MESOP : Weil STEFAN AUST bareweg nichts weiß, holt er alte Kamellen aus dem Archiv, die längst verbreitet wurden: darunter das fake-Gespräch aus dem Atelier der PKK. Hakan Fidan wollte vor Jahr + Tag den MIT Job quittieren – Erdogan diktierte seinen Verbleib. Neu ist nur, daß aktuell neue Gesprächsinitiativen mit der PKK lanciert werden – unter Federführung Hakan Fidans. Davon aber weiß Aust und die WELT nichts.

Das große Rätsel um Erdogans Geheimdienstchef – Von Stefan Aust und Dirk Laabs – DIE WELT  –

31 July 2016 – Der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan wusste früh über den Putsch Bescheid. Seinen Präsidenten aber informierte er nicht. Hat der Oberspion versagt oder steckt etwas ganz anderes dahinter?

Mit eiserner Hand hat er durchgegriffen. Er hat an die 3000 Richter entlassen, ihre Privatkonten konfisziert, 45 Zeitungen und 16 Fernsehsender geschlossen und veranlasst, dass türkische Journalisten vor laufenden Kameras des Staatsfernsehens verhaftet werden.Selten hätte ein Staat kritische Journalisten und unabhängige Richter mehr gebraucht als die Türkei in den Wochen seit dem Putsch, seit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan “um Schutz von Volk und Staat” die Macht auf sich und seine Partei konzentriert.Es ist ein Musterbeispiel aus der Gegenwart, wie Diktaturen entstehen. Reichstagsbrand, Röhm-Putsch und das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 in einem einzigen Film, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge.

Rolle von Geheimdienstchef Fidan ist nebulös

Denn nicht nur die Säuberungswelle nach dem misslungenen Umsturzversuch wirft viele Fragen auf. Es ist der Staatsstreich selbst, der in seinem Ablauf und seinen Widersprüchen zunehmend rätselhaft erscheint. Wer putschte wann? Wer erfuhr davon? Was wurde wann weitergemeldet? Welche Gegenmaßnahmen wurden eingeleitet? Welche nicht?

Vor allem die Rolle des türkischen Geheimdienstes MIT (Milli Istihbarat Teskilati) und seines Chefs Hakan Fidan ist nebulös. Eines immerhin scheint sicher, zumindest nach dem Informationsstand westlicher Sicherheitsbehörden: Fidan erhielt früh Warnungen, dass ein Putsch geplant war. Angeblich aber enthielt er diese Informationen seinem Chef Erdogan vor.

Warum? Hat der Oberspion versagt – oder hat er den Putsch eine Weile laufen lassen, um seinem Präsidenten einen Anlass zu geben, das Land zu “säubern”, wie Erdogan es nennt? Oder war Erdogan von Anfang an im Bilde und ließ den Geschehnissen ihren Lauf, weil ein gescheiterter Putsch seinen Allmachtsfantasien entgegenkam? Die Schlüsselrolle spielt so oder so sein Geheimdienstchef.

Erdogans “Bewahrer der Geheimnisse”

Hakan Fidan gilt neben Erdogan als der mächtigste Mann im Staat, und wenn es darauf ankommt, ist er nicht weniger skrupellos als der Präsident. Der 48-jährige Geheimdienstchef gehört zu einer seltenen Art in der Türkei: Er kennt die Armee, aber auch die zivile Verwaltung in der Türkei von innen.

Fünfzehn Jahre diente er als Soldat, am Ende als Unteroffizier. Kurzfristig war er bei der schnellen Eingreiftruppe der Nato in Deutschland stationiert. Karriere machte der Mann, der zwei Studiengänge absolviert hat, jedoch erst als Zivilist. Der Politikwissenschaftler führte eine Weile die türkische Entwicklungshilfe und wurde anschließend zum außenpolitischen Berater Erdogans ernannt. Der machte Fidan schließlich 2010 zum Chef des Geheimdienstes MIT.

