KURDWATCH NEWSLETