MESOP DOCUMENTS : Menschenrechtsberichte der Menschenrechtstiftung der Türkei (TIHV) vom Februar 2017 ins Deutsche übersetzt sowie einige ergänzende Berichte des DTF für den Februar 2017.

Demokratisches Türkeiforum – Meldungen im Januar 2017 – Die folgenden Nachrichten wurden im Januar 2017 vom DTF erfasst und übersetzt.

Notstand
Notstandsverordnung bezüglich einiger Maßnahmen im Rahmen des Notstands
Notstands-VO Nr. 680
Art. 75 -Im Gesetz Nr. 5901 -Staatsangehörigkeitsgesetz vom 29.5.2009 wird dem Art. 29 der folgende Absatz angefügt:

 


(2) Soweit sich Staatsangehörige, gegen die nach den Art. 302, 309, 310, 311, 312, 313, 314 und 315 ermittelt wird, nicht erreicht werden können, weil sie sich im Ausland befinden, wird dieser Sachverhalt von der Staatsanwaltschaft bzw. im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vom Gericht dem Ministerium mitgeteilt mit dem Ziel, dass diese 3 Monate nach der Mitteilung ihrer Staatsangehörigkeit verlustig erklärt werden. Diese Personen werden auf Vorschlag des Ministeriums durch den Ministerrat ihrer Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt, wenn sie drei Monate nach einer Rückkehraufforderung in der Resmî Gazete nicht ins Heimatland zurückkehren.
Dauer der Polizeihaft verkürzt
BİA Haber Merkezi, 23.01.2017
Heute wurde im Amtsblatt das Dekret Nr. 684 veröffentlicht, durch das während des Notstandes die Dauer der Polizeihaft geändert wird. Die bisherige Dauer betrug bis zu 30 Tagen, ab jetzt beträgt sie für Festgenommene 7 Tage und kann auf Forderung des Staatsanwaltes um weitere 7 Tage verlängert werden. Ausgenommen von der Änderung sind diejenigen, die vorher festgenommen wurden. Für sie gilt weiterhin eine Dauer der Polizeihaft bis zu 30 Tagen.
Die Zeitdauer von 5 Tagen, nach der Zugang zu einem Anwalt zugelassen wird, wird aufgehoben.
Festnahmen
7 wegen öffentlicher Erklärung für Säkularismus festgenommene Studenten freigelassen
BIA News Desk, 05.01.2017
Mitglieder des Studenten-Kollektivs hatten am 4. Januar auf dem Campus der Dokuz Eylül Universität in İzmir eine Erklärung des Volkshauses verlesen, in der Säkularismus gefordert wird. Sicherheitskräfte haben sie geschlagen und aus der Cafeteria vertrieben, danach haben Polizisten sie geschlagen und festgenommen. Sie wurden beim Sicherheitsdirektorat festgehalten. Am 5. Januar wurden 7 Studenten freigelassen, zwei Mitglieder des Volkshauses, Hamit Dışkaya und Ayşegül Başar wurden in U-Haft genommen. Als Grund wird ihr Aufruf zum Säkularismus genannt.
Festnahme des Modedesigners und LGBTI-Aktivisten Barbaros Şansal
Urgent Action von Amnesty International, 09.01.2017
Der Modedesigner und LGBTI-Aktivist Barbaros Şansal wird in der Türkei wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit in Untersuchungshaft gehalten. Ihm wird vorgeworfen, in der Silvesternacht in einer Videobotschaft und einer Twitter-Nachricht “die Öffentlichkeit zu Hass oder Feindseligkeit angestiftet” zu haben. Er wurde am 1. Januar im Nordteil der Insel Zypern festgenommen und tags darauf an die Türkei ausgeliefert. Als er in Istanbul aus dem Flugzeug stieg, wurde er tätlich angegriffen bevor ihn die türkische Polizei festnahm. Amnesty International erfuhr am 4. Januar von seinem Rechtsbeistand, dass Barbaros Şansal durch den Angriff Schnitte und Prellungen davongetragen habe und dass der Vorfall bisher nicht strafrechtlich untersucht werde. Der Rechtsbeistand erklärte, dass das Unternehmen, für das die Verantwortlichen arbeiten, ein Disziplinarverfahren gegen drei Personen angekündigt habe, nachdem ein Video des tätlichen Übergriffs ins Internet gestellt wurde.