Fidan strukturierte seine neue Behörde sofort um, machte sie noch mächtiger, indem er dem MIT auch den militärischen Geheimdienst einverleibte. “Er ist mein Bewahrer der Geheimnisse”, sagte Erdogan einst über ihn. Für einen Geheimnisträger machte Fidan allerdings von Anfang an überraschend viele Schlagzeilen. Kurz nachdem er Chef des MIT geworden war, warf ihm der israelische Mossad vor, sensible Erkenntnisse des amerikanischen Bündnispartners CIA an den Iran verraten zu haben.

Ein höchst interessantes Telefonat zum Thema Syrien

Noch viel problematischer aber ist die Rolle Fidans im syrischen Bürgerkrieg. Sein MIT lieferte offenbar Waffen an Rebellen in Syrien, darunter auch an Kämpfer der Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS). Fidan und Erdogan wollten offenbar helfen, den verhassten syrischen Machthaber Assad mithilfe der Islamisten zu stürzen.

Als Gegner der Kurden, die vor allem im Irak zunehmend an Einfluss gewannen, waren die islamistischen Kämpfer darüber hinaus eine willkommene Hilfe. Doch Fidan verspekulierte sich – und auch das ist nicht untypisch für ihn.

Der IS wurde unter anderem dank der Hilfe der türkischen Behörden immer mächtiger, wendete sich aber schließlich auch gegen türkische Interessen. IS-Attentäter verübten im Juli 2015 nicht nur einen Anschlag auf türkischem Gebiet, sie belagerten schon zuvor in Nord-Syrien das für viele Türken symbolisch wichtige Grab von Süleyman Schah, Großvater des osmanischen Reichsgründers Osman I.

In dieser Situation kam es Anfang 2014 offenbar zu einem gerade aus heutiger Sicht höchst interessanten Telefonat, einer Konferenzschaltung, an der wichtige Militärs der türkischen Armee und hochrangige Regierungsmitglieder teilnahmen. Ob ein türkischer Whistleblower aus dem Offizierskorps oder ein Nachrichtendienst die Aufnahme auf YouTube hochgeladen hat, ist bis heute unklar. Auch ihre Echtheit kann nicht mit letzter Gewissheit bestätigt werden.

Aber wenn sie authentisch ist, dann diskutiert Fidan darin mit Militärs die Lage in Syrien. Er habe bereits 2000 Lastwagen mit Waffen und Munition nach Syrien geschickt, sagt der Geheimdienstchef, und bestätigt damit die Waffenlieferungen an islamistische Rebellen. Den Konflikt um das Grab von Süleyman sehen die Gesprächspartner als Chance an, in Syrien einzumarschieren.

Außenminister Ahmet Davutoglu: “Der Premierminister [damals Erdogan] hat gesagt, dass dieser Angriff [auf Süleymans Grab] von uns als Möglichkeit genutzt werden muss.”

Hakan Fidan: “Mein Kommandeur, wenn es eine Rechtfertigung braucht, dann wird die Rechtfertigung sein, dass ich vier Männer auf die andere Seite schicke. Ich lasse die acht Raketen in offenes Gelände [in der Nähe des Grabes] feuern. Das ist kein Problem. Eine Rechtfertigung kann man herstellen. (…)”

Yaşar Güler (Türkische Armee): “Das ist ein Kriegsgrund. Was wir da machen werden, ist ein direkter Kriegsgrund.”

Feridun Sinirlioglu (Außenministerium): “Wir brauchen eine Rechtfertigung, eine solide Rechtfertigung.”

Hakan Fidan: “Die kann ich fingieren, das ist keine Sache.”

Fidan macht sich zu viele und falsche Feinde

Alle Welt konnte das Gespräch via YouTube hören – mitten im türkischen Wahlkampf. Ein hochnotpeinlicher Skandal auch für Erdogan. Fidan schien einen sogenannten Angriff unter falscher Flagge vorzubereiten.Die Regierung bezeichnete die Tondatei umgehend als Fälschung, verbot YouTube und Twitter für einige Tage und beschuldigte die Gülen-Bewegung, hinter der Affäre zu stecken. Eines jedoch stand im Raum: Fidans Apparat war möglicherweise unfähig, ein derart brisantes Gespräch geheim zu halten. http://m.welt.de/politik/ausland/article157408112/Das-grosse-Raetsel-um-Erdogans-Geheimdienstchef.html