MESOP MIDEAST WATCH: HERR KRAH VON DER AfD ABER FAVORISIERT ERDOGAN! Deutsche Vereine stellen Strafanzeige gegen Erdogan – wegen Kriegsverbrechen in Nordsyrien
Deutsche Vereine stellen Strafanzeige gegen Erdogan
Der Generalbundesanwalt soll gegen den türkischen Staatschef wegen Angriffen auf kurdische Einrichtungen ermitteln. Die Erfolgschancen der Initiative sind gering – dementsprechend kurz fällt auch die Strafanzeige aus. Christian Rath RND NEWSLETTER 02.11.2024,
Berlin. Zwei deutsche Vereine haben gemeinsam Strafanzeige gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen Kriegsverbrechen in Nordsyrien erhoben. Sie fordern Generalbundesanwalt Jens Rommel auf, gegen den türkischen Staatschef sowie gegen sechs weitere türkische Minister, Militärs und Geheimdienstchefs zu ermitteln.
Hinter der Strafanzeige stehen das Netzwerk Kurdischer Akademiker:innen (KURD-AKAD) und der Rechtshilfe-Verein für Demokratie und internationales Recht (MAF-DAD). Neben Erdogan wurde unter anderem auch Verteidigungsminister Yasar Güler und Außenminister Hakan Fidan angezeigt.
Der RND-Newsletter 3.11-24
Sie werden für über 200 Luftangriffe auf kurdisch kontrollierte Gebiete im Nordosten Syriens verantwortlich gemacht, die zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 stattfanden. Insbesondere Einrichtungen der zivilen Infrastruktur und der medizischen Versorgung seien angegriffen worden. Namentlich benannt wurden Angriffe auf zwei Medical Center in der Stadt Kobane.
Kein Selbstverteidigungsrecht der Türkei
Die Anzeigenerstatter um die Bochumer Rechtsanwältin und MAF-DAD-Vorsitzende Heike Geisweid weisen die türkische Rechtfertigung der Angriffe zurück. Es könne hier kein Selbstverteidigungsrecht der Türkei geben, weil die kurdischen Kräfte in den autonomen Regionen Nordost-Syriens den türkischen Staat gar nicht angreifen. Dagegen seien Angriffe auf Kliniken, wie sie jetzt der Türkei vorgeworfen werden, generell verboten und müssten als Kriegsverbrechen bestraft werden.
Heike Geisweid (von links nach rechts), Dersim Dagdeviren und Ilham Ehmed von den Vereinen Kurd-Akad und Maf-Dad haben Strafanzeige gegen Erdogan wegen Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen in Nordsyrien gestellt.
Tatsächlich geht die Türkei schon lange gegen die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen im Norden Syriens vor. Die Türkei unterstellt ihnen eine enge Verbindung zur terroristischen Arbeiterpartei Kurdistans PKK. Außerdem versucht die Türkei, im Norden Syriens eine Sicherheitszone einzurichten, um dort Syrer anzusiedeln, die in den letzten Jahren in die Türkei geflohen waren.
Weltrechtsprinzip erlaubt Anklage
Das deutsche Völkerstrafgesetzbuch erlaubt grundsätzlich die deutsche Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, die im Ausland stattfanden und an denen weder deutsche Täter noch deutsche Opfer beteiligt waren. Hier gilt das so genannte Weltrechtsprinzip. Allerdings kann die Bundesanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen, „wenn sich der Beschuldigte nicht im Inland aufhält und ein solcher Aufenthalt auch nicht zu erwarten ist“ (Paragraf 153f
Bei früheren Strafanzeigen des Vereins MAF-DAD war das noch anders. 2011 wurde eine 109-seitige Strafanzeige gegen Erdogan gestellt, in der schwere Menschenrechtsverletzungen dokumentiert waren, etwa extralegale Hinrichtungen. Die Strafanzeige von 2016 befasste sich auf sogar 206 Seiten mit Straftaten während einer Ausgangssperre in der kurdischen Stadt Cizre. Doch auch diese ausführlicheren Strafanzeigen hatten soweit ersichtlich nichts bewirkt. Erdogan konnte später jeweils unbehelligt nach Deutschland reisen und das Land auch wieder verlassen.