Frauenquote auf der Straße !

Warum sich Mendelssohn einen Platz mit seiner Frau teilen muss / Von Mechthild Küpper

BERLIN, 26. April. FAZ – Am Freitag wurde die Gabelsberger Straße in Friedrichshain in Silvio-Meier-Straße umbenannt Der während einer Schlägerei mit Rechtsradikalen umgebrachter Antifa-Aktivist und Hausbesetzer löst den Münchner Kurzschriften-Erfinder ab. Für Meier —und, auf Antrag der „tageszeitung”, für den Studentenführer Rudi Dutschke —brach die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Kreuzberg-Friedrichshain damit allerdings eine 2005 beschlossene Regel. Straßen und Plätze sollten ausschließlich nach Frauen benannt werden, bis die Hälfte aller Straßennamen weiblich sei.

In der Befolgung ihres Vorsatzes fürchten die Bezirkspolitiker dabei weder die Lächerlichkeit noch den Vorwurf der Rechthaberei. Nach wochenlanger Diskussion, Rückverweisung in die Ausschüsse, Hervorbringung neuer, offensichtlich ungebildeter und herzenskalter Vorschläge, beschloss die BVV in dieser Woche mit ihrer starken Grünen-Mehrheit, den Platz vor der Akademie des Jüdischen Museums „Fromet und Moses Mendelssohn-Platz” zu nennen. Die Grünen blieben ihrem Anliegen treu. Sie bezogen zur Erfüllung der Frauenquote kurzerhand die Ehefrau des Philosophen mit ein. Der Stiftungsrat hatte sich zuvor da-für ausgesprochen, den Platz nach dem Philosophen Moses Mendelssohn zu benennen, der zu den großen Berliner Gestalten der Aufklärung zählt.

Er war ein Freund Lessings und ist das Vorbild für dessen Figur von „Nathan der Weise”. Durch das Buch des Journalisten Heinz Knobloch — „Herr Moses in Berlin. Auf den Spuren eines Menschenfreundes” von 1979 — ist Mendelssohn in Berlin weithin bekannt. Die Stadt aber hatte nicht eine einzige Straße nach ihm benannt Nun teilt er sich einen neu entstandenen Platz in Kreuzberg mit seiner Ehefrau und der Mutter seiner zehn Kinder.

Im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain ist das beispielhaft dafür, was die Grünen unter kultureller Hegemonie verstehen. Sie sind die stärkste Fraktion und stellen den Bezirksbürgermeister Franz Schulz. Im Jahr 2002 wurde hier der erste Grüne, Hans-Christian Ströbele, direkt in den Bundestag gewählt. Als die Mauer noch stand, hielt Kreuzberg sich für die Inkarnation von Multikulti. Friedrichshain wurde, lange bevor Prenzlauer Berg seine Schwaben entdeckte, zum Szene- und Ausgehquartier der Jugend im wiederver-einten Berlin. Bis 1989 war die Spree die Grenze. Gegen die Öffnung der Oberbaurnbrücke wurde erbittert gekämpft —bis heute wird jedes Jahr eine „Schlacht” mit Obst und Gemüse inszeniert. So fein ist der Kreuzberger Humor. Hausbesetzer fühlten sich von der Maueröffnung derartig gestört, dass sie Poller gegen den „Durchgangsverkehr” errichteten. Heute wird gegen den Verkehrslärm der beschaulichen und zum Teil für Autos gesperrten Bergmannstraße demonstriert.

Im Schatten der Mauer war Kreuzberg alternativ-parochiat, mal etwas sektiererisch, mal liebenswürdig. Seit dem Mauerfall aber wächst Kreuzberg-Friedrichshain zur Hauptstadt linker Intoleranz heran. Alles ist den Klubbesitzern am Ufer der Spree und Bürgermeister Schulz recht, um gegen Investoren vorzugehen, die dort Häuser bauen wollen und dafür sogar eine Erlaubnis besitzen: Der eine geistert als „israelischer Investor” durch die Erzählungen, dem anderen wird eine dicke Stasi-Akte nachgesagt. Da es sich um Restitutionsgrundstücke handelt, ist die Staatsangehörigkeit weniger exotisch, als sie den Szene-Weltbürgern erscheint, und dass man als Geschäftsmann ein unbeflecktes Charakterzeugnis brauchte, wäre eine Innovation.

Aus der East-Side-,Gallery auf der Hinterlandmauer der ehemaligen Grenzanlage am pathetisch beschworenen Todesstreifen ist, unter der moralischen Aufsicht der ortsansässigen Grünen, seit der aufwendigen Sanierung 2009 ein veritables Hundeklo geworden, hinter dem es sich bislang laut, lustig und ungeniert feiern und Geld verdienen ließ. Bürger aber, die „Luxuswohnungen” nach Kreuzberg-Friedrichshain bringen wollen, weiß man ebenso zu vertreiben wie solche, die in einem leerstehenden Schulgebäude eine evangelische Schule gründen wollten — eine „Privatschule”, wie entsetzt festgestellt wurde.

DUTSCHKE OHNE GRETCHEN !?

………. Man sieht, daß Europa, auch angesichts ökonomisch kaum lösbarer Schicksalsfragen, noch um entscheidendere Dinge sich zu kümmern weiß – ein Zustand, den man in der vorwissenschaftlichen Medizin als das „Wohlsein vor dem Tode“ zu beschreiben wußte.

Bei Straßennamen (ohnehin 50 : 50 quotiert, rückwärtsreichend in alle Vergangenheit seit anno tobak), bei Straßenname geht namentlich Frau vor Mann: siehe Mendelssohn in Berlin.

Das ist ebenso korrekt wie schlicht gedacht. Denn es geht hier natürlich um noch weit epochalere offene Probleme, die von den in Friedrichshain waltenden Intelligenz-GigantInnen sicher auch alsbald gelöst werden.

Was nämlich, wenn einer der zu würdigenden Straßen-Namen-Herren zwei oder drei oder mehr Frauen hatte – die möglicherweise zwar sämtlich fürs zu würdigende Werk nicht zur Verfügung standen, nun aber per Quotierungs-Diktat doch irgendwie ausgewählt werden müssen? Und was ist mit den Musen ? Die zu verschweigen hieße doch Frauen zum Schweigen zu bringen ?

Für wie viele Männer war werkfördernd allein eine einzige Alma Mahler-Werfel zuständig, als Muse wie im Bett?

Wichtig ist dabei letztlich nur eines: daß nicht recht eigentlich das Werk zu würdigen ist, sondern das Geschlecht. Jenes ehern feste Geschlecht, das seine Berliner AnwenderInnen ansonsten gern als bloße temporär limitierte kulturelle Konstruktion kleinreden.

Wie also, after Mendelssohn, mit Sigmund Freud umgehen, in Berlin? Der hatte zwar eine Gattin, aber mit der verband ihn rein gar nichts, wohl aber Werk wie alles Persönliche mit seiner großartigen Tochter Anna?

Viele Kommissionen müssen also her, stalinistisch-jakobinische, deren Fallbeile die bolschewistische Retuschierung von Namen & Straßennamen gnadenlos exekutieren.

Im Namen der Gerechtigkeit.

P.s: Vielleicht war Freud ja auch nur pädophil?