Kurdistan durchkreuzt Iraks Pläne zur Internet-Abschaltung

16.10.2013 – MESOP – Ein Versuch der irakischen Regierung, im Land zwischen Euphrat und Tigris vorübergehend das Internet abzuschalten, scheiterte an der autonomen Region Kurdistan im Norden des Landes. Mit der Aktion wollte Bagdad die irakischen Internet-Anbieter zu Preissenkungen zwingen. Kurzerhand wurde der Traffic über kurdisches Gebiet umgeleitet.

Es sollte kein Akt politscher Zensur, sondern eine Maßnahme gegen die Preispolitik der örtlichen Internetanbieter sein, erklärte das irakische Kommunikationsministerium. Also kein Rückfall in vergangene, totalitäre Zeiten. Ungeachtet der dahinter steckenden Motivation ist der irakische Eingriff in die eigene Kommunikation kolossal gescheitert. Während bei Ausfällen des Internets im bürgerkriegserschütterten Syrien der Verdacht nahe liegt, sie dienten der Vertuschung von Kriegsverbrechen des Assad-Regimes, sollte in diesem Fall lediglich den Providern im eigenen Land die Macht des Staates gezeigt werden. Das Ergebnis artete jedoch eher in einer Demonstration der eigenen Ohnmacht aus.

An der jordanisch-irakischen Grenze sowie nahe der Stadt Basra sollte der Datenfluss am vergangenen Freitag unterbrochen werden, um so die Anbieter zu zwingen, ihre Servicepreise künftig den staatlichen Richtlinien anzupassen. Das konnte die Regierung in bisherigen Verhandlungen scheinbar nicht auf regulärem Weg durchsetzen. Die erhoffte drastische Wirkung blieb jedoch aus, da es den Providern gelang, die Verbindungen über Kurdistan umzuleiten. Laut dem Online-Monitoring-Unternehmen Renesys erhielt die autonome Region im Norden des Iraks die Verbindung für etwa vier Stunden allein aufrecht, ehe die irakischen Leitungen wieder freigegeben wurden. Eine für Montag angedrohte Wiederholung der Maßnahme blieb aus.

Kurden sehen keine Veranlassung, die Aktion zu unterstützen

Appelle an das kurdische Kommunikationsministerium, sich solidarisch zu zeigen und die als wirtschaftsfördernd verstandene Preisregulierung mitzutragen, stießen auf taube Ohren. Der Vorsitzende des Ministeriums, Karwan Sheikh Raza, erklärte die Unabhängigkeit der eigenen Regelung von jener Bagdads. Seiner Ansicht nach habe die irakische Regierung die Preise durch ihre Steuerpolitik überhaupt erst in die Höhe getrieben. “Bagdad hat nun diese Steuer wieder gesenkt und erwartet von den Internetanbietern, dass sie entsprechend ihre Preise anpassen”, so Raza weiter. “Aber wir hatten diese heftige Steuer nie in Kurdistan, von daher gibt es für uns nun keinen Anlass, eine Preissenkung von den Anbietern zu fordern.” Das sei auch gar nicht nötig, da sich der Markt selbst reguliere. In Kurdistan gebe es viele kleine Anbieter, die miteinander im Wettbewerb stehen. Man wolle eher die eigene Versorgung verbessern, statt sich um die internen Probleme Bagdads zu kümmern, erklärte  Karwan Sheikh Raza.