GERMAN LEFTPARTY ASKS GOVERNMENT ABOUT PKK / DEUTSCHE LINKSPARTEI – PKK ANFRAGE AN DIE BUNDESREGIERUNG

Elektronische Vorab-Fassung* – Deutscher Bundestag Drucksache 17/ 12775 – 17. Wahlperiode

13. 03. 2013 – Maßnahmen gegen die Betätigung der Arbeiterpartei Kurdistans

Im November 1993 verhängte das Bundesministerium des Innern ein Betäti-

gungsverbot für die Arbeiterpartei Kurdistans PKK (im Folgenden: PKK-Ver-

bot) und Dutzender weiterer als PKK-nah angesehener Vereine, Verlage und

Presseagenturen. Eine Vielzahl von Demonstrationen und Festivals wurden seit-

dem verboten, hunderte Kulturvereine und Privatwohnungen von der Polizei

durchsucht und tausende Menschen wegen Verstößen gegen das Vereinsgesetz

sowie Dutzende mutmaßliche PKK-Kader nach den §§ 129 und 129a des Straf-

gesetzbuches verurteilt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche politischen und juristischen Initiativen zur Aufhebung des PKK-

Verbots seit 1993 sind der Bundesregierung bekannt, und woran scheiterten

diese bislang?

2. In welchen anderen Ländern der Europäischen Union bestehen nach Kenntnis

der Bundesregierung dem deutschen PKK-Verbot vergleichbare Betätigungs-

verbote für die PKK?

3. Unter welchen innen- und außenpolitischen sowie juristischen Vorausset-

zungen hält die Bundesregierung eine Aufhebung des PKK-Verbots für

möglich?

4. Wie viele und welche Straftaten im Einzelnen wurden nach Kenntnis der

Bundesregierung durch Mitglieder und Unterstützerinnen und Unterstützer

der PKK seit Verhängung des PKK-Verbots in Deutschland begangen?

a) Welche und wie viele dieser Straftaten sind ursächlich durch das PKK-

Verbot bedingt (z. B. Verstöße gegen das Vereinsgesetz) und würden im

Falle einer Legalisierung der PKK entfallen?

b) Wie viele und welche dieser Straftaten werden nach Erkenntnissen der

Bundesregierung auf Weisung von PKK-Parteigremien begangen (bitte

Gremien nennen)?

c) Wie viele und welche dieser Straftaten erfolgten spontan bzw. auf eigene

Initiative von PKK-Anhängerinnen und Anhängern?

d) Inwieweit hat die Bundesregierung eigene gesicherte Erkenntnisse über

eine Beteiligung der PKK als Organisation am Drogenhandel, und inwie-

weit fließen diese in das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität ein?

* Wird nach Vorliegen der lektorierten Druckfassung durch diese ersetzt.

elektronische Vorab-Fassung

5. Inwieweit sind der Bundesregierung Aufrufe der PKK oder ihrer Führungs-

kader oder Leitungsgremien an ihre Anhängerinnen und Anhänger in

Deutschland bekannt, sich an die geltenden Gesetze zu halten?

a) Welche Aufrufe der PKK oder ihrer Führungskader oder Leitungs-

gremien an ihre Anhängerinnen und Anhänger in Deutschland zum

Gewaltverzicht in Deutschland sind der Bundesregierung bekannt?

b) Welche Aufrufe der PKK oder ihrer Führungskader oder Leitungs-

gremien an ihre Anhängerinnen und Anhänger zum Verzicht auf Selbst-

verbrennungen sind der Bundesregierung bekannt?

6. In wie vielen Fällen führten nach Kenntnis der Bundesregierung Straftaten

im Zusammenhang mit dem Betätigungsverbot der PKK und ihrer von der

Bundesregierung als Nachfolgeorganisationen angesehenen Organisationen

KADEK, Kongra-Gel und KCK zu aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen

gegen Verdächtige, Beschuldigte und Verurteilte?

7. Inwieweit konnte nach Kenntnis der Bundesregierung juristisch eine un-

mittelbare Verantwortung oder Urheberschaft der PKK an dem PKK-Verbot

vorangegangenen Anschlägen gegen türkische oder andere Einrichtungen in

Deutschland bis einschließlich 1993 nachgewiesen werden?

