MESOP NEWS “WIEDERGUTMACHUNG” AUCH UNTER WASSER: DEUTSCHE U-BOOTE – KORRUPTION & NETANJAHU

Netanjahu in Not Champagner & U-Boote

Benjamin Netanjahu muss sich immer mehr Kritik aus den eigenen Reihen anhören. Nun wird gegen den israelischen Ministerpräsidenten auch noch offiziell ermittelt. Kronzeuge könnte ein ehemaliger Mitarbeiter werden.

04.08.2017, von Jochen Stahnke, Tel Aviv  – FAZ  – Benjamin Netanjahu verlebt keinen angenehmen Sommer. Das Einlenken in der Tempelberg-Krise mit dem Abbau der Metalldetektoren hat ihm in den Reihen der eigenen Koalition scharfe Kritik eingebracht.Selbst Netanjahus bisheriges Haus- und Hofblatt, die von dem amerikanischen Milliardär Sheldon Adelson bezahlte Gratispostille „Israel Hayom“, lobte nicht etwa die erfolgreiche Deeskalation, sondern schrieb von einer „Flucht vom Tempelberg“.

Am Donnerstagabend gab die israelische Polizei nun zum ersten Mal öffentlich bekannt, dass gegen den israelischen Ministerpräsidenten wegen „Bestechlichkeit, Betrug und Vertrauensbruch“ ermittelt werde. Und am Freitag verpflichteten die Strafbehörden Netanjahus früheren Stabschef Ari Harow als Kronzeugen, gegen den selbst wegen Korruption ermittelt wird. Harow könnte dem Regierungschef gefährlich werden.

Zunächst geht es um zwei getrennte Fälle: Einmal um die Annahme teurer Geschenke wie Schmuck, Champagner und Zigarren reicher Gönner des Hauses Netanjahu. Zum anderen geht es um die Geheimverhandlungen zwischen Netanjahu und dem Verleger der größten kostenpflichtigen israelischen Zeitung „Yedioth Ahronot“. Netanjahu soll dem Verleger versprochen haben, die Auflage von „Israel Hayom“ verringern zu lassen, wenn die zentristische „Yedioth Ahronot“ ihre Berichterstattung über ihn, den Ministerpräsidenten, positiver gestaltet. Nichts davon ist eingetreten. Doch immer mehr Einzelheiten über diese Geheimverhandlungen kommen heraus. Eine Aufnahme von Teilen der Gespräche hat ausgerechnet Harow mit seinem Mobiltelefon angefertigt.

Ermittler waren auf den Mitschnitt gestoßen, nachdem sie das Telefon des früheren Stabschefs im Rahmen eines weiteren Verfahrens konfisziert hatten. Harow wird vorgeworfen, den Verkauf seiner zwei Consulting-Firmen bloß vorgetäuscht zu haben, als er 2014 aus der Privatwirtschaft wieder zurück in das Büro Netanjahus gewechselt war. Indem er sich als Kronzeuge verpflichtet, hat Harow statt einer Gefängnisstrafe eine hohe Strafzahlung zu erwarten.

Netanjahu bestreitet, in den Handel direkt involviert gewesen zu sein

Wie „Yedioth Ahronot“ am Freitag berichtete, könnte Harow auch im Verfahren um den Kauf deutscher Unterseeboote aussagen, bei dem Bestechungsgelder geflossen sein sollen. Das Verfahren hat bereits zur Festnahme einiger der engsten Vertrauten Netanjahus geführt. Unter ihnen ist dessen Cousin und langjähriger Anwalt David Shimron, der Verhandlungen mit Thyssen Krupp im Namen des israelischen Staates führte. Vor Tagen hatte sich bereits der damalige Vertriebsrepräsentant von Thyssen Krupp, Miki Ganor, zum Kronzeugen in der Sache erklärt, um einer härteren Strafe zu entgehen. Shimron hatte auch Ganor anwaltlich vertreten.

Netanjahu bestreitet, in den Handel direkt involviert gewesen zu sein. Am Donnerstag wies sein Büro sämtliche „gegenstandslosen“ Korruptionsvorwürfe zurück. „Die Menschenjagd, um die Regierung auszuwechseln, ist in vollem Gange, aber sie wird aus einem simplen Grund scheitern: Es wird nichts herauskommen, weil nichts war.“ Bislang weiß Netanjahu die Spitze seiner Partei hinter sich. Der letzte große parteiinterne Widersacher, der damalige Verteidigungsminister Moshe Yaalon, war im vergangenen Jahr aus Protest gegen den U-Boot-Kauf zurückgetreten und hatte sein Abgeordnetenmandat niedergelegt.

Doch seit Donnerstagabend weist die Mauer der Netanjahutreuen auch unter den aktiven Likud-Abgeordneten einen ersten Riss auf. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Avi Dichter, sagte im Radio, es sei für Ministerpräsidenten üblich, „von ihrer Position zurückzutreten, wenn sie angeklagt werden“. Der Koalitionsvorsitzende David Bitan erwiderte sofort, selbst eine Anklage in solch „geringfügiger“ Sache würde zu keinem Rücktritt führen. Auch Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit sehen manche als wenig erpicht darauf, den Ministerpräsidenten anzuklagen. Bis Anfang 2016 war Mandelblit noch Kabinettssekretär unter Netanjahu.

Wie es um die Stimmung im Hause Netanjahu bestellt ist, erfährt die Öffentlichkeit üblicherweise von Sohn Jair, der mit 26 Jahren noch zu Hause wohnt, also in der Residenz des Ministerpräsidenten. Auf Facebook beantwortete er einen gegen die Familie Netanjahu gerichteten Beitrag der friedensbewegten Denkfabrik Molad jüngst mit einer Hasstirade gegen „alle Mitglieder des Fonds zur Zerstörung Israels und seiner Metastasen“, für die er nur eine Botschaft habe: Es folgten die Symbole eines ausgestreckten Mittelfingers und eines Kothaufens.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/tempelberg-krise-ermittlungen-gegen-netanjahu-15136876.html