MESOP: ALLES ÜBLE NACHREDE ! – DEUTSCHLAND IST WEDER RECHTS NOCH RASSISTISCH: SONDERN „LINKS“

ABER WAS IST DAS – LINKS ? DIE NEUESTE VOLKSUMFRAGE – Was will der Wähler? Volkes Stimme / Von Jürgen Kaube

Beinahe die Hälfte der Deutschen lehnt das Gewaltmonopol des Staates ab, jeder Fünfte wünscht sich offenbar eine Revolution. Was aber sagen uns solche Umfrageergebnisse? Sagen sie überhaupt etwas?

In Deutschland herrscht keine echte Demokratie. Das finden, einer jüngsten Meinungsumfrage zufolge, mehr als sechzig Prozent der Deutschen. Der entsprechende Satz, den die Befragten bejahen oder verneinen konnten, gab ihnen als Begründung an die Hand „… da die Wirtschaft und nicht die Wähler das Sagen haben“.

Noch weitere Aussagen dieser Art werden von den Auftraggebern der Umfrage, dem Berliner Forschungsverbund zum SED-Staat, als Überleitung des historischen Themas „Sozialismus“ ins Gegenwärtige interpretiert. Sie betreffen den Zusammenhang von Kapitalismus, Armut und Hunger (sieht ein Drittel als zwangsläufig an) sowie den von Kapitalismus und kriegerischen Konflikten (siebenunddreißig Prozent). Den Sozialismus und Kommunismus, lässt uns die Umfrage wissen, hält jeder vierte Deutsche für eine gute, nur bislang schlecht verwirklichte Idee. Ein Fünftel der Bevölkerung findet, „wir brauchen eine Revolution“.

Allerdings scheinen dreizehn Prozent dabei an eine Revolution in den Herzen zu denken. Den Einsatz von Gewalt gegen „das System“ halten nämlich nur sieben Prozent der Befragten für gerechtfertigt. Dazu passt, dass die Hälfte derjenigen Deutschen, die zur Teilnahme an solchen Umfragen bereit sind, es nicht richtig findet, dass Kritiker der Demokratie hierzulande zu schnell als Extremisten abgestempelt würden. Andererseits meint fast jeder Zweite durchaus, dass dem Staat das Gewaltmonopol genommen werden sollte.

Eine Meinung haben ist nicht schwer

An dieser Stelle kapitulieren sogar die Forscher. Eine nicht extremistisch genannt werden wollende Revolutionsbereitschaft von links, die eher gewaltlos zu einem Staat ohne Gewaltmonopol führen soll, der sich nicht mehr in kriegerische Auseinandersetzungen treiben lässt und den Kapitalismus zwanglos abschafft? Die Utopie war auch schon aggressiver.

Gewiss darf man bei solchen Umfragen nicht alle Prozentwerte einfach übereinanderlegen, so, als ergäbe das in den Schnittmengen so etwas wie ein greifbares Segment der öffentlichen Meinung. Wer sich die Begegnung mit einer einzelnen Person vorstellen müsste, die all das Gesagte zugleich meint, würde wohl versuchen, schnell das Gesprächsthema zu wechseln.

Vielleicht zeigt die Bereitschaft zum Ankreuzen von Sprüchen aber auch nur die Grenzen solcher Umfragen. Was messen sie eigentlich? Politische Meinungen, deren Inkonsistenz, die Art des Medienkonsums der Befragten, den entsprechenden Wiedererkennungswert von Phrasen? Meinen geht ja überhaupt sehr leicht. Gewaltmonopol? Klingt irgendwie nach Gewalt und Monopol, also lieber mal ablehnen.

Links reden, rechts wählen

Interessanter aber als die innere Struktur solcher Bekenntnisse ist ein Vergleich der Umfrageresultate mit dem politischen Handeln. Für die allermeisten bedeutet es doch eher die Beteiligung an Wahlen als an Umstürzen. Diagnosen, die vor Zulauf bei der politischen Rechten warnen, den Zerfall der Mitte oder die Schwäche des Liberalismus konstatieren, können darum zwar um den demoskopischen Eindruck ergänzt werden, bei fast der Hälfte der Deutschen schlage das Herz weit links. Doch das geht eben nicht mit einem dazu passenden Wahlverhalten einher. Man wird sich die Wähler von Olaf Scholz schließlich nicht als Gegner des Gewaltmonopols vorstellen wollen oder als Leute, die sich die echte Demokratie ohne Marktwirtschaft und Privateigentum vorstellen können. Von denen Angelas Merkels ganz zu schweigen.

Insofern erinnern die Ergebnisse solcher Vox-populi-Vermessungen stets ein wenig an die Zeit um den Nato-Doppelbeschluss 1983: Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger waren per Umfrage dagegen, mehr als siebzig Prozent sprachen sich für eine Volksabstimmung aus, und praktisch im selben Moment wählten 55 Prozent von ihnen eine Regierung, die ihn durchsetzte, zu denen man dann in dieser Sache noch die SPD-Wähler rechnen konnte, die es mit Helmut Schmidt hielten.

Das führt zurück zum Anfang, zur Frage nach der „echten“ oder, wie es früher hieß, „bloß formalen“ Demokratie. Bekanntermaßen sammelt man hier leicht aus sehr verschiedenen Richtungen Zustimmung zum Echten. Volkswille ist kein nach links oder rechts eindeutiger Begriff, und auch Volksabstimmungen fänden, je nachdem, worüber abgestimmt würde – Minarette, Euro, Griechenlandhilfe, Zuzug, TTIP -, vermutlich unterschiedliche Freunde. Entsprechend darf man sich die Kritiker der unechten Demokratie politisch nicht zu festgelegt denken. Man muss sogar damit rechnen, dass sich unter ihnen Bezieher von Zinseinkommen finden. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/keine-echte-demokratie-laut-60-prozent-der-deutschen-13447652.html