GERMAN BUNDESTAG DEBATES HALABJA / SOUTH KURDISTAN PARTIES IN NO WAY ENGAGED

„Das zeigt, dass wir vor Ort sehr konkret Hilfe leisten. Sieben angestellte Ärzte, sieben Psychologen und Sozialarbeiter und ein Physiotherapeut haben mit der finanziellen Unterstützung auch dieser Regierung ein Fundament gelegt für die weitere Unterstützung der Opfer von Halabdscha“.

MdB Missfelder – Germany

Relevant German Member of Parliament (Christ Democrat) remembered Halabja

Den Opfern von Halabja gedenken / Philipp Mißfelder (CDU – MdB)

Halabja gedenken!- Rede von Philipp Mißfelder (CDU/CSU) vor dem Bundestag:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal Frau Zapf für ihr Engagement danken, nicht nur, was die Begleitung des Themas im Ausschuss angeht, sondern insbesondere für die Beharrlichkeit im Hinblick auf die guten Bezie­hungen Deutschlands zum kurdischen Volk. Herzlichen Dank dafür, dass Sie das Thema jetzt schon über so viele Jahre begleiten. Das wird in unserer Fraktion mit gro­ßem Wohlwollen gesehen. Herzlichen Dank, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir gedenken heute zu später Uhrzeit – immerhin ge­hen die Reden nicht zu Protokoll – eines Ereignisses, das in Deutschland fast vollkommen in Vergessenheit gera­ten ist, nämlich des Giftgasanschlags vor 25 Jahren, der durch den Diktator Saddam Hussein verübt worden ist. Damals sind in Halabdscha 5 000 Menschen getötet worden; indirekt waren durch die Aggression von Saddam Hussein 50 000 bis 100 000 Kurden betroffen. Die Schätzungen dazu gehen bis heute weit auseinander. Allein das zeigt schon, wie schwierig es ist, diese Ver­brechen, die damals im Staat Irak stattgefunden haben, überhaupt in Zahlen zu kleiden, weil vieles verschleiert worden ist und man vielen Opfern gar nicht mehr nach­gehen kann.

Die Mitglieder des Hauses, die schon einmal die Gele­genheit hatten, selbst in Kurdistan zu sein, wissen, dass die meisten Dörfer durch Verbrechen gegen die Mensch­lichkeit gezeichnet sind. Das ist das eigentlich Schlimme.Es geht nicht nur um das Ereignis in Halabdscha selbst, sondern auch um die große Dimension, darum, dass von Bagdad aus systematisch gegen ein Volk vorgegangen worden ist, mit Folgen bis heute. Die körperlichen Deformationen bei den Menschen, die von diesem Giftgas­anschlag betroffen waren, sind bis heute zu sehen. Es be­steht nach wie vor ein erhöhtes Krebsrisiko, und es gibt viele Vorfälle von Atemwegserkrankungen.

Das deutsche Generalkonsulat im Nordirak unterstützt ja auch aktiv Ärzte, die dort helfen, und ist auch sehr aktiv, um den Austausch zwischen deutschen Kran­kenhäusern und ärztlichen Einrichtungen vor Ort voranzubringen. Deshalb ist es für uns wichtig, dass die Bundesregierung die Hilfen ausgebaut und stabilisiert hat. Wir arbeiten gerne und erfolgreich mit dem Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin und auch mit dem Halabja Center for Victims of Chemical Attacks zusam­men. Das sind konkrete Dinge, die wir tun. Durch die finanzielle Hilfe des Auswärtigen Amts wird aktuell das Kirkuk-Center für Folteropfer unterstützt. Seit 2010 gibt es dort medizinische und psychologische Betreuung vor Ort. In den letzten drei Jahren haben immerhin 1 500 Betroffene das medizinische Angebot in Anspruch genommen. Das zeigt, dass wir vor Ort sehr konkret Hilfe leisten. Sieben angestellte Ärzte, sieben Psychologen und Sozialarbeiter und ein Physiotherapeut haben mit der finanziellen Unterstützung auch dieser Regie­rung ein Fundament gelegt für die weitere Unterstützung der Opfer von Halabdscha, und das 25 Jahre danach. Dass selbst 25 Jahre danach dieser enorme medizinische Aufwand betrieben werden muss, zeigt auch das Ausmaß dieser Katastrophe. Ich glaube, darauf sollten wir uns nicht ausruhen. Vielmehr sollten wir alles tun, dieses Engagement fortzuführen.

