GUELEN UNTERWANDERT INSTITUTIONEN : Stadträtin befürchtet Gülen-Einfluss bei Leipziger Integrationsverein

Matthias Puppe – 8.7.2013 – Leipzig.  – Gülen gewinnt auch in Deutschland an Einfluss. Nach Ansicht der Linken-Stadträtin Skadi Jennicke könnte das Sächsische Bildungszentrum (SAE BIL) in Leipzig in einem Zusammenhang mit der Bewegung stehen. Auch mit Blick auf eine geplante integrative Kindertagesstätte des Vereins im Osten der Stadt stellte die Fraktion Die Linke eine entsprechende Anfrage an den Oberbürgermeister. Die blieb nicht unumstritten.

Für Jennicke sind Gülens Thesen einer reformierten Gesellschaft keineswegs gemäßigt-islamisch: „Das Nichtbekenntnis zum Islam wird hier im Vergleich zu Mord als das schwerwiegendere Verbrechen betrachtet und eine Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter abgelehnt“, so Jennicke gegenüber LVZ-Online. Es gebe zwar keinen direkten Zusammenhang zwischen Bewegung und Leipziger Verein, „personelle und inhaltliche Überschneidungen lassen aber Vermutungen über Zusammenhänge zu“, so die Stadträtin weiter.

Jennicke argumentiert, dass der Geschäftsführer des seit 2009 in der Messestadt aktiven Vereins im Internet als Unterstützer einer Stiftung auftritt, die sich offen zu den Gülen-Ideen bekennt. Zudem habe das SAE BIL, das bisher vor allem mit Sprachkursen und Kulturveranstaltungen in Erscheinung getreten ist, im Mai zu einer Lesung ins Neue Rathaus geladen, bei dem ein Buch über Gülens Bildungsinitiativen vorgestellt wurde. Jennicke wollte deshalb unter anderem vom OBM wissen, ob die Stadtverwaltung Kenntnis von der Verbindung habe.

Verein: „Grenzen nicht aus“ – Empörung bei der SPD

Nach Bekanntwerden der Anfrage reagierte der Vorstandvorsitzende des Leipziger Vereins, Metin Akce, und erklärte, dass Mitglieder mit Gülen-Präferenz im Sächsischen Bildungszentrum nicht ausgegrenzt werden. „Wir stellen deren ethnische oder religiös geprägte Motivation ebenso wenig in Frage, wie die unserer christlichen oder konfessionslosen Mitglieder“, so Akce weiter. Laut Vereinschef finde aber keine Vereinnahmung durch fremde Bündnisse oder Organisationen statt. Zudem wies Akce auf die Verpflichtung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und auf die praktizierte Gleichbehandlung von Mann und Frau hin.

Im Neuen Rathaus wird ein direktes Verhältnis des Leipziger Integrationsvereins zum Geflecht des türkischen Predigers zumindest angezweifelt. In der Antwort auf Jennickes Anfrage heißt es aus dem Dezernat des Sozialbürgermeisters Thomas Fabian (SPD): „Der Stadt Leipzig liegen keine Belege vor, die auf eine enge Verbindung des Sächsischen Bildungszentrum e.V. zur Gülen-Bewebung schließen lassen.“ Auch die Vereinssatzung und die bisherigen Aktivitäten in Leipzig böten keine Hinweise auf entsprechende Verknüpfungen.

Für Michael Clobes, den Vorsitzenden der Leipziger SPD, ist schon allein die Unterstellung in Jennickes Anfrage ein Affront: „Wir als SPD lehnen es ab, wie die Linke versucht, das Sächsische Bildungszentrum in die islamistische Ecke zu stellen“, so Clobes gegenüber LVZ-Online. Er kenne den Verein seit drei Jahren, wurde einstmals zu einem Treffen eingeladen und war sofort begeistert. „Später hatten wir unregelmäßig Kontakt und so erfuhr ich auch von der Idee einer internationalen Kindertagesstätte“, berichtete Clobes. Laut Kommune plant das Sächsische Bildungszentrum in der Wurzener Straße bis 2014 einen integrativen und interkulturellen Kindergarten mit 202 Plätzen. „Das Konzept wird im Verein durch nicht religiöse Mitarbeiter erarbeitet, die einen besonderen Wert auf sprachliche Bildung der Kinder legen“, weiß Clobes zu berichten. Derzeit befindet sich der Antrag in der Beratungsphase beim zuständigen Landesjugendamt.

Linke: Interesse an Macht und Einfluss wird verschleiert

So wie der SPD-Politiker wurde auch Skadi Jennicke schon gebeten, sich selbst ein Bild vom Integrationsverein zu machen. Und das nicht nur einmal: „Seit etwa zwei Jahren werden wir Stadträte regelmäßig vom Sächsischen Bildungszentrum zu Treffen eingeladen – und zwar massiv, über alle erdenklichen Kanäle“, so die Linken-Stadträtin. Auch seien einige politische Akteure Leipzigs im vergangenen Jahr auf Vereins-Initiative zu einer Reise nach Istanbul aufgebrochen. „Das sind für mich Indizien, dass es dem Verein nicht ausschließlich darum geht, interkulturelle Integrationsarbeit zu leisten, sondern dass er sehr gezielt daran arbeitet, politischen Einfluss zu gewinnen“, so Jennicke weiter. Gegen einen muslimischen Kindergarten habe sie nichts einzuwenden, schließlich gebe es ja auch christliche Betreuungseinrichtungen, so die Stadträtin. Sie befürchte aber, „dass die Bemühungen um Integration und Bildung nur benutzt werden, um das Interesse an Macht und Einfluss zu verschleiern.“

Sozialdemokrat Clobes folgte 2012 der Einladung zur Bildungsreise nach Istanbul. „Die Reise hat vier Tage gedauert, die Kosten von 450 Euro haben die Teilnehmer natürlich selbst gezahlt. Etwa Dreiviertel der Tour war normales Sightseeing, wir sind aber auch zur Fatih Universität gefahren, die sich auf Gülen beruft. Damals war mir das noch nicht mal ein Begriff und ich musste nach der Rückkehr erstmal googlen, als hier in Deutschland die Diskussion um die Gülen-Bewegung losging“, so Clobes gegenüber LVZ-Online. Inzwischen habe er auch Anhänger des Predigers persönlich kennen gelernt und empfand ihr Anliegen keineswegs als fundamentalistisch. „Die sind mir eher positiv und durch ihre humanistischen Züge aufgefallen. Der Verein will einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten und verfolgt dabei einen Ansatz, den ich als Sozialdemokrat nur unterstützen kann“, so der SPD-Politiker.

Nach Angaben von Skadi Jennicke soll die Beziehung zwischen Stadt und Sächsischem Bildungszentrum im September noch einmal Thema im Stadtrat werden. Eine entsprechende Anfrage sei in Vorbereitung, so die Linken-Politikerin. Die ursprünglich bereits für Juni geplante Fragestunde in der Ratsversammlung fiel den zeitraubenden Bürgermeisterwahlen zum Opfer.

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