Erdoğan droht Westkurdistan/Nordsyrien

ANF / isku – 26.2.2013 – Bei der Rückkehr von seinem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten erklärte der türkische Ministerpräsident Erdoğan gegenüber Vertretern türkischer Nachrichtenagenturen, dass er nicht erlauben werde, dass sich eine zweite Struktur wie im Nordirak entwickele. „Das würde für uns neue Befugnisse mit sich bringen“, so Erdoğan.

Zugleich gab er bekannt, dass die Türkei bisher für den Syrienkonflikt 600 Mio. $ ausgegeben habe. Wofür genau diese Ausgaben getätigt wurden, gab Erdoğan nicht bekannt.

Erdoğan diskutierte auf seinem Rückflug mit einigen ausgewählten Pressevertretern die aktuellen Entwicklungen in Syrien und den gegenwärtigen Dialogprozess mit dem inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan. Für das Baath-Regime prognostiziert der türkische Ministerpräsident ein baldiges Ende. Die Krise im Land befinde sich in ihrer letzten Phase. Erdoğan kritisierte die Haltung der USA in diesem Konflikt. „Wir nähern uns dem zweiten Jahr [des Aufstands] in Syrien. Die USA hat in diesem Konflikt immer noch keine klare Stellung bezogen. Sie verurteilen zwar hier und da das Regime. Aber unsere Erwartung an die USA ist eine andere“, so Erdoğan. Auch die vermeintlich passive Haltung der Arabischen Liga sei für die Türkei ein Problem. Bezugnehmend auf die Situation in Westkurdistan, gab Erdoğan bekannt, dass man ein „Nord-Syrien“ nicht dulden werde und der Türkei in solch einem Fall ganz andere Befugnisse zustehen würden. Auf den zweiten Besuch der BDP-Delegation auf Imrali angesprochen, reagierte Erdoğan wie folgt: „Politik zu betreiben bedeutet immer auch Risiken auf sich zu nehmen. Ich kann noch weiter gehen: Das Leben an sich ist ein Risiko. Wenn wir das Risiko nicht auf uns nehmen, wird es nicht möglich sein, diesen Prozess zu einem Ergebnis zu führen. Wenn andere Teile der Gesellschaft dieses Risiko mit uns teilen, und hier kommt den Medien eine ganz besondere Rolle zu, dann werden wir schnellere Erfolge in diesem Prozess erzielen. Ich habe noch keine Informationen von meinen Freunden vom Geheimdienst erhalten, allerdings wird das bald geschehen. Die Erklärung der BDPler habe ich gehört. Aber es wäre falsch nur auf Grundlage dieser Erklärung eine Bewertung abzugeben.“ Erdoğan fügte dem hinzu, dass der Prozess allerdings erst zum Laufen kommen könne, wenn die Guerillakräfte sich hinter die türkische Grenze zurückziehen beginnen.

Ausgaben im Syrienkonflikt werfen Fragen auf

Die Aussage Erdoğans zu den Ausgaben der Türkei im Syrienkonflikt verstärkt den Verdacht, dass die Türkei islamistische Kämpfer finanziell ausgestattet hat, um diese nach Westkurdistan in den Kampf gegen die KurdInnen zu entsenden. So hatte der Vorsitzende der kurdischen Partei der Demokratischen Einheit (PYD) Salih Müslim erklärt, die Türkei habe dem syrischen Stammesführer Nawaf al-Bashir 200 Mio. $ gezahlt, damit dieser mit seinen Milizen in Serê Kaniyê gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten kämpfe. Die kurdische Seite geht deshalb davon aus, dass die wirklichen Ausgaben der Türkei in diesem Konflikt weit über die erwähnten 600 Mio. $ hinausgehen.