KEN LIVINGSTON & MICHAEL MOORE & DIE LOGIK DER KRIEGFÜHRUNG

Der „Guardian” stellt den Begriff „Terror” in Frage

Wenige Stunden war der Mord an dem britischen Soldaten alt, da schlug schon die Stunde der Räsoneure. Warum sollte man das, was in London passiert ist, eigentlich „Terror” nennen?Es war der einflußreiche Journalist Glenn Greenwald, der dies auf der Internetseite des „Guardian” bloggte. Ist, so fragt Greenwald, Terrorismus nicht ein bloßer Kampfbegriff derjenigen, die am antiislamischen Narrativ des  ,War on Terror” weiterstricken?

Die Soldaten der Vereinigten Staaten und des mit ihnen verbündeten Großbritannien hätten in den letzten zehn Jahren immer wieder muslimische Zivilisten getötet. Warum nennen wir das nicht Terror? Oder ist Terrorismus etwa ein Angriff auf Zivilisten mit politischer Agenda? Dann, entgegnet er, seien die Bomben auf Dresden auch Terror gewesen. Und diesmal war das Opfer, Lee Rigby, sogar Soldat.

In einem nur hat Greenwald recht: Der Militärmusiker Rigby war Soldat. Aber schon die Frage, ob jemand, der gerade nicht im Dienst ist, als Kombattant gilt, ist umstritten.

Spielen wir das Spiel durch: Die Attentäter wären Kämpfer in einem Krieg, Rigby auch. Dann aber ist der Attentäter Adebolajo ein Kriegsverbrecher, denn er kämpfte heimtückisch und in Zivil.

Doch das ficht Greenwald nicht an. Er zitiert den Filmemacher Michael Moore. Der twitterte kurz nach der Tat: „Ich bin empört, daß wir nicht Leute in anderen Ländern umbringen können, ohne daß sie versuchen, uns zu töten!”

Das ist dem, was die Attentäter in die Kameras riefen, gar nicht unähnlich Doch wer ist „wir” bei Michael Moore? Welche Leute? In welchen Ländern? „In unserem Land müssen Frauen dasselbe mit ansehen”, dozierte der Attentäter Michael Adebolajo, das blutige Beil noch in der Hand.

Welches Land könnte er meinen? Adebolajo ist Brite. Der zweite Täter, Michael Adebowale, wurde zwar in Nigeria geboren, doch auch er ist Brite. Greenwald und Moore aber machen beide zu Staatsbürgern eines militanten Islam — genau so, wie Adebolajo es will. ,Wir”, also die Nichtmuslime, hier — und 1,8 Milliarden Muslime dort: Das ist die Logik.

„Jeden Tag sterben Muslime durch britische Soldaten”, sagte Adebolajo in die Kamera und sagt Greenwald seinen Lesern.

Richtig ist, daß jeden Tag in Syrien mehr muslimische Zivilisten sterben, als britische Soldaten in den letzten acht Jahren zusammen in Afghanistan getötet haben.

Jeder Zivilist, der durch Koalitionstruppen stirbt, ist einer zu viel. Aber Leute wie Michael Moore scheinen die Relationen nicht zu kennen: Achtzig Prozent der 2012 in Afghanistan getöteten Zivilisten waren Opfer der Taliban.

Weil selbst die Zahlen nicht für ihn sprechen, geht Greenwalds Taschenspielertrick so: Die Briten sind enge Alliierte der Amerikaner. Folglich gilt das, was diese im „Krieg gegen den Terror” verüben, auch in Großbritannien.

Wenn ein „Krieg gegen den Terror” je grenzenlos war, dann der des Glenn Greenwald.

Es gibt Briten, die haben nun Angst. –  Im Lateinischen gibt es für den „Schrecken” ein Wort. Es lautet „terror”.