diese von Investitionen in der zweitgrössten Wirtschaft der Euro-Zone zu überzeugen. Nach dieser Konferenz, die mit einem vom Starkoch Alain Ducasse zubereiteten Diner in der Galerie des Batailles abgerundet wurde, flog der Staatschef zum WEF in Davos, wo er sich erneut als erfolgreicher radikaler Reformer zum Wohle nicht nur Frankreichs, sondern auch Europas verkaufte und mit viel Charme und jugendlichem Elan proklamierte: «France is back.»

Frankreich als Vorbild für EU?

In Davos schien Macron bei den Wirtschaftskapitänen recht gut anzukommen und die politisch angezählte deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu überstrahlen. In wirtschaftsliberalen Kreisen im eigenen Land sorgte dieser Erfolg jedoch für nicht wenig Kopfschütteln. Bei liberalen hiesigen Denkfabriken wie Ifrap oder Ires vertritt man die Ansicht, dass Macron und seine Regierung schon recht dick auftrügen, wenn sie die bisherigen Reformen im Arbeitsrecht oder im Steuerwesen als radikal darstellten. Diese Neuerungen seien doch eher behutsame und noch längst nicht ausreichende Schritte in die allerdings richtige Richtung.

Im Besonderen sei Macron, was auch schon die EU-Kommission bemängelt habe, vor einer mutigen Eindämmung der massiven Staatsausgaben von 56% des Volkseinkommens zurückgeschreckt. Dabei wäre dies der Schlüssel dazu, die im EU-Vergleich rekordhohe Steuerquote von 48% und die fast schon 100% des Bruttoinlandprodukts (BIP) ausmachende Staatsverschuldung nachhaltig zu reduzieren. Und ein Kommentator der liberalen Publikation «Contrepoints» ärgerte sich dieser Tage darüber, dass Macron in Davos, vielfach leider unbemerkt, eine Übertragung des französischen Sozialmodells und seines Etatismus auf Europa propagiert habe, was doch für Länder wie Deutschland überhaupt nicht akzeptabel sein könne.

Am Dienstag schien Macron aber erneut punkten zu können, als das Statistikamt Istat mitteilte, dass das französische BIP 2017 real um 1,9% zugelegt habe, gegenüber einer Expansion von 1,1% im Vorjahr. Dieses seit 2011 stärkste Wachstum war dabei nicht zuletzt der erstarkten Investitionstätigkeit der Unternehmen zu danken. Und eine im letzten Dezember vom Umfrageinstitut Ipsos durchgeführte Erhebung ergab, dass auch eine deutliche Mehrheit ausländischer Firmenchefs Frankreich nicht zuletzt dank Macron als wieder attraktiver einordnet.

Eine neue Studie des Forschungsinstituts Coe-Rexecode hat demgegenüber eruiert, dass die wirtschaftliche Erholung und die gestärkte Zuversicht der Unternehmen bis anhin weitgehend ein konjunkturelles Phänomen seien, im Einklang mit dem allgemeinen Aufschwung in der Weltwirtschaft. Dabei weist das dem französischen Unternehmerverband nahestehende Institut warnend darauf hin, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs 2017 erneut verschlechtert habe, woraus sich auch ein weiterhin grosser Reformbedarf ableiten lasse.

Güter von mediokrer Qualität

Laut Coe-Rexecode hat sich der Anteil der französischen Ausfuhren an jenen aller Euro-Zonen-Länder von 13,2% auf 12,9% reduziert, nachdem er 2000 noch bei 17% gelegen habe. Deutschland konnte den Marktanteil seit 2000 von 26,5% auf 29,2% ausbauen, während Spanien und die Niederlande ihre Position hielten. Vor allem wegen dieser relativ schlechten Exportentwicklung hat sich auch das Leistungsbilanzdefizit 2017 weiter erhöht, nämlich von 0,9% auf 1,1% des BIP.

Zwar haben sich die Lohnstückkosten in der französischen Wirtschaft seit 2012 dank der Senkung der Abgabenlasten durch den sozialistischen Präsidenten François Hollande weniger stark erhöht als in Deutschland (+5,4% gegenüber +11,4% in Deutschland und +7,1% in der Euro-Zone). Doch reichte das laut Coe-Rexecode bei weitem nicht aus, um den seit 2000 kumulierten Rückstand wettzumachen (29% höhere Lohnstückkosten in Frankreich gegenüber 18,9% in Deutschland). Schliesslich weist das Forschungsinstitut darauf hin, dass französische Exportprodukte gemäss einer Umfrage bei europäischen Importeuren nur als qualitativ mittelmässig gälten und unter einem ungünstigen Preis-Leistungs-Verhältnis litten.

https://www.nzz.ch/wirtschaft/france-is-back-wirklich-ld.1352757