MESOP BACKGROUND : DAS DONALD-TRUMP-PROGRAMM LIEGT VOR / HAUPTFEIND IRAN

Donald Trump als Buchautor So wird Amerika wieder groß

19.12.2016, von Joseph Croitoru – FAZ – Das Programm, mit dem Donald Trump die amerikanische Präsidentenwahl gewonnen hat, findet sich im Wesentlichen in einem Buch wieder, das im Mai auch in Deutschland erschienen ist. Nur wurde „Great Again! Wie ich Amerika retten werde“ von den deutschen Medien kaum wahrgenommen – anders als vom Publikum: Mittlerweile ist, wie der Plassen Verlag mitteilt, die dritte Auflage erschienen.

In seinem Heimatland kannte man ihn aber auch als Autor programmatisch-patriotischer Werke, in denen er nicht nur seine Sorge um die Zukunft der Vereinigten Staaten, sondern auch seine eigene Vision von ihr beschrieb. So erschien im Jahr 2000 der Titel „Das Amerika, das wir verdienen“ und 2011 „Es ist Zeit, hart zu werden. Amerika wieder zur Nummer eins machen“ – oder „wieder groß machen“, wie die Taschenbuchausgabe nahelegte. Daher rührt auch das „Great Again!“ im Titel der jüngsten deutschen Übersetzung, die als eine Art Aktualisierung der beiden erwähnten Bücher betrachtet werden kann. Alle drei Werke haben ähnliche Schwerpunkte, und besonders interessant ist Trumps Sicht auf die Außen- und Sicherheitspolitik, vor allem was den Nahen Osten und die Terrorbekämpfung betrifft.

Sie sollen dafür bezahlen

Zu Beginn des Jahrtausends waren für den über nationale Sicherheit und Außenpolitik sinnierenden amerikanischen Milliardär außer Nordkorea, gegen das er damals einen „chirurgischen Schlag“ zu führen empfahl, die mit dem diktatorisch regierten, kommunistischen Land in einer Art konspirativem Bündnis agierenden Staaten Irak, Iran, Libyen und China die größte Gefahr für die Weltsicherheit – neben Bin Ladins Al Qaida, deren Gefahrenpotential und Folgen Trump damals fast schon prophetisch vorhersagte: „Ich bin wirklich davon überzeugt, dass wir in der Gefahr eines Terrorangriffs sind, der den Bombenanschlag auf das World Trade Center (1993) aussehen lässt wie Kinder, die mit Knallfröschen spielen“, schrieb er und fuhr fort: „Eines Tages wird uns erzählt werden, eine finstere Gestalt ohne festen Wohnsitz mit Namen Usama Bin Ladin sei Staatsfeind Nummer eins, und amerikanische Kampfjets werden sein Lager in Afghanistan plattmachen.“

Iran und den Irak sah Trump damals auf dem Weg zur Atombombe, Teheran wegen seiner hochentwickelten Nukleartechnik und der Raketen, die bald amerikanischen Boden würden erreichen können, als den gefährlicheren Feind von beiden. Seit 2011 stellte Letzterer für den Geschäftsmann eine besonders große Gefahr dar. Denn die amerikanische Invasion in den Irak, vor der er gewarnt habe, habe Washington nicht nur enorm viel Geld gekostet, sondern den iranischen Einfluss in der Region erheblich wachsen lassen. Gemäß seinem bis heute weitgehend unveränderten Credo, dass die Länder, denen die Vereinigten Staaten militärischen Schutz gewähren, dafür auch zur Kasse gebeten werden müssten, forderte Trump damals, Amerika solle sich das gesamte irakische Erdöl „holen“.

Atomwaffen für Terroristen

Das der Außenpolitik gewidmete Kapitel war überschrieben mit „Amerikas Muskeln stärken“. Als „konkurrierende und feindliche Länder“ waren – in dieser Reihenfolge – China, Russland, Iran, Pakistan und Libyen aufgeführt. Es wurde vor Chinas Aufrüstung gewarnt und Barack Obama für seine Appeasement-Politik gegenüber Russland kritisiert, das sein Versprechen nicht eingelöst habe, im Gegenzug zum amerikanischen Verzicht auf die Stationierung ballistischer Raketen in Osteuropa die Weiterentwicklung des iranischen Raketenprogramms zu bremsen. Noch stärker geißelte Trump Präsident Obama für seine Unentschlossenheit gegenüber der iranischen Führung, ihrem Nuklearprogramm und dem Aufruf, Israel zu vernichten. Oberstes Ziel der amerikanischen Außenpolitik gegenüber Iran müsse es sein, seinen nuklearen Bestrebungen auch deshalb ein Ende zu setzen, weil das radikale Regime in Teheran seine Atomwaffen entweder selbst einsetzen oder Terroristen zur Verfügung stellen werde.