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Festnahmen und Inhaftierungen von HDP-Mitgliedern
Demokrat Haber, 31.01.2017
Nach Informationen der HDP wurden in den letzten 6 Monaten 4.966 Mitglieder der Partei festgenommen und 1.478 in U-Haft genommen. Seit Juli 2015 bis jetzt wurden 35 Co-Vorsitzende von Provinzen und 97 Co-Vorsitzende von Distrikten inhaftiert.
Noch im Dienst seien 26 Co-Vorsitzende von Provinzen, 82 Co-Vorsitzende von Distrikten, ein Co-Vorsitzender eines Ortes und 3 Vorstandsmitglieder, 4 Parlamentsabgeordnete und mehr als 750 Vorstandsmitglieder von Provinzen und Distrikten.
Folter und Misshandlung
Wenn die Polizei Ihnen droht oder Sie schlägt, können Sie nichts tun
ODATV.com, 5.01.2017 15:59
Die Staatsanwaltschaft Trabzon hat im Fall einer Person, die angezeigt hatte, sie sei von der Polizei bedroht und geschlagen worden, einen skandalösen Beschluss gefasst: Im Rahmen der Notstandsverordnung Nr. 667 Artikel 9 gebe es ein Verbot für Ermittlungen gegen diejenigen, die im Rahmen dieser Verordnung Entscheidungen treffen und Aufgaben ausführen, da sie keiner rechtlichen, disziplinarischen oder strafrechtlichen Verantwortung unterliegen.
Nach Folter in Polizeihaft zweiter Krankenhausaufenthalt wegen Hirnblutung
Özgürlükçü Demokrasi, 30.01.2017
Am 18. November 2016 hatten Soldaten und Polizisten im Distrikt Ercis in der Provinz Van angezündet, dabei verbrannte Hediye Ataman (f). Ihr Mann Ahmet Ataman wurde verhaftet und in ein Gefängnis überstellt.
Ihr Schwager Halit Ataman (37 J) und zwei Angehörige wurden festgenommen und einen Tag in der Sicherheitsabteilung festgehalten. Ataman berichtete, dass er seit den Schlägen in der Polizeihaft ständig Kopfschmerzen hatte. Im Krankenhaus in Van wurde eine Hirnblutung festgestellt und er war tagelang auf der Intensivstation. Am 6. Januar wurde er aus dem Krankenhaus entlassen.
Am 29. Januar 2017 ging er wegen Kopfschmerzen wieder in ein Krankenhaus, eine erneute Hirnblutung wurde festgestellt und eine Notoperation wurde durchgeführt.
Der Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung Verdächtige
Haftbefehle gegen 380 Geschäftsleute
Cumhuriyet, 05.01.2017
Die Staatsanwaltschaft Istanbul hat gegen 380 Geschäftsleute unter der Beschuldigung die Gülen-Bewegung finanziell unterstützt zu haben, Haftbefehl erlassen. In 35 Provinzen wurden Operationen durchgeführt.
Erneut Tausende entlassen
AFP, 07.01.2017
Mehr als 100.000 Personen wurden bereits seit dem Putschversuch im Juli entlassen oder inhaftiert, weil sie Beziehungen zu den Putschisten haben sollen. Infolge des letzten Dekrets, das am letzten Freitag erlassen wurde, wurden 2.687 Polizisten entlassen. 1.699 Beamte wurden aus dem Justizministerium entfernt, daneben 838 Gesundheitsbeamte und Hunderte aus anderen Ministerien. 631 Akademiker und acht Mitglieder des Staatsrates wurden ebenfalls entlassen.
