Erdo – Wahn: Der türkische Ministerpräsident lässt`s wieder richtig krachen

Shanto Trdic: Erdo – Wahn

Auf einer UN-Versammlung hat sich Recep Tayyip Erdogan wie folgt vernehmen lassen:

“So wie das für Zionismus, Antisemitismus und Faschismus gilt, ist es unerlässlich, Islamophobie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu betrachten.”

Mir ist der begleitende Zusammenhang besagter Aussage nicht bekannt. Ich denke, man muss ihn auch nicht kennen. Es reicht, wenn man über den Mann Bescheid weiß, der auf diesem Wege erneut seiner üblen Gesinnung Medienwirksam Nachdruck verliehen hat. Diesen kraftstrotzenden Goliath einer den Orient neu ordnenden, an die Glanzzeit der Osmanen anknüpfenden großtürkischen Renaissance kennen wir mittlerweile zu Genüge, und seine hochmütigen Reden markieren mehr als deutlich, wie weit sich die heutige Türkei von den Idealen ihres beachtlichen Staatsgründers bereits entfernt hat.

Es ist interessant, wie alle Welt sofort wieder nach Israel und den Juden schreit. Offenbar ist nur der halbe Satz von Belang, genauer: der erste Teil dieses Satzes und mit dem letzten muss keiner was am Hut haben. Gott sei Dank, möchte man meinen. Nach dem dritten Komma taucht nämlich das Wörtchen Islamophobie auf, und wollte man sich zu diesem unseligen Konstrukt äußern, verließe man augenblicklich das gewohnt seichte Fahrwasser um einen Sturm der Entrüstung zu entfachen, den jede kleinste Kritik am Erhabenen automatisch nach sich zöge. Eine entsprechende Auseinandersetzung mit den ersten drei Begrifflichkeiten kann als lockere Übung angesehen werden. Zionismus in seiner heutigen, von Israel praktizierten Form ist natürlich so richtig Scheiße, und es muss doch möglich sein, das offen auszusprechen.

 Aber bitte nicht, wie es der Herr Erdogan getan hat. Das ist, so lese ich, eine ziemliche ´Entgleisung´. Ein Leitartikler der WELT brachte es noch etwas deutlicher auf den Punkt: „Die Erklärung für den Fehltritt ist wohl: Er (Erdogan) sprach aus, was er von Israel hält.“

Na, da hat er ja noch mal Glück gehabt. Da wollen wir auch nicht länger meckern als unbedingt nötig. Der Begriff des Zionismus lässt sich geschmeidiger handhaben, überhaupt besser drehen und wenden als die Wortkeulen Antisemitismus und Faschismus, mit deren Hilfe man den Gegner weniger nieder ringt als vielmehr mit einem einzigen wuchtigen Schlage mundtot macht. Hier hört für Angehörige des europäischen Kulturkreises der Spaß augenblicklich auf und Erdogan weiß das ganz genau. Diese Begriffe gleichen fertigen, monolithischen Blöcken, an denen nicht gemeißelt und gehämmert werden darf; und als abstoßende, mahnende Monstranzen darf man ihnen ununterbrochen Kränze und Schleifen widmen, nur eines darf man nicht: an ihnen rücken. Als kolossale Mahnmale symbolisieren sie die kollektive Erbsünde, der man Bußfertig genügt und es ist einfach und bequem, im Schatten dieser Denkmäler die Hände zu falten oder Teelichter zu entzünden.

Banal formuliert: A und F stellen die absoluten Gipfelpunkte menschlicher Entgleisung dar, und Z kommt dem, wenn man die Juden nicht rechtzeitig stoppt, bereits heute gefährlich nahe. Wehret den Anfängen! Aber wählt die passenden Worte. Erdogan darf sich derweil ins Fäustchen lachen. Sein Coup ist geglückt. In der islamischen Staatenwelt, deren etliche Ableger derzeit ihrer Auflösung entgegen fiebern und zunehmend unregierbar werden, hat er mit dieser Aussage mächtig Eindruck geschunden und den doofen Europäern ist anbei gezeigt worden, das man es mit einer Türkei zu tun bekommt, die auf geschmeidige diplomatische Girlanden nicht länger angewiesen sein wird.

Nachdem wir A und F und Z besprochen haben können wir nun auch kurz auf I eingehen.

Den Begriff der Islamophobie hat seinerzeit der Ayatollah Khomeini als Kampfbegriff ins Spiel gebracht. Auch der wusste, was er tat.

 Er wusste es genau.

I will so weit als möglich an A und F herankommen; beide am Ende noch übertreffen. I möchte, das jede kleinste publizistische Spitze, jede winzigste ´Entgleisung´, jede noch so beiläufige Kritik am Erhabenen und ihren Ablegern dauerhaft unmöglich werde. Die Chancen stehen richtig gut. Mögen sich etwa im Irak Schiiten und Sunniten stündlich gegenseitig massakrieren, mag der konfessionelle Irrsinn, durch Erdogans Engagement mutwillig befeuert, in Syrien täglich neue Opfer fordern: das I – Tüpfelchen darf in diesem Zusammenhange nicht berührt, ja nicht einmal gestreift werden. Kommt gar nicht gut – geht überhaupt nicht. Und die Reaktion auf den neuerlichen Erdo – Wahn zeigt irgendwie schon die Richtung an: es ist, wie anders, einmal mehr eine Einbahnstraße; Endstation Maultot.

Posted on March 3, 2013 by anti3anti