Pakistan und Libyen, die Donald Trump noch vor einem halben Jahrzehnt als instabile und undankbare Länder für die geleistete amerikanische Militärhilfe zahlen lassen wollte, finden in seinem neuen Buch keine Erwähnung mehr. Das einschlägige Kapitel trägt jetzt den Titel „Außenpolitik: Kämpfen für den Frieden“ und wendet sich den Gegnern „Islamischer Staat“, Iran und als letztem China zu. Schon in der Einleitung klagt der Autor darüber, dass der russische Präsident Wladimir Putin Barack Obama ausmanövriert und in Syrien eine Koalition zusammengestellt habe, die ihn bald als den „einzigen fähigen Anführer der Welt“ dastehen lassen würde: „Er und seine Verbündeten – vor allem Iran – haben sich genau dort in Stellung gebracht, wo Präsident Obama und unser Militär seit Jahren kläglich scheitern.“

Ständige Bereitschaft zur Gewaltanwendung

Alte Klagen werden in dem Kapitel über die Außenpolitik wie ein Mantra wiederholt: Milliarden Dollar seien im Nahen Osten versenkt und Israel, Amerikas wichtigster Verbündeter in der Region, vor den Kopf gestoßen worden. Eine Klage ist freilich neu hinzugekommen: der „wertlose Atomvertrag“ mit Iran. Die Folge dieser Politik: „Die Vorstellung von amerikanischer Größe, von unserem Land als Anführer der freien und der unfreien Welt, ist verblasst.“ Trumps Rezept dagegen ist die selbstauferlegte Verpflichtung, zum Zwecke der Abschreckung die stärkste Militärmacht der Welt zu unterhalten. Und da die Vereinigten Staaten dies ohnehin schon tun, heißt es hier „mit Abstand stärkste“ – und somit noch mehr Kampffähigkeit, was durch massive Finanzierung erreicht werden soll. Diese sollen unter amerikanischem Schutz stehende Verbündete wie Saudi-Arabien, Japan, Südkorea, Irak, Kuweit und neuerdings auch Deutschland mittragen.

Aus Trumps Sicht setzt die Aufrüstung die ständige Bereitschaft zur Gewaltanwendung voraus. Gewalt anzuwenden hält er – anders als im Falle Irans, bei dem seiner Forderung nach einem Ende des gesamten Atomprogramms keine konkreten Handlungsempfehlungen folgen – gegen den IS für nötig, zumal die Terrormiliz jetzt im Irak und in Syrien auf dem Öl sitze, das die Amerikaner sich schon längst hätten „holen“ sollen: „Falls es die Militärberater empfehlen, sollten wir eine begrenzte – aber ausreichende – Zahl an Bodentruppen abstellen“, schreibt Trump.

Scharia in Amerika

Lohnenswert ist auch ein Blick in das Buch, das Michael Flynn, Trumps künftiger Sicherheitsberater, im Juli zusammen mit dem Historiker und Politikberater Michael Ledeen veröffentlicht hat. Es trägt den Titel „Das Schlachtfeld. Wie wir den globalen Krieg gegen den radikalen Islam und seine Verbündeten gewinnen können“. Als Hauptgegner werden hier der IS und Iran genannt. Sie werden als besonders gefährliche Auswüchse des Islamismus stellenweise miteinander verwoben, auch in Bezug auf eine künftige Bedrohung durch Nuklearwaffen. Die Argumentation stützt sich auf zahlreiche Fakten, neigt aber auch zu Demagogie. Etwa, wenn zu dem syrischen Ort Al-Kibar, in dem israelische Kampfbomber 2007 eine vermeintliche Nuklearanlage zerstört hatten, zu lesen ist: „Heute kontrolliert dieses Gebiet der IS, der irgendwann Atomwaffen besitzen dürfte.“ Für Flynn ist die militärische Aufgabe im „Weltkrieg“ gegen den radikalen Islam die leichtere: Man müsse, sagte er bei einer seiner Buchpräsentationen, nur der Armeeführung freie Hand lassen. Die schwierigere sei, den Islamismus, der die Amerikaner nicht nur physisch bedrohe, sondern ihnen mittlerweile vielerorts in ihrem eigenen Land die Scharia aufzwinge, als Feind zu erkennen und sich auch politisch dazu zu bekennen. Obama habe sich davor gedrückt, und seine von Flynn in diesem Zusammenhang scharf kritisierte „Entschuldigungs-Tour“ in der islamischen Welt spielt auch in Trumps Rhetorik eine zentrale Rolle als Beispiel für Defätismus und Selbstverleugnung.

Nicht nur die Ansicht, beim Kampf gegen den dschihadistischen Terrorismus gehe es auch um den Schutz amerikanischer Grundwerte, lässt den designierten Verteidigungsminister James Mattis als einen Gesinnungsgenossen von Trump und Flynn erscheinen. Ähnlich wie die beiden sieht auch er in Iran einen Feind, der Amerikas Verbündete im Nahen Osten als „angriffslustigster Akteur“ der Region am meisten gefährdet. Der kühle Analytiker Mattis will ebenfalls Iran vom IS nicht ganz getrennt sehen. „Iran ist kein Feind des IS“, sagte er im April in einem Vortrag am Washingtoner Zentrum für Strategische und Internationale Studien. Die Terrormiliz liefere Teheran lediglich den Vorwand, weiterhin sein Unwesen zu treiben. Anders als im iranischen Fall schlug Mattis im Hinblick auf die Bekämpfung des IS auch konkrete militärische Schritte vor. Bereits 2014 sprach er sich vor dem Geheimdienstausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses für den Bodeneinsatz einer „passenden Truppenzusammensetzung“ aus. Er verurteilte damals die kategorische Ablehnung der Obama-Regierung, Bodentruppen einzusetzen, und denunzierte im August dieses Jahres gegenüber dem „Time“-Magazin ihre Militärpolitik in der Region als planlos und „gespickt von Halbmaßnahmen“. Militärpolitisch wird sich in Washington unter Trump einiges ändern, fragt sich nur, mit welchen Konsequenzen. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/so-wird-amerika-wieder-gross-trump-als-buchautor-14581297.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2