Im Gülen-Verfahren Haftbefehle gegen 105 Frauen von Militärangehörigen
Hürriyet Daily News, 05.01.2017
Staatsanwälte in Ankara erließen am 5. Januar 2017 gegen 105 Frauen von Militär-Personal Haftbefehle unter dem Verdacht, sie hätten bei dem Putsch-Versuch am 15. Juli eine Rolle gespielt und wegen Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung. Die Frauen werden beschuldigt, die Bewegung finanziell unterstützt und enge Kontakte zu führenden Mitgliedern der Bewegung zu haben. Sie hätten Geld über die Bank Asya überwiesen, die vom Staat wegen ihrer Beziehung zu der Bewegung beschlagnahmt wurde.
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Die Verdächtigen werden u.a. auch beschuldigt, Fragen zu den KPSS-Examen (Prüfung für die Universitätszulassung) erhalten zu haben, bevor die Prüfungen stattfanden.
350 Diplomaten wegen Beziehung zu Gülen entlassen
Hürriyet Daily News, 06.01.2017
Außenminister Çavuşoğlu hat auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Sezgin Tanrikulu geantwortet, dass seit dem Putschversuch im Juli 2016 350 Diplomaten wegen Beziehungen zur Fethullahistischen Terror Organisation (FETÖ) entlassen wurden. Aufgrund der Dekrete 667, 672 und 675 wurden vom 16. Juli bis 7. November 2016 408 im Außenministerium angestellte Personen aus dem Dienst entlassen, darunter 350 Diplomaten und 58 andere Angestellte. Unter den Entlassenen sind die ehemaligen Botschafter bei der UNESCO, Gürcan Balık; für Canada, Tuncay Babalı; und für Costa Rica, Ali Fındık. Balık, Babalı und Fındık wurden in U-haft genommen.
UN Gericht fordert von Türkei inhaftierten Richter freizulassen
Hurriyet Daily News, 31.01.2017
Der Richter Aydın Sefa war einer von 41.000 Personen, die nach dem fehlgeschlagenen Putschversuch vom 15. Juli 2016 inhaftiert wurden. Er ist einer der fünf Richter bei dem Berufungsverfahren gegen den ehemaligen Minister von Ruanda Augustin Ngirabatware, der wegen seiner Rolle beim Genocid in Ruanda von 1994 zu dreißig Jahren Haft verurteilt wurde. Der Fall von Ngirabatware wird am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haaag verhandelt.
Der Vorsitzende Richter Theodor Meron hat geäußert, dass diplomatische Immunität (für Richter) ein Eckpfeiler der unabhängigen internationalen Gerichtsbarkeit ist, wie sie von den Vereinten Nationen vorgesehen ist. Er hat den Vorschlag, Akay zu ersetzen, um den Prozess fortsetzen zu können, zurückgewiesen. Dies würde eine Einmischung nationaler Behörden in den Verlauf von Verfahren und die Ausübung richterlicher Funktionen zulassen.
Der Internationale Gerichtshof forderte am 31. Januar 2017, dass die Türkei alle rechtliche Verfahren gegen den Richter Aydın Sefa Akay einstellt und alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um seine Freilassung sicherzustellen, nicht später als am 14. Februar 2017.
Akay hat jede Beziehung zu Fethullah Gülen zurückgewiesen.
Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, beschuldigen die Staatsanwälte Akay, eine Schlüsselfigur in einer Freimaurerloge mit Bindung zu Gülen zu sein.
Gerichts- und Ermittlungsverfahren
Freilassung trotz 16 Jahre Haftstrafe wegen sexueller Ausnutzung eines Kindes
Cumhuriyet, 21.01.2017
Ein 73jähriger Geschäftsmann, der wegen sexueller Ausnutzung eines Kindes zu 16 Jahren und 10 Monaten Haftstrafe verurteilt worden war, wurde am 14. Dezember 2016 freigelassen.