8. Inwieweit kam es nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Protestwelle

gegen die Gefangennahme von Abdullah Öcalan im Februar 1999 zu

Gewalttaten von PKK-Anhängerinnen und Anhängern in Deutschland, und

inwieweit konnte hier eine unmittelbare Verantwortung oder Urheberschaft

der PKK als Organisation nachgewiesen werden?

9. Wie viele und welche Organisations- und Betätigungsverbote wurden seit

November 1993 aufgrund des PKK-Verbots durch Bund und nach Kennt-

nis der Bundesregierung durch die Bundesländer im Einzelnen erlassen

(bitte nach Jahren und Bundesländern aufgliedern)?

a) In welchen und wie vielen Fällen wurde juristisch gegen die Verbote

vorgegangen und mit welchem Ergebnis?

b) In wie vielen und welchen Fällen wurden die Verbote aufgrund juristi-

scher oder politischer Entscheidungen wieder aufgehoben, und mit wel-

cher Begründung?

10. Gegen wie viele Fernsehsender, Nachrichtenagenturen, Verlage, Zeitungen

und sonstige Medien und Medienproduktionsfirmen wurden nach Kenntnis

der Bundesregierung seit 1993 auf Grundlage des PKK-Verbots Organisa-

tions- und Betätigungsverbote verhängt?

a) In welchen und wie vielen Fällen wurde juristisch gegen die Verbote

vorgegangen und mit welchem Ergebnis?

b) In wie vielen und welchen Fällen wurden die Verbote aufgrund juristi-

scher oder politischer Entscheidungen wieder aufgehoben und mit wel-

cher Begründung?

c) Wie viele und welche Publikationstitel (Zeitungen, Zeitschriften, Bü-

cher, Broschüren) sowie Medien (CDs, Videos etc.) wurden aufgrund

des PKK-Verbots bundesweit beschlagnahmt?

11. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für die kurdisch stäm-

mige Bevölkerung in Deutschland, sich unabhängig mit türkisch- oder kur-

dischsprachigen Informationen über den türkisch-kurdischen Konflikt in

ihrer Herkunftsregion zu versorgen?

Welche

a) Printmedien (bitte Name der Medien, Auflage, Periodizität und Sprache

nennen),

b) Rundfunk- und Fernsehsender (bitte Name der Medien, Ausstrahlungs-

bereich und technische Empfangsmöglichkeit wie Satellit und Internet

sowie Sprache angeben),

c) Onlinemedien sieht sie als geeignet an?

d) Inwieweit sind die unter a), b) und c) genannten Medien in der Türkei

nach Kenntnis der Bundesregierung Repressionen ausgesetzt, und wenn

ja, welchen?

12. Wie viele Versammlungen und Veranstaltungen wurden nach Kenntnis der

Bundesregierung aufgrund des PKK-Verbots seit 1993 verboten (bitte nach

Zeitpunkt, Ort und Art der verbotenen Versammlung sowie nach

a) bundesweiten oder europaweiten Großdemonstrationen- und Kundge-

bungen

b) örtlich oder regional mobilisierten Demonstrationen und Kundgebungen

c) Festivals und Kulturveranstaltungen

d) Sportveranstaltungen

e) politischen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen

f) sonstigen Versammlungen (Art der Veranstaltung benennen) aufglie-

dern)?

13. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusam-

menhang mit der Umsetzung des PKK-Verbots zu Haftstrafen verurteilt

und aufgrund welcher Straftatbestände (bitte nach Jahren aufgliedern)?

14. Wie viele Strafverfahren gegen wie viele Tatverdächtigte wurden nach

Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot

nach den §§ 129, 129a, 129b StGB geführt?

a) Gegen wie viele Personen wurden in wie vielen Verfahren Ermittlungen

eingeleitet?

b) Wie viele Personen wurden in Untersuchungshaft genommen?

c) Wie viele Personen wurden angeklagt?

d) Wie viele Personen wurden zu welchen Einzelstrafen verurteilt?

e) Wie viele Personen wurden freigesprochen?

f) In wie vielen Fällen kam es bei Anklagen zu Verfahrenseinstellungen

(bitte jeweils nach Jahren und Strafrechtsparagraphen aufgliedern)?

15. Wie viele und welche Schwerverletzte und Todesfälle im Zusammenhang

mit der Umsetzung des Betätigungsverbots gegen die PKK in Deutschland

sind der Bundesregierung bekannt (bitte Ort, Zeitpunkt und Todes- bzw.

