ARD : DEUTSCHER PRIME JOURNALISMUS LÄSST DEN SCHLÄCHTER AL ASSAD EINFACH REDEN

Assad in der ARD : Warum darf Syriens Schlächter sich so verteidigen? / Despot wirft mit den üblichen Parolen um sich – unwidersprochen

BILD 15.2.2013 – Fast 70 000 Tote im Syrien-Krieg! Jeden Tag kommen entsetzliche Meldungen aus dem arabischen Land, jeden Tag Berichte über Kämpfen und Sterben. Und was macht Despot Baschar al-Assad (47)? Er sitzt in seinem strahlend-weißen Palast in Damaskus, bewacht von seinen Bodyguards, und säuselt in ARD-Mikrofone. Kritische Nachfragen? Keine!

Der deutsche TV-Autor Hubert Seipel (62, Grimme-Preisträger) führte ein Exklusiv-Interview mit dem syrischen Präsidenten – doch wer hoffte, etwas Neues zu hören, wurde enttäuscht. In der NDR-Doku „Die Syrien-Falle – Deutschland und der Krieg gegen Assad“ (Mittwoch, 23.15 Uhr) durfte der Schlächter von Damaskus unwidersprochen seine üblichen Parolen ausgeben.

Assad: „Die Lage ist nicht gut. Hier fallen unschuldige Menschen Anschlägen zum Opfer. Sie werden durch Terroristen aus dem Ausland ermordet. Zugestanden, es sind auch Syrer darunter. Aber die wichtigste Frage ist doch, haben sie Unterstützung in Syrien? Dann wäre die Lage allerdings hoffnungslos.“

Seipel zeigt keine Interview-Situation mit Fragen, Antworten und Nachfragen. Er verteilt Assads Statements über die 45 Minuten dauernde Sendung. Das Unwidersprochene hinterlässt das Gefühl, dass Assad einfach zu gut wegkommt.

Hubert Seipel zu BILD.de: „Es ist eine Dokumentation, keine Kommentarsendung. Assad ist hier Teil eines Ganzen.“ Er erklärt: „Die Leute sollten sich ein Bild davon machen, wie realitätsblind Assad ist.“

Seipel wollte demnach „Assad keine Chance lassen, das Gespräch zu autorisieren.“ Deshalb nur Interviewschnitzel mit dem Mann, den er als „freundlich-kalt“ im Umgang beschreibt, und kein ganzes Interview.

Der Autor widerspricht Assad nicht selbst, er lässt andere Interviewpartner zu Wort kommen, die den syrischen Machthaber selbst erlebt haben: Russlands Außenminister Sergej Lawrow und der frühere Syrien-Sondergesandte der UN und der arabischen Liga, Kofi Annan. Beide machen klar, dass Assad ihrer Meinung nach quasi in einem Parallel-Universum lebt, in seiner ganz eigenen Welt.

Auf Assads Bemerkung, die Frage sei doch, ob die Rebellen Unterstützung in Syrien haben, sagt Lawrow trocken: „Naja, er ist nicht ganz auf der Höhe der Ereignisse, was da passiert. Er denkt mehr in die Richtung, dass die Geschichte auf seiner Seite ist.“

Dann geht es um das Massaker in Hula im Mai 2012 (100 Tote, 300 Verletzte). Seipel lässt unerwähnt, dass der Bericht der Syrien-Untersuchungskommission der UN zu dem Schluss gekommen ist, dass Regierungstruppen und regierungstreue Milizen für das Blutbad verantwortlich waren.

Assad sagt zu den Bildern mit vielen toten Zivilisten: „Die Menschen, die in diesem Massaker umgebracht werden, waren Unterstützer dieses Staates (…). Warum sollte eine Regierungsmiliz Menschen umbringen, die loyal zur Regierung stehen, das ist ein Widerspruch und unrealistisch. Das waren Milizen der Terroristen, die dieses Massaker angerichtet haben.“

Der syrische Machthaber weiter: „Wir haben den Krieg nicht angefangen, und wir haben uns diese Art des Krieges nicht ausgesucht, weil wir uns den Krieg auch nicht ausgesucht haben. Zu uns kommen Terroristen mit hochentwickelten Waffen. Sie haben angefangen, Leute umzubringen. Wir  verteidigen  uns  so, wie es die Umstände erfordern. Wie es die Taktik des Gegners erfordert. Sie benutzen schwere Waffen. Deswegen schlagen wir in der gleichen Weise zurück.“

An Zynismus kaum zu überbieten, denn: Wenn Rebellen sich in Städte zurückziehen, lässt Assad sie einfach bombardieren. Ein Häuserkampf wäre für die eigenen Truppen zu verlustreich. Beim Beschuss aus der Luft kommen aber auch viele Kinder ums Leben.

Lawrow widerspricht im Gespräch mit Seipel dem syrischen Präsidenten deutlich: „ Die Regierung machte viele Fehler. Sie hat zu lange nicht auf die legitimen Forderungen  der Opposition reagiert. Russlands Chefdiplomat sagt auch: „Uns interessieren keine Einzelpersonen, uns interessiert das Schicksal Syriens.“

Lawrow: „Über Assads Schicksal müssen die Syrer entscheiden. Aber davon abgesehen: Er hört auf niemanden.“

Der frühere Syrien-Sondergesandte der UN und der arabischen Liga im Syrien-Konflikt, Kofi Annan, plaudert nach der vergeblichen monatelangen Pendel-Diplomatie aus dem Nähkästchen: „Ich hatte das Gefühl, dass er die Wirklichkeit nicht akzeptierte. Er argumentierte, dass es in Syrien selbst keine Probleme gibt, Fremde seien verantwortlich. Er nahm den Streit im Inneren und die Bürgerrechtsbewegung überhaupt nicht wahr.“

Annan prophezeit auch: „Das wird noch lange dauern, es herrscht eine Stagnation“.

Auch Seipel kommt zu dem Schluss: „Assad weg – das nützt nichts, wenn die Nachfolge nicht geregelt ist.“

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