Es ist für uns politisch nicht unerheblich, dass ein so schlimmes Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ein Verbrechen gegen das kurdische Volk, durch Saddam Hussein verübt worden ist, weil auch heute chemische Waffen aktuelle Bedrohungen bei Themen darstellen, mit denen wir uns hier im Deutschen Bundestag beschäf­tigen. Auch in Syrien steht die Frage im Raum, ob Assad die chemischen Waffen, die er hat, nicht auch nutzen würde. Das ist ein Punkt, den wir in unserer Syrien-Politik immer im Blick haben müssen. Dass es in der Region schon einmal vorgefallen ist, dass von einer Assad nicht ganz fern stehenden politischen Kraft in einem erhebli­chen Maße chemische Waffen eingesetzt worden sind, ist etwas, was uns immer gegenwärtig sein sollte, auch wenn wir hier im Westen Europas nach 60 Jahren ohne kriegerische und militärische Auseinandersetzung man­ches gar nicht mehr für denkbar halten. Halabdscha ist bei uns in Europa undenkbar. Es war vor 25 Jahren brutale Realität und hat das Leben vieler Menschen sehr negativ beeinflusst.

Wir fordern deshalb die syrische Regierung auch heute auf, auf chemische Waffen zu verzichten. Wir stehen fest an der Seite unserer amerikanischen Freunde, insbesondere von Präsident Obama, der gesagt hat, dass das nach wie vor eine rote Linie ist, die nicht überschritten werden darf. Zur Stunde wird ja über die Syrien-Politik der Europäischen Union diskutiert. Bei allen Schwierigkeiten, die es in diesem Konflikt gibt, wird die westliche Gemeinschaft stärker gefordert sein, als dies momentan der Fall ist, da wir uns durch die Handlungsunfähigkeit der UNO selber Grenzen auferlegt haben.

Ich möchte auf die aktuelle kurdische Politik einge­hen und auf die aus meiner Sicht hervorragende Arbeit, die die kurdische Regionalregierung leistet. In diesen Tagen jährt sich zum zehnten Mal die umstrittene Ent­scheidung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush, der die Invasion und die Befreiung des Iraks vor­angetrieben hat. Bis heute ist dies ein politisches Streit­thema, nicht nur bei uns, sondern vor allem auch in den USA. Bis heute sind sich die Historiker uneinig darüber, wie dieses Ereignis einzuordnen ist. Ich glaube, diese Debatte wird uns noch lange beschäftigen.

Heute, zehn Jahre nach der Befreiung von Saddams Diktatur, ist auch aufgrund der hervorragenden Arbeit des kurdischen Präsidenten Massud Barsani und seiner Regierung festzustellen, dass die Verhältnisse in Kurdis­tan eindeutig besser geworden sind, und zwar in wirtschaftlicher und in politischer Hinsicht. Es gibt dort trotz aller Schwierigkeiten ein Maß an Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, das man kaum irgendwo an­ders im Nahen Osten findet. Mir ist kaum ein Land im Nahen Osten bekannt, wo der Zugang zum Bildungssystem für Mädchen und junge Frauen so unproblematisch geregelt ist. Es gibt wirtschaftliche Prosperität und Chancen in Kurdistan, die ihresgleichen suchen.

