Die Ausnahmezustandskommission hat über 36.000 Anträge entschieden

MESOPOTAMIA NEWS : MENSCHENRECHTSBERICHTE DES „DEMOKRATISCHEN TÜRKEI FORUMS“

Meldungen des DTF im Oktober 2018

Die folgenden Nachrichten wurden im Oktober 2018 vom DTF erfasst und teilweise gekürzt oder zusammenfassend übersetzt.

 

Das Internetportal ArtiGercek berichtete am 05.Oktober 2018 über die Entscheidungen der Ausnahmezustands-Kommission bezüglich den Entlassungen aufgrund von Dekreten während des Ausnahmezustandes: An die Untersuchungs-Kommission für Ausnahmezustands-Angelegenheiten waren 125 000 Anträge gestellt worden, um Fälle von Entlassung, Streichung von Stipendien, Aberkennung von Ranggraden bei berentetem Sicherheitspersonal, Schließung von Verbänden und Vereinen zu überprüfen. Die Untersuchungs-Kommission für Ausnahmezustands-Angelegenheiten hatte seit dem 22. Dezember 2017 nach Beendigung der Überprüfungen begonnen, Entscheidungen zu fällen. In 2.300 Fällen der 36.000 abgeschlossenen Fälle wurden die Anträge positiv beschieden. Die Kommission gab mit ihrer Entscheidung in diesen 2.300 Fällen der Wiedereinstellung von Entlassenen und der Wiedereröffnung von Verbänden und Vereinen statt. Während die Kommission 33.700 Anträge ablehnte, müssen 89.000 Anträge noch von ihr bearbeitet werden.  Die Kommissionsentscheidungen werden zur Zustellungsbeschleunigung bei den Behörden, bei denen die Antragsteller zuletzt eingestellt waren, von Kommissionspersonal statt durch den normalen Postweg ausgeführt und den zuständigen Behörden persönlich übergeben. Die Stellenzuteilung derjenigen, deren Anträge positiv beschieden wurden, wird durch die zuständige Behörde und das Hochschulpräsidium durchgeführt. Diejenigen, deren Antrag durch die Untersuchungs-Kommission für Ausnahmezustands-Angelegenheiten abgelehnt wurde, können gegen diesen Beschluss innerhalb von 60 Tagen nach Entscheidungszustellung beim 19. oder 20. Verwaltungsgericht in Ankara Einspruch erheben.

 

259 Dorfvorsteher vom Dienst suspendiert

Das unabhängige Kommunikationsnetzwerk Bianet berichtete am 15. Oktober 2018 unter der Überschrift ‘Have 259 Mukhtars Been Discharged as a Local Election Campaign of AKP?’ dass nachdem Präsident Erdoğan in einer Rede eine bevorstehende Operation gegen Dorf- und StadtteilVorsteher angekündigt hatte, das Innenministerium 2 Tage später 103 Dorfvorsteher und 156 Stadtteil-Vorsteher aus ihren Ämtern entlassen hat. In einer Erklärung des Innenministeriums wurde geäußert, dass sie wegen ihrer Kontakte zu der terroristischen Organisation und ihrer Aktivitäten nicht für ihre Aufgaben geeignet seien und deshalb von ihren Posten abgesetzt wurden.  In ihrer parlamentarischen Anfrage zu diesem Thema erinnerte die Abgeordnete Danış-Beştaş daran, dass auch 635 Dorfschützer am 12. Oktober 2018 von ihren Posten entlassen worden seien. Bei Operationen in der Provinz Van wurden am 11. und 12. Oktober 2018 40 Personen festgenommen. Drei der 15 Personen, die in U-Haft genommen wurden, waren Dorfvorsteher.  In ihrer an den Innenminister Süleyman Soylu gerichteten parlamentarischen Anfrage, fragte DanışBeştaş u.a., ob an Stelle der abgesetzten Dorfvorsteher Zwangsverwalter eingesetzt würden, ob die Absetzung der Dorfvorsteher mit den kommenden Lokalwahlen im Zusammenhang stünden und ob die entlassenen Dorfvorsteher zu denjenigen gehörten, die an den von Präsident Erdoğan durchgeführten Dorfvorsteher-Treffen nicht teilgenommen hatten.