Verletzungsumstände angeben), die

a) bei oder durch Polizeimaßnahmen

b) durch Unfälle

c) durch Selbsttötungen/Selbsttötungsversuche

d) durch Gewalteinwirkungen Dritter (bitte näher definieren) geschehen

sind?

16. Welche und wie viele Finanz- und Vermögenswerte wurden nach Kenntnis

der Bundesregierung seit 1993 auf Grundlage des PKK-Verbots sichergeelektronische Vorab-Fassung

stellt, eingezogen und beschlagnahmt, und auf welcher rechtlichen bzw.

gesetzlichen Grundlage jeweils (bitte aufschlüsseln)?

17. Welche Maßnahmen zur Unterbindung von Spendensammlungen und

sonstigen Finanzströmen für die PKK hat die Bundesregierung bislang ge-

troffen?

a) Welche und wie viele Finanz- und Vermögenswerte der PKK wurden

nach Kenntnis der Bundesregierung wann und wo auf Grundlage der

Auflistung der PKK auf der EU-Liste terroristischer Organisationen in

Deutschland sichergestellt, eingezogen, beschlagnahmt oder eingefroren?

b) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Vermögenswerte auslän-

discher Firmen, die von deutschen Gerichten oder Behörden als PKK-

Gliederungen eingestuft werden, zugunsten des Bundes oder der Länder

eingezogen werden können, wenn sie sich auf deutschem Hoheitsgebiet

befinden (bitte rechtliche Grundlage angeben)?

18. Wie viele internationale Haftbefehle der Türkei gegen mutmaßliche PKK-

Mitglieder bestehen zur Zeit nach Kenntnis der Bundesregierung?

a) Wie viele der Gesuchten halten sich im Bundesgebiet auf (bitte auf-

schlüsseln nach Tatvorwurf)?

b) Wie viele der Gesuchten haben eine Asylberechtigung, sind anerkannte

Flüchtlinge oder haben Abschiebeschutz?

c) Wie viele der Gesuchten haben die deutsche Staatsbürgerschaft (bitte

aufschlüsseln nach Tatvorwurf)?

d) Wie viele der in Deutschland aufhältigen Gesuchten haben die türkische

Staatsbürgerschaft?

e) Wie viele der in Deutschland aufhältigen Gesuchten haben die Staats-

bürgerschaft eines anderen EU-Staates (bitte aufschlüsseln nach Tatvor-

wurf)?

f) In wie vielen Fällen wurden von der Türkei gesuchte mutmaßliche

PKK-Mitglieder in Deutschland in Auslieferungshaft genommen (bitte

aufschlüsseln nach Tatvorwurf)?

g) In wie vielen Fällen wurden von der Türkei gesuchte mutmaßliche

PKK-Mitglieder von Deutschland an die türkische Justiz ausgeliefert

(bitte aufschlüsseln nach Tatvorwurf)?

19. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung türkischen

Staatsangehörigen, denen ein Schutzstatus (Asyl, Genfer Flüchtlingskon-

vention, Abschiebeschutz) zuerkannt worden war, dieser Status aufgrund

ihrer früheren Betätigung in der PKK in der Türkei wieder entzogen

(Widerruf oder Rücknahme), und welche „statusrechtlichen Begleitmaß-

nahmen“ wurden in diesem Zusammenhang eingeleitet, und durch wen?

20. In wie vielen und welchen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregie-

rung in Deutschland aufhältigen Personen die politische Betätigung im

Zusammenhang mit politischen Organisationen untersagt, die mutmaßlich

die Interessen der PKK vertreten, mit der PKK sympathisieren oder deren

Aktivitäten fördern (bitte Rechtsgrundlange angeben), und in welchen Fäl-

len wurden solche Maßnahmen wieder aufgehoben?

21. Auf welchen internationalen Besprechungen,

a) im Rahmen von EU-Gremien?

b) bei bilateralen Gesprächen mit der türkischen Regierung?

c) im Rahmen von NATO-Gremien?

d) im Rahmen sonstiger bi- und multilateraler Treffen (bitte ausführen)?

an denen die Bundesregierung beteiligt war, war die PKK in den letzten

fünf Jahren Thema, und welche Beschlüsse wurden dort jeweils dazu ge-

fasst?