Nachrichten zufolge wurde C.O., die 11-jährige Tochter einer auf einem Bauernhof arbeitenden Frau moldawischer Staatsangehörigkeit, im Jahr 2011 von dem 73jährigen Geschäftsmann A.Ö. sexuell ausgenutzt. A.Ö. wurde verhaftet aber nach 2 Monaten unter rechtlichen Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Das Gerichtsverfahren dauerte 5 Jahre. Da die Gerichtsmedizin feststellte, dass die psychische Gesundheit des Kindes zerstört ist, wurde A.Ö. zu einer Haftstrafe von 16 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Da der Vorfall in der Presse bekannt wurde, wurde A.Ö. im Oktober wieder verhaftet. Nach dem Einspruch gegen das Urteil wurde A.Ö. am 14. Dezember 2016 von dem Berufungsgericht freigelassen. Das Verfahren wird am 3. Februar 2017 fortgesetzt.
Der Vater des Kindes, der von der Freilassung nicht informiert war, war geschockt, als er dem Geschäftsmann auf der Straße begegnete. Er sagte, während seine Tochter dazu verurteilt sei, zuhause zu bleiben, könnte der Täter weitere Kinder sexuell ausnutzen. Der Täter sei nur 3 Monate im Gefängnis gewesen. Wie könnten sie da auf das Recht vertrauen?
Ermittlungen gegen 433 Filmschaffende
Al Monitor, 19.01.2017
2016 hatten Akademiker einen Friedensaufruf unterzeichnet. Gegen sie wurden Ermittlungen eingeleitet wegen „Beleidigung“ und „Terror-Propaganda“. Jetzt wurde gegen 433 Filmschaffende, die die Akademiker
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unterstützt hatten, Ermittlungen eingeleitet wegen „Loben von Straftätern“. Da bis jetzt keiner der Akademiker rechtskräftig verurteilt wurde, gibt es eigentlich noch keinen Straftäter…
Ermittlungen gegen 18 Anwälte
Demokrat Haber, 31.01.2017
Gegen 18 Anwälte, die in Istanbul eine Protestaktion wegen der Ausgangssperren in Cizre und der Todesfälle von Zivilisten durchgeführt hatten, wurden Ermittlungen eingeleitet. Sie werden der „Propaganda für eine Organisation“ und des „Verstoßes gegen das Demonstrationsrecht (Artikel 2911) beschuldigt.
Gleiche Beschuldigung – verschiedene Urteile
Cumhuriyet, 13.02.2017
Der wegen der Beschuldigung „Beleidigung des Staatspräsidenten“ im Oktober 2015 verhaftete Journalist Bülent Keneş wurde von dem Richter Atila Öztürk der 8. Kammer des Strafgerichts Istanbul freigelassen, weil diese Straftat nicht in den Katalog der Straftaten nach Art. 100 TStPO gehöre, bei denen Untersuchungshaft möglich ist. Im Fall des Journalisten Hüsnü Mahalli, der mit der gleichen Beschuldigung verhaftet wurde, entschied der Richter der 9. Kammer des Strafgerichtes Istanbul Mustafa Çakar, dass diese Straftat in dem Katalog enthalten sei. Der Richter, der den Leiter unserer (der Zeitung Cumhuriyet) Kantine Şenol Buran verhaftete, berief sich bei seiner Verhaftung auf den gleichen Artikel, ebenso der Richter Ömer Hasan, der Buran auf freien Fuß setzte. Derselbe Richter beschloss am Tag zuvor die Fortsetzung der Haft von Hüsnü Mahalli – ebenfalls unter Berufung auf diesen Katalog, der in Artikel 100 TStPO bestimmt wird. Dieser Artikel sagt in Absatz 3, dass wenn ein starker Verdacht für eine Straftat besteht, ein Grund für eine Inhaftierung gegeben ist.
Rechtsanwalt Özgür Urfa sagt, die Straftat der „Beleidigung des Staatspräsidenten“ stehe nicht in dem Katalog der Straftaten in Artikel 100 TStPO. Daher könne keine U-Haft verhängt werden. Das Strafmaß für „Beleidigung des Staatspräsidenten“ beträgt 1-4 Jahre. Im Fall einer Strafe bis zu 2 Jahren wird die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Untersuchungshaft sei in diesem Fall eine Methode, den Angeklagten im Voraus zu bestrafen.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
EGMR: Keine Verletzung des Rechts auf Leben im Fall Ceylan Önkol
BIA News Desk, 17.01.2017
Der EGMR hat über die Klage der Familie von Ceylan Önkol, die am 28. September 2009 im Alter von 12 Jahren infolge einer Explosion das Leben verlor, als sie im Distrkt Lice der Provinz Diyarbakir Schafe hütete, entschieden. Das Gericht sieht keine Verletzung des Rechts auf Leben und auf eine wirksame Untersuchung des Vorfalls.
Ihr Körper war am Tatort sechs Stunden lang liegen gelassen worden. Der Staatsanwalt kam erst nach drei Tagen an den Tatort – aus Sicherheitsgründen.
Amnesty International hatte im Jahresbericht 2010 über den Vorfall geschrieben:
Im September 2009 kam bei einer Explosion in der Kleinstadt Lice in Südostanatolien die Schülerin Ceylan Önkol ums Leben. Zeugen berichteten, sie habe Vieh in der Nähe der Gendarmeriestation Tapantepe geweidet, als eine Mörsergranate explodiert sei. Es kam weder zu einer Autopsie des Leichnams noch zu einer unverzüglichen Untersuchung des Vorfalls. Nach Angaben der Behörden konnte der Ort des Geschehens “aus Sicherheitsgründen” erst drei Tage nach dem Tod des Mädchens in Augenschein genommen werden.
EGMR: Türkei verurteilt wegen verdächtigen Todesfalles eines Wehrpflichtigen
BİA Haber Merkezi, 24.01.2017
Davut Cengiz, der aus Diyarbakır stammt, hatte im Oktober 2009 in Ankara den Wehrdienst begonnen und wurde im November 2009 nach Hatay-Kırıkhan geschickt. Sein Bruder Aydın Cengiz berichtete, dass er beim Militär als Bäcker Dienst getan habe und selbst keine Waffe gehabt habe, er könne deshalb keinen Selbstmord begangen haben. Er wandte sich am 8. März 2010 an den Menschenrechtsverein IHD und bat um Rechtsbeistand, weil sein Bruder von einem anderen getötet worden sein könne.
Die Staatsanwaltschaft Adana leitete Ermittlungen wegen des Todesfalles ein. Im Januar 2011 entschied sie, dass Cengiz Selbstmord begangen habe, es sei kein Beweismittel gefunden worden, dass er von jemand anderes getötet wurde. Die Familie Cengiz legte am Militärgericht Gaziantep Berufung ein, die zurückgewiesen wurde. Die Familie Cengiz wandte ich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), weil keine wirksame Untersuchung des Todesfalles durchgeführt worden sei.
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Die Türkei wurde zu einer Zahlung von 15.000 Euro Schmerzensgeld an die Mutter von Cengiz Halime Cengiz und acht Geschwister sowie 2.000 Euro für Gerichtskosten verurteilt.
2016 über 5000 Beschwerden am EGMR
DTJ-Online, 27. 01.2017
Nach dem Putschversuch in der Türkei haben die Klagen gegen das Land vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte massiv zugenommen. Die Zahl der Beschwerden sei 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 276 Prozent gestiegen, sagte Gerichtspräsident Guido Raimondi am Donnerstag in Straßburg. 5363 Beschwerden und damit über die Hälfte der Neueingänge betreffen den Putschversuch.
In zwei dieser Fälle hatte der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Kläger zunächst vor das Verfassungsgericht in Ankara ziehen müssen. Nach der ersten der beiden Kammerentscheidungen sei die Anzahl der Beschwerden erheblich zurückgegangen, sagte Raimondi. Er befürchtete allerdings einen Wiederanstieg, sollte das türkische Verfassungsgericht nicht bald über die zahlreichen Klagen gegen Verhaftungen und Entlassungen entscheiden.
Journalisten
2 Haupthindernisse für den Journalismus: Regierung und Rechtsprechung
BİA Haber Merkezi, 23.01.2017
Am 1. Januar 2ß17 sind 131 Journalisten im Gefängnis, 28 Personen einschließlich sieben Journalisten sind verdächtigt, „Erdogan zu beleidigen““, von 54 Journalisten wurde der Besitz beschlagnahmt, 12 Nachrichtensperren wurden erlassen, 24 Medien-Erzeugnisse wurden geschlossen.
Von den 131 Journalisten, die Anfang 2017 im Gefängnis waren, sind 81 angeblich von der Gülen-Bewegung und 31 von pro-kurdischen Medien. .
11 Journalisten von der Zeitung Cumhuriyet sind inhaftiert mit der Beschuldigung “Unterstützung oder Propaganda für FETÖ/PKK (Fethullahistische Terror Organisation/Kurdische Arbeiterpartei)”.
Fünf Journalisten sind im Gefängnis unter der Anklage, ”Mitglied einer illegalen Organisation” zu sein (MLKP, DHKP-C, TKEP/L,Widerstandsbewegung), und ein anderer ist im Gefängnis wegen Mitgliedschaft in drei Organisationen (Ergenekon Organisation, Mersin Organisation und Türkische Vergeltungs-Union.
Ein Journalist war ein ehemaliger Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AA und ein anderer wurde wegen “Verunglimpfung des Staatspräsidenten” und “Verunglimpfung staatlicher Behörden” inhaftiert.
Von den 131 Journalisten wurden 18 verurteilt, gegen sieben gibt es Gerichtsverfahren und gegen 106 laufen Ermittlungsverfahren.
Mörder haben mehr Rechte als ein gefangener Journalist
Hürriyet Daily News, 20.01.2017
Der Journalist Kadri Gürsel ist seit 3 Monaten im Gefängnis; die Anklageschrift gegen ihn ist noch nicht erstellt. Sein 9-jähriger Sohn hat seinen Vater in diesen drei Monaten nur einmal sehen können. Er versteht einiges nicht, z.B. dass Mörder und Vergewaltiger Besuchsrechte haben, aber er seinen Vater nicht sehen kann.
Menschenrechtsverteidiger
Freilassung des Menschenrechtsverteidiger Coşkun Selçuk gefordert
BIA News Desk, 18.01.2017
Der Vorsitzende der Zweigstelle des Menschenrechtsvereins (IHD) von Iskenderun wurde am 18. Januar zusammen mit einer großen Zahl von Mitgliedern politischer Parteien und NGOs bei einer Operation festgenommen.
Selçuk, von Beruf Lehrer, ist eins der 11.218 Mitglieder der Erziehungsgewerkschaft, die am 9. September 2016 vom Ministerium für Nationale Bildung von ihrer Arbeit entlassen wurde.
Der Menschenrechtsverein (IHD) fordert seine Freilassung.
Gefängnisse
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Von 2009 bis Oktober 2016 2300 Tote im Gefängnis
BIA News Desk, 10.01.2017
Justizminister Bozdağ hat nach einer parlamentarischen Anfrage des CHP-Abgeordneten Sezgin Tanrikulu bekannt gegeben, dass 2.300 Personen in der Zeit von 2009 bis Oktober 2016 im Gefängnis das Leben verloren haben.
19.368 Klagen über willkürliche Behandlung und Rechtsverletzungen seien beim Justizministerium eingereicht worden.
Nach einem Bericht von Bianet am 11. Oktober 2016 sollen vier Personen nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 im Gefängnis Selbstmord begangen haben, einer in Polizeihaft und zwei Personen beim Versuch der Festnahme.
Die Gefängnis-Kommission der Zentrale des Menschenrechtsvereins IHD hat am 26. Oktober 2016, dem Tag der Rechte des Patienten, angegeben, dass in den Gefängnissen insgesamt 905 kranke Gefangene seien, darunter 323 Schwerkranke.
Ausgangsverbote und Sicherheitszonen
Ausgangssperren in 10 Dörfern bei Lice
BIA News Desk, 05.01.2017
Das Gouverneursamt Diyarbakir hat wegen Operationen, die gegen die PKK durchgeführt werden, in 10 Dörfern bei Lice Ausgangssperren verhängt.
9 Bezirke in Muş für 1 Jahr vorübergehende besondere Sicherheitsgebiete mit Zutrittsverbot
Tageszeitung Cumhuriyet, 25.1.2017
In Muş wurden 9 Bezirke im Rahmen des Antiterrorkampfes bis zum 31. Dezember 2017 zu vorübergehenden besonderen Sicherheitsgebieten erklärt.
In der Erklärung des Gouverneursamtes heißt es:
„Im Rahmen des Antiterrorkampfes in der Provinz Muş wurden als Maßnahme um die nationalen Sicherheit zu schützen, die öffentliche Ordnung und das öffentlich Wohl zu sichern, um die Begehung von Straftaten zu verhindern und um zu verhindern, dass Bürger bei den durchzuführenden Operationen zu Schaden kommen, und um Leben und Gut unseres Volkes zu schützen, die Gebiete, deren Name und Koordinaten durch Beschluss des Ministerrates vom 27. Dezember 2016, Nr. 2016/9675, festgelegt wurden, für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 zu vorübergehenden besonderen Sicherheitszonen erklärt und damit unseren Bürgern verboten, die im Anhang aufgeführten Gebiet zu betreten.“
Weitere Informationen
Türkisches ISIS-Mitglied wurde in der Türkei 2 Mal freigelassen
Demokrat Haber, 21.01.2017
Es ist bekannt geworden, dass eins der ISIS-Mitglieder, die auf der Video-Aufzeichnung bei der Verbrennung von zwei türkischen Soldaten zu sehen ist, Hasan Aydin ist. Hasan Aydins Familie stammt aus dem Distrikt Çermik in der Provinz Diyarbakır und hatte sich dann in Adana niedergelassen. 2012 war er in Adana unter dem Verdacht der „Mitgliedschaft in Al Kaida“ festgenommen aber wieder freigelassen worden. Als er 2015 in Hatay die Grenze nach Syrien überqueren wollte, wurde er festgenommen. In seinem Minibus wurde militärisches Material und eine Drone gefunden. Von dem Haftrichter wurde er unter Auflagen freigelassen.
Demokratisches Türkei Forum e. V. Langenhagen 49, 33671 Bielefeld E-Mail: info=at=tuerkeiforum.net, Homepage: www.tuerkeiforum.net
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Das Demokratische Türkeiforum e.V. (DTF) setzt sich seit der Gründung 1990 für die Einhaltung der Menschenrechte und für Demokratie in der Türkei ein. Das DTF ist die deutsche Unterstützergruppe der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV). Spenden an das DTF werden praktisch zu 100% an die TIHV weitergeleitet.
Seit ihrer Gründung hat die TIHV mehr als 14.000 Folteropfer kostenlos behandelt. Behandlungszentren existieren in Ankara, Istanbul, Izmir, Adana und Diyarbakir. Das Dokumentationszentrum in Ankara gibt tägliche Berichte über Verletzungen der Menschenrechte in Türkisch und Englisch heraus und erstellt daraus Jahresberichte. Die Homepage des DTF wird als Sicherungskopie vieler dieser Dokumente genutzt.
Wie Unterstützergruppen in einigen anderen europäischen Ländern möchte das Demokratische Türkeiforum (DTF) in Deutschland zu der Finanzierung der TIHV beitragen. Spenden an das DTF e.V. werden in vollem Umfang an die TIHV weitergeleitet; sie sind steuerlich absetzbar.
Bitte spenden Sie an das DTF auf das neue Konto bei der GLS-Bank:
Demokratisches Türkei Forum e.V.
IBAN: DE15 4306 0967 2068 2264 00
BIC: GENODEM1GLS
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