Die Internetzeitung ArtiGercek berichtete am 17. Oktober 2018 über die Entlassungen der Ortsvorsteher: Zuerst wurde Hanifi Gülen, der Ortsvorsteher der Gemeinde Karahasan im Landkreis Lice in der Provinz Diyarbakir und danach Emin Öztürk, der Ortsvorsteher des Dorfes Ciflik im Landkreis Bilecik in der Provinz Urfa festgenommen. Weitere Festnahmen fanden statt.  Die Ortsvorsteher in den Städten Antep, Bingöl, Diyarbakır, Mardin und Van wurden entweder durch eine schriftliche Benachrichtigung oder mündlich von ihren Entlassungen informiert. Im Landkreis Lice der Provinz Diyarbakır wurden 15 Ortsvorsteher, in der Provinz Bingöl insgesamt 9, davon ein Ortsvorsteher in der Ortschaft Karlıova, 6 in Adaklı und 2 in Kığı aus dem Dienst entlassen. Ermiş Kal, der Dorfvorsteher von Altınevler (Şirnan) im Distrikt Adaklı der Provinz Bingöl sagte, es sei kein Zufall, dass von den 9 vom Dienst suspendierten Ortsvorstehern 6 Aleviten seien. Die Orte, in denen die Machthaber keine Stimmen erhalten konnten, würden zur Zielscheibe. In den alevitischen Dörfern hätten sie keine Stimmen bekommen. Auf die Frage, ob gegen ihn persönlich irgendwelche Ermittlungen vorliegen, antwortete Kal, dass gegen jeden von ihnen ermittelt werde, weil sie für die HDP (Demokratische Partei der Völker) gestimmt hätten. Der Grund für die Suspendierungen sei die Tatsache, dass in den Dörfern außer der HDP keine Partei Stimmen erhalten habe. Die nächsten lokalen Wahlen stünden bald an. Das, was die Machthaber durch Wahlen nicht hätten bewirken können, setzten sie nun auf diese Weise durch. Bei den Stadtverwaltungen seien Zwangsverwalter ernannt worden, die gewählten Vertreter in Gefängnisse gesteckt worden. Das reiche den Machthabern nicht aus und diesmal richteten sie sich gegen die Ortsvorsteher. Der CHP-Abgeordnete (Republikanische Partei) Sezgin Tanrıkulu kommentierte die Entlassungen der Ortsvorsteher auf seiner Seite im sozialen Netzwerk. Er habe den Grund für die 259 Entlassungen der Ortsvorsteher aus dem Dienst am Beispiel des Landkreises Lice der Provinz Diyarbakır untersucht. Die Stimmenanteile der DBP (Demokratische Partei der Regionen) in den Regionen, in der die 15 Ortsvorsteher vom Dienst suspendiert worden sind, lagen in den Gemeinden Güçlü bei 100%, Baharlar bei 97%, Birlik bei 100%, Şenlik bei 99%, Daralan bei 96%, Karahasan bei 96%, Yolçatı bei 98%, Ulacak bei 82%, Yünlüce bei 93%, Ergin bei 97%, Dallıca bei 100%, Yamaçlı bei 87%, Kali bei 93%, Bayırlı bei 84% und Yalımlı bei 100%. Die Entlassungen der Ortsvorsteher aus ihrem Dienst sei eine unrechtmäßige Beseitigung der Hindernisse, die einem Wahlerfolg der AKP bei den kommenden lokalen Wahlen im Wege stehen.

Innenministerium sammelt Informationen von Vereinsmitgliedern Das unabhängige Kommunikationsnetzwerk Bianet berichtete am 29.10.2018, dass am 1. Oktober 2018 das Vereinsgesetz von 2005 geändert wurde. Nach dem geänderten Gesetz müssen alle in der Türkei arbeitenden Vereine dem Innenministerium Informationen über die persönliche Identität ihrer Mitglieder einschließlich ihrem Beruf und ihrem Bildungshintergrund zur Verfügung stellen. Das Ministerium hat 114.218 in der Türkei aktive Vereine angeschrieben und gefordert, dass die Vereine „unverzüglich“ dem Ministerium persönlich identifizierende Informationen über 11,1 Millionen Vereinsmitglieder zuschicken, darunter Namen, Vornamen, die Identitätsnummer, den Beruf, den Bildungshintergrund und Daten zur Mitgliedschaft. Die neue Änderung fordert, dass Vereine bei einer neuen Mitgliedschaft oder einer Beendigung der Mitgliedschaft innerhalb von 30 Tagen das Innenministerium über die Änderung informieren. Wenn ein Verein den Bürger eines anderen Landes als Mitglied hat, muss der Verein ebenfalls das Ministerium über die ausländische Identifikationsnummer informieren, die das Allgemeine Direktorat für Einwohneranmeldung und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten vergibt. Diejenigen Vereine, die nicht im Informationssystem der Leitung der Abteilung für Vereine (DERBIS) registriert sind, werden aufgefordert, ebenfalls das Ministerium über die zuvor genannten Angaben zu ihren Mitgliedern zu informieren. Die Zahl der derzeit in der Türkei aktiven Vereine beträgt 114. 218. Nach Angaben von DERBIS sind 11.107.101 Personen Mitglied eines Vereins, das sind 13,74 % der türkischen Bevölkerung. 8.798.752 der Mitglieder sind Männer, 2.308.349 sind Frauen.

Vor der Gesetzesänderung war es erforderlich, dass der Vorstand von Vereinen die örtlichen Behörden in den ersten 4 Monaten des Jahres über Änderungen informiert. Die Vereine informierten nur über die Anzahl ihrer dauerhaften und Ehren-Mitglieder und gaben an, wie viele ihrer Mitglieder Frauen und Männer waren. Die Vereine mussten nur für ihre Gründungsmitglieder die Namen und Vornamen, die Identitätsnummern, die Wohnorte, den Bildungshintergrund und die Berufe angeben.

 

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Das Demokratische Türkeiforum e.V. (DTF) setzt sich seit der Gründung 1990 für die Einhaltung der Menschenrechte und für Demokratie in der Türkei ein. Das DTF ist die deutsche Unterstützergruppe der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV). Spenden an das DTF werden praktisch zu 100% an die TIHV weitergeleitet. Seit ihrer Gründung hat die TIHV mehr als 14.000 Folteropfer kostenlos behandelt. Behandlungszentren existieren in Ankara, Istanbul, Izmir, Adana und Diyarbakir.  Das Dokumentationszentrum in Ankara gibt tägliche Berichte über Verletzungen der Menschenrechte in Türkisch und Englisch heraus und erstellt daraus Jahresberichte. Die Homepage des DTF wird als Sicherungskopie vieler dieser Dokumente genutzt.  Wie Unterstützergruppen in einigen anderen europäischen Ländern möchte das Demokratische Türkeiforum (DTF) in Deutschland zu der Finanzierung der TIHV beitragen. Spenden an das DTF e.V. werden in vollem Umfang an die TIHV weitergeleitet; sie sind steuerlich absetzbar.

 

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