MESOP NEWS “mene tekel” : Die Erklärung des totalen Kriegs – Das Ende der Geduld von Thomas Tartsch (Schlaglichter)

Aufruf zu Anschlägen in westlichen Metropolen im Ramadan, an-Nashir Media/ DAESH – Quelle: Telegram Messenger, 03.06.2017

Ohne Übertreibung kann man inzwischen von einer „totalen Kriegserklärung gegenüber allen Europäern“ sprechen, da keine Tabus und Hemmungen mehr bezüglich des Zielspektrums von Anschlägen existieren.

Das hat die Schächtung eines 86-jährigen katholischen Priesters im Juli 2016 in während einer Geiselnahme in einer Kirche in Rouen (Frankreich) durch zwei DAESH Anhänger gezeigt. Eine Tat, die schnell aus der medialen Berichterstattung verbannt wurde, obwohl kurz vorher im Internetmagazin Rom christliche Geistliche zu legitimen Zielen erklärt worden waren.

Auch der Anschlag in London war nicht nur auf die Erzielung einer hohen Opferzahl ausgelegt sondern auch auf eine besonders blutige Tatausführung. Zum einen, um globale Berichterstattung zu bewirken, da die Salafi Dschihadis im Gegensatz zu terroristischen Gruppierungen wie der IRA nicht nur viel Aufmerksamkeit erzielen sondern dabei auch möglichst viele Menschen töten wollen, wie der Terrorismusforscher Brian Michael Jenkins in einem bekannten Statement festgestellt hat. Zum anderen, um vor den anstehenden Parlamentswahlen die bestehenden ethnisch-religiösen Bruchlinien in der britischen Gesellschaft zwischen Muslimen und Nichtmuslimen weiter zu vertiefen, da terroristische Akte auch eine Form psychologischer Kriegsführung im Rahmen strategischer Kommunikation darstellen. Kurzfristig soll Angst und Schrecken erzeugt werden, mittel- bis langfristig soll die Weltsicht der vorgeblichen Feinde der Salafi Dschihadisten verändert werden.

Unwissenheit, Konfliktscheu, Ignoranz und Friedfertigkeit

Auf der objektiven Ebene kann kein Anschlag der Salafi Dschihadis eine verfasste Ordnung in ihren Grundfesten erschüttern.

Auf der subjektiven Ebene haben die Salafi Dschihadis hingegen ihr Ziel erreicht, weil die Anschläge seit 2015 zu einer Entsicherung des Lebensgefühls weiter Bevölkerungskreise in Europa geführt haben. Das Vertrauen in die staatliche Autorität erodiert, da man dem Staat als Inhaber des Monopols physischer Gewaltsamkeit (Max Weber) nicht mehr zutraut, Sicherheit und ein friedliches Leben zu garantieren.

Das kann der Staat auch gar nicht, da es keine 100% Sicherheit gibt. Man muss den politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen aber vorwerfen, über Jahre hinweg aus Unwissenheit, Konfliktscheu, Ignoranz und weltfremder propagierter Friedfertigkeit die sich herausbildenden Konflikt- und Gewaltpotentiale in den muslimischen Communities nicht thematisiert und bearbeitet zu haben.

Ich kann mir diese Einschätzung erlauben, da ich schon im Mai 2011 im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung vor dem Konflikt- und Gewaltpotential der salafistischen Vereinigung Die Wahre Religion (DWR) gewarnt habe, die dann Ende 2016 in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegt wurde. Unter anderem, weil sich DWR zum Sammelbecken für dschihadistische Islamisten entwickelt hatte, die auch durch die Koranverteilungskampagne LIES! rekrutiert wurden.

Diese Gefährdungseinschätzung wurde damals an politische und gesellschaftliche Multiplikatoren versandt. Als Antwort bekam ich zu 95% keine Reaktion und zu 5% allgemeine Floskeln. Das Ergebnis dieser Ignoranz erlebte ich dann im September 2013 in Dortmund, wo ein Prediger aus dem Umfeld von DWR offen zur Teilnahme am gewaltsamen Dschihad in Dortmund aufrufen konnte. Und das ist nur ein Beispiel von vielen die zeigen, warum Europa als „weicher Bauch des Westens“ (Gilles Kepel) da steht, wo es steht:

Im Fadenkreuz des Salafi Dschihadismus, der auch die nächsten Jahre beständig Anschläge ausüben wird, wobei es inzwischen unerheblich ist, ob Gruppierungen wie al-Qaidah und DAESH existieren, da sich diese Form des religiös unterfütterten Terrorismus inzwischen in Teilen der muslimischen Communities durch reale Netzwerke und dem E-Jihad in jedem europäischen Land als selbsterfüllende Prophezeiung fest implantiert hat. Gleichzeitig hat sich die soziale Alltagsrealität verändert, da die Angst vor Anschlägen längst zu Verhaltensänderungen der Menschen führen, womit sich objektiv gegebene Gefährdungslage und subjektiv empfundenes Sicherheitsgefühl immer weiter entkoppeln.

Kurskorrektur oder Niederlage

Dieser Prozess ist unumkehrbar, weil inzwischen eine vollständige Bekämpfung des Salafi Dschihadismus nicht mehr möglich ist. Der Zug ist für Deutschland und Österreich schon 2010 abgefahren. Auch Großbritannien mit rund 3000 dschihadistischen Gefährdern bekommt das Problem nicht mehr in den Griff, während die jeweiligen amtierenden Regierungen seit den Anschlägen von London 2005 immer mehr Freiheitsrechte zugunsten von immer mehr Überwachung einschränkten. Was die dschihadistischen Milieus nicht davon abhielt, weiter Metastasen auszubilden, die heute das Land wie ein einziges Krebsgeschwür überziehen.

Inzwischen ist bei vielen Menschen das Ende der Geduld erreicht, die sich immer weniger von Diskussionsverboten beeindrucken lassen, die durch inhaltsleere und moralinsaure Kampfbegriffe wie „Islamophobie, Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus“ gegen jegliche Kritik imprägniert wurden.

Nun führt in offenen Gesellschaften kein Weg daran vorbei, die bestehenden Konflikt- und Gewaltpotentiale, die sich durch die islamische Religion und deren immanente theologisch-juristischen Lehren legitimieren, zu benennen und analytisch kühl zu sezieren, um weitere Anschläge durch Prävention, Intervention und Repression soweit wie möglich zu verhindern. Wobei man sehr wohl den Unterschied zwischen Islam als Religion und Islam als direkt von Allah stammende Aufforderung, die Welt durch gewaltlosen und gewaltsamen Dschihad zu unterwerfen, kennt. Ohne dabei in die Extreme Relativierung und Generalisierung zu verfallen, die derzeit den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen.

Gelingt diese notwendige Korrektur nicht, kann man in Zukunft, wie am Ende eines Dramas von Shakespeare, die Opfer dschihadistischer Anschläge stapeln, während das für die staatliche Autorität existentielle Grundvertrauen zwischen den auf Zeit Regierunden und den Regierten beständig erodiert. Und der gesellschaftliche Zusammenhalt zerfällt entlang ethnisch-religiöser Bruchlinien, womit die Salafi Dschihadis am Ende gewinnen werden.

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