Ende der Hinnehmbarkeit

Presseerklärung : 25 Jahre nach Halabja/  Giftgasangriffe der syrischen Armee/  Wiederholt sich die Geschichte?

Deutsche Hilfsorganisationen Wadi und Mesop fordern die Bundesregierung auf, zu handeln

Berichte über den Einsatz von chemischen Kampfstoffen gegen die syrische Opposition und Zivilisten verdichten sich. Auch der israelische Militärnachrichtendienst sieht es mittlerweile als wahrscheinlich an, dass syrische Truppen am 19. März chemische Kampfstoffe gegen Rebellen in der Stadt Homs eingesetzt haben. Die dokumentierten Verletzungserscheinungen entsprächen jenen nach dem Einsatz des Kampfstoffs Sarin, eine von mehreren chemischen Substanzen, die der syrische Staat nachweisbar als Kampfstoff lagert.

Syrien verfügt nach den USA, Russland und Nord-Korea über das viertgrößte Chemiewaffen-Arsenal der Welt. Diese Massenvernichtungswaffen galten bislang als Trumpfkarten in der Hand des Regimes. Sollte sich die Meldung über den Einsatz in Homs bewahrheiten, dann würde sich auch die in den USA und Teilen Europas derzeit vorherrschende Annahme als falsch erweisen, das Regime nutze sein C-Waffenarsenal lediglich als diplomatisches Druckmittel. Längst zeigt sich, wie verhängnisvoll die Strategie der Zurückhaltung gegenüber dem Regime ist, das bedenkenlos mit aller militärischen Gewalt gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Die »rote Linie«, von der US-Präsident Barak Obama gegenüber Syrien sprach, ist möglicherweise bereits überschritten.

Aus humanitärer Sicht ist die Grenze des Hinnehmbaren längst überschritten. Hohe UN-Repräsentanten sprechen inzwischen von der größten humanitären Katastrophe nach Ende des II: Weltkrieges.

Für einen Staat, der mehr als 70.000 Tote in Kauf nimmt, in dem Folter der schlimmsten Art und Exekutionen ohne Urteil zur angeblichen »Terrorismusbekämpfung« dazugehören, ist es nur ein kleiner Schritt zum lokalen Einsatz von C-Waffen. Nicht nur hierin gleicht die syrische Diktatur der irakischen von einst. Auch Saddam Hussein ließ zur Bekämpfung von »Terroristen« Chemiewaffen einsetzen. In dutzenden Fällen wurde in den 80er Jahren Kampfgas gegen kurdische Dörfer eingesetzt, ohne dass dies internationale Konsequenzen gehabt hätte. Im März 1988, genau 25 Jahre vor dem möglichen Einsatz von Sarin im syrischen Homs, wurde dann die kurdische Stadt Halabja mit Giftgas bombardiert. Etwa 5.000 Menschen starben in kürzester Zeit einen qualvollen Tod, zwischen 7.000 und 10.000 Menschen starben an den Folgen.

Von Homs nach Halabja ist es möglicherweise nur ein kleiner Schritt. Damals haben westliche Staaten versagt, als sie die lokal begrenzten C-Waffenangriffe nicht ernst nahmen. Heute schaut man wieder zu, wie ein in die Enge getriebenes Regime die schlimmsten Waffen gegen die Bevölkerung mobilisiert.

Erst vor kurzem wurde auch im deutschen Bundestag erstmalig des Giftgasangriffes der irakischen Armee auf Halbaja gedacht. Sollte dies nicht eine leere Geste bleiben, dann muss alles getan werden, um die syrische Bevölkerung vor weiterem Einsatz von Giftgas zu schützen. Außerdem bedroht das syrische Giftgasarsenal auch die Menschen in Syriens Nachbarländern.

Mesop und Wadi fordern die Bundesregierung deshalb auf, sowohl auf europäischer als auch internationaler Ebene initiativ zu werden. Die Vorfälle in Homs und anderen Orten in Syrien müssen untersucht werden, Schritte eingeleitet, damit die Zivilbevölkerung ge- und beschützt wird, dies schließt die Einrichtung von No-Fly-Zones und Safe Havens ein.

Außerdem ist die Bundesregeirung aufgefordert nicht nur ihre humanitäre Hilfe für die Opfer der syrischen Tragödie zu verstärken, sondern auch großzügig Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen.

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