22. Wie viele Lagebilder des Bundeskriminalamts (BKA) in Zusammenarbeit

mit dem Bundesgrenzschutz/der Bundespolizei und Polizeikräften der Bun-

desländer sind in der Folge des PKK-Verbots seit 1993 erstellt worden?

23. Wie viele Unterstützungseinsätze der Bundespolizei (bzw. des Bundes-

grenzschutzes) für Polizeien der Länder hat es seit dem PKK-Verbot zu

seiner Durchsetzung gegeben (bitte die Unterstützungseinsätze nach Ort

und Zeitpunkt und die Zahl der daran beteiligten Beamten seit 1993 einzeln

auflisten)?

24. Wie beurteilt die Bundesregierung die Effektivität des PKK-Verbots seit

November 1993 hinsichtlich

a) der Zahl, Häufigkeit und regionalen Verbreitung von Versammlungen

mit PKK-Bezug,

b) der Beteiligung von Kurdinnen und Kurden an Veranstaltungen der

PKK oder ihr nahestehender Verbände in Deutschland,

c) der Zahl von PKK-Mitgliedern und Anhängerinnen/Anhängern in

Deutschland (bitte auch die Mitglieder- und Sympathisantenentwicklung

nach Jahren einzeln aufschlüsseln und angeben, nach welchen Kriterien

Mitglieder und Unterstützerinnen/Unterstützer definiert werden),

d) der Öffentlichkeitsarbeit der PKK in Deutschland,

e) der Zustimmungswerte zur PKK unter Kurdinnen und Kurden in

Deutschland,

f) des Spendenaufkommens für die PKK (bitte auch geschätzte Spenden-

entwicklung nach Jahren aufschlüsseln),

g) der Zahl von Rekrutierungen für die Guerilla (bitte auch Rekrutierungen

nach Jahren aufschlüsseln)?

25. Inwieweit gab es bezüglich der vom Bundesministerium der Justiz im Jahr

2011 erteilten Verfolgungsermächtigung gegen die PKK als ausländische

terroristische Vereinigung (§ 129b StGB) von Seiten der PKK oder ihr

nahestehender oder mit ihr in Kontakt stehender Personen Kontaktauf-

nahme bzw. den Versuch einer Kontaktaufnahme mit der Bundesregierung,

und wie reagierte die Bundesregierung darauf?

26. Inwieweit sieht die Bundesregierung in der PKK und ihrer Guerilla eine

Konfliktpartei in einem bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerrechts?

a) Stimmt die Bundesregierung grundsätzlich dem 1. Zusatzprotokoll der

Genfer Konvention zu, wonach ein bewaffneter Kampf völkerrechtlich

zulässig ist, wenn er sich gegen lang anhaltende rassistische oder kolo-

niale Unterdrückung richtet und für das Selbstbestimmungsrecht eines

Volkes im Rahmen des humanitären Völkerrechts geführt wird?

b) Inwieweit sieht die Bundesregierung eine solche lang anhaltende rassis-

tische oder koloniale Unterdrückung im Falle der Kurdinnen und Kurden

in der Türkei als gegeben an?

c) Inwieweit sieht die Bundesregierung den Kampf der PKK als Eintreten

für das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes im Rahmen des

humanitären Völkerrechts an?

d) Inwieweit sieht die Bundesregierung in der HPG-Guerilla (sog. Volks-

verteidigungskräfte der PKK) eine in militärische Formationen gegen

überwiegend militärische Ziele auf türkischer Seite operierende Organi-

sation?

e) Inwieweit hält die Bundesregierung die juristische und politische Ein-

stufung einer im Sinne des Völkerrechts bewaffneten Konfliktpartei als

terroristische Organisation für zulässig?

27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine vom türkischen Mi-

nisterpräsidenten im Oktober 2011 behauptete PKK-Finanzierung deut-

scher Stiftungen oder sonstiger deutscher Institutionen über Projekte in den

kurdischen Kommunen in der Türkei (vgl. sueddeutsche.de vom 3. Okto-

ber 2011 „Erdogan wirft deutschen Stiftungen Terror-Unterstützung vor)?