Ich wünschte mir, wir würden über den ganzen Irak reden, wenn wir auf das positive Bild von Kurdistan blicken. Leider muss ich das Gegenteil feststellen: dass in Bagdad immer mehr politische Prozesse verschleppt werden, dass man sich auch bei wichtigen Themen wie Öl- und Gasexporten nicht einigen kann, was zu einem höheren Wohlstandsniveau für alle Menschen im Irak führen würde. Ich glaube, dass das Hin und Her zwischen den einzelnen Machtfaktoren, das in Bagdad, zum Teil von Teheran beeinflusst, stattfindet, etwas ist, was uns nicht unberührt lassen kann. Gerade wenn wir The­men wie Hisbollah behandeln, stellen wir immer häufiger fest, dass die Zentralregierung in Bagdad leider kein zuverlässiger Partner ist, sondern häufig Probleme ver­schärft. Das ist etwas, was uns große Sorgen bereitet und was sicherlich auch zur historischen Einordnung der In­tervention gehören wird. Schließlich kann man nicht au­ßer Acht lassen, dass wir, wenn wir über den südlichen Teil Iraks reden, mittlerweile über einen Failed State, also über eine Region ohne funktionierende staatliche Strukturen, sprechen. In Kurdistan, insbesondere rund um Arbil, erleben wir hingegen das glatte Gegenteil. Das ist etwas, was wir in unserer außenpolitischen Strategie definitiv berücksichtigen müssen.

Insofern ist es richtig, dass wir den Kurden im Irak und den Kurden in Syrien, aber auch den Kurden in der Türkei die Hand reichen und uns weiterhin stark für ihre Rechte einsetzen. Sie reklamieren für sich das Recht auf ein eigenes Land. Sie tragen das zugegebenermaßen nicht mit der Schärfe vor, wie dies andere ethnische Gruppierungen auf der Welt tun, sondern sehr moderat. Sie verweisen auf die Rechte, die ihnen im Rahmen der Schaffung der autonomen Region Kurdistan im Nordirak zu machen. Wir dürfen bei unserer außenpolitischen Konzeption nicht vergessen, dass es sich bei diesem Partner um einen wirklich verlässlichen Partner, auch im Antiterrorkampf, handelt, mit dem wir gemeinsam die Sicherheit Israels gewährleisten können. Unsere Kanzlerin hat dies als einen der Punkte unserer Staatsräson be­schrieben, was ich vorbehaltlos unterstütze. Auch da sage ich, dass es im Nahen Osten kaum noch einen Partner gibt, der unsere Politik so vorbehaltlos unterstützt.

Ich werbe dafür, dass wir die enge Freundschaft zu Kurdistan verstetigen. Ich werbe dafür, alles zu tun, dass sich der Fortschritt, der in Kurdistan stattfindet, auf den Gesamtirak ausdehnt. Ich werbe dafür, dass wir die bila­teralen Maßnahmen zu verstärken versuchen. Wir haben im vergangenen Jahr das Deutsch-Irakische Wirtschaftsforum in Bagdad aufgebaut. Wir arbeiten engagiert mit unserem Konsul in Arbil zusammen. Wir haben in die­sem Haus unter der Führung von Michael Glos, unserem früheren Bundeswirtschaftsminister, einen deutsch-kurdischen Freundeskreis gegründet.

Ich muss auch sagen, dass sich gerade diejenigen aus unseren Reihen, die ein besonders gutes Verhältnis zur Türkei haben, sehr große Verdienste erworben haben, wenn es darum geht, bei unseren türkischen Partnern um Verständnis für die Rechte der kurdischen Minderheit und für die kurdische Regionalregierung im Nordirak zu werben.

Dieses Thema ist für die Tagesordnung unserer Nahostpolitik wichtig, selbst wenn es von der deutschen Öf­fentlichkeit nur am Rande wahrgenommen wird. Ich finde, diese Debatte heute Abend ist wichtig, um auf dieses Thema hinzuweisen.

Herzlich Dank