AUFRUF AN DIE ÖFFENTLICHKEIT : FREIHEIT FÜR DEN KURDISCHEN POLITIKER HATIP DICLE

 

September 2012 : Der kurdische Politiker Hatip Dicle wurde bei den Wahlen am 12. Juni 2011 in der Türkei als Direktkandidat der türkisch-kurdischen Metropole Diyarbakir ins Parlament gewählt. Doch statt im Parlament sitzt Dicle im Gefängnis. Ihm wird “Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation” vorgeworfen. Tatsächlich wird Hatip Dicle jedoch bestraft, weil er sich für eine demokratische und vielfältige Türkei einsetzt, in der neben Türken auch Kurden, Christen, Assyrer-Aramäer, Armenier, Lasen, Aleviten und Yeziden frei und gleichberechtigt leben können.

Bei den Wahlen hatte die unabhängige prokurdische Allianz für Arbeit, Freiheit und Demokratie trotz Massenverhaftungen und Schikanen wie Kandidaturverboten einen großen Sieg errungen. Es wurden 36 prokurdische unabhängige Kandidaten ins türkische Parlament gewählt, unter ihnen auch ein Vertreter der christlichen Minderheit der Assyrer-Aramäer, Erol Dora.

Um Dicle den Weg ins Parlament zu versperren, verurteilte ihn ein Gericht drei Tage vor den Wahlen zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Dicle wurde 1991 zum ersten Mal ins türkische Parlament gewählt. Weil er sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Türken und Kurden einsetzte, hob das Parlament 1994 die politische Immunität des Politikers und weiterer kurdischer Politiker auf. Im Dezember 1994 wurden Dicle und die früheren Abgeordneten Leyla Zana, Orhan Doian und Selim Sadak wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und Landesverrat zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Aufgrund großer internationaler Solidarität wurden die Politiker knapp zehn Jahre später, im Juni 2004, freigelassen. Dicle erhielt ein politisches Betätigungsverbot. Im April 2010 wurde er erneut festgenommen. Aus dem Gefängnis heraus kandidierte er 2011, denn im Falle seiner Wahl hätte er aus der Haft entlassen werden müssen. Da ein Gericht dann aufgrund seines politischen Engagements kurz vor dem Urnengang zu einer längeren Strafe verurteilte, konnte er sein Parlamentsmandat nicht antreten.

Bereits Mitte April 2011 hatte die staatliche Wahlkommission versucht, zwölf prominente Bewerber, darunter Hatip Dicle sowie die Kurden Leyla Zana und Serafetin Elçi, unter Hinweis auf frühere Haftstrafen von einer Kandidatur auszuschließen. Friedliche Proteste der kurdischen Bevölkerung gegen diese Entscheidung der türkischen Wahlkommission wurden von Sicherheitskräften erstickt. Mehr als 2.500 Kurden wurden festgenommen.

Seit Jahrzehnten werden den rund 15 Millionen Kurden in der Türkei ihre demokratischen Rechte verweigert. Deswegen tobte dort jahrzehntelang ein Bürgerkrieg. Die überwiegende Mehrheit der Kurden, aber auch die Assyrer-Aramäer, Armenier, Lasen und Aleviten haben ihren Glauben an den Reformwillen Erdogans verloren. Sie wollen eine neue, vielfältige Türkei mit einer neuen Verfassung, die die sprachlichen, kulturellen und politischen Rechte aller Volksgruppen und Religionsgemeinschaften garantiert.

Bitte unterstützen Sie unseren Appell an den Beauftragten für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe der deutschen Bundesregierung, Markus Löning, in dem wir ihn bitten, sich bei der türkischen Regierung für die Freilassung von Hatip Dicle einzusetzen.

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