28. Inwieweit trifft es zu, dass in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre im Zuge

von Kontakten zwischen Vertretern deutscher Geheimdienste und der PKK

eine Vereinbarung zur Deeskalation getroffen wurde, wonach die PKK in

Deutschland auf Gewalt verzichtet und im Gegenzug nicht mehr als terro-

ristische Vereinigung nach § 129a StGB verfolgt wird sowie Großveran-

staltungen mit PKK-Nähe in einem begrenzten Umfang geduldet werden?

a) Sieht sich die Bundesregierung weiterhin an eine derartige Abmachung

gebunden, und wenn nein, aufgrund welcher veränderten Umstände

nicht mehr?

b) Inwieweit bestanden oder bestehen Kontakte zwischen der Bundesre-

gierung bzw. ihren Vertretern oder deutschen Sicherheitsbehörden und

der PKK?

c) Inwieweit ist die Bundesregierung bereit –, analog zu den bekannt ge-

wordenen Gesprächen türkischer Staatsvertreter mit PKK-Funktionären

im Jahr 2010 in Oslo sowie mit dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah

Öcalan – in direkte Gespräche mit der PKK oder ihr nahestehenden Per-

sonen zu treten?

29. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung für eine friedliche Lösung des

türkisch-kurdischen Konflikts ein, und sieht sie das PKK-Verbot in

Deutschland und die Einstufung der PKK und anderer kurdischer Organisationen als terroristische Organisationen als förderlich oder als Hindernis für die Unterstützung von Friedensverhandlungen?

30. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung im Hinblick auf den

Willen der türkischen Regierung zur friedlichen Beilegung des Kurdenkon-

flikts angesichts der fortlaufenden Massenverhaftungen von rund 9 000

prokurdischen Politikerinnen und Politikern sowie zivilgesellschaftlichen

Aktivistinnen und Aktivisten, darunter Bürgermeisterinnen und Bürger-

meistern, Stadtratsmitgliedern, Parlamentsabgeordneten, Gewerkschafte-

rinnen und Gewerkschaftern und Frauenrechtsaktivistinnen und Mitglie-

dern von Menschenrechtsvereinigungen sowie Anwältinnen und Anwälten

und Journalistinnen und Journalisten seit dem Frühjahr 2009 (vgl. the guardian vom 13. Dezember 2011 „Turkey cracks down on the ‘parallel’ Kurdish administration)?

a) Inwieweit sieht die Bundesregierung die Massenfestnahmen und -ver-

haftungen prokurdischer Politikerinnen und Politiker im Rahmen der

sogenannten KCK-Operationen im Einklang mit demokratischen und

rechtsstaatlichen Prinzipien und menschenrechtlichen Standards?

b) Inwieweit sieht die Bundesregierung die trotz jüngster Gesetzesände-

rungen weiterhin bestehende Verweigerung der generellen Möglichkeit

zur muttersprachlichen Aussage und Verteidigung im gesamten Prozessverlauf für die kurdischstämmigen Angeklagten (vgl. Civaka Azad vom

15. November 2012 „Die Verteidigung in Kurdisch im Gewahrsam der

großen türkischen Richterinnen“) im Einklang mit demokratischen und

rechtsstaatlichen Prinzipien und menschenrechtlichen Standards?

c) Inwieweit sieht die Bundesregierung die zum Teil lange Dauer der Untersuchungshaft von rund zwei Jahren oder mehr ohne Anklage (vgl.

Reporter ohne Grenzen vom 6. September 2012 „Prozess gegen

44 Journalisten/ROG kritisiert Antiterrorgesetz“) im Einklang mit de-

mokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien und menschenrechtlichen

Standards?

d) Inwieweit sieht die Bundesregierung die Unabhängigkeit der Justiz in der

Türkei angesichts des Erklärung von Ministerpräsident Recep Tayyip

Erdogan vom 30. September 2012 gewahrt, in der dieser laut einem

Bericht der türkischen Tageszeitung Radikal vom 6. September 2012 be-

züglich der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Abgeordnete

der Partei für Frieden und Demokratie (BDP), sagte: „Wir haben der

Justiz das Notwendige gesagt und die Justiz wird tun, was erforderlich

ist“?

e) Inwieweit hat die Bundesregierung die Verhaftungen prokurdischer

Politikerinnen und Politiker und Menschenrechtsaktivisten gegenüber

der türkischen Regierung thematisiert oder beabsichtigt, diese zu thema-

tisierten?

Berlin, den 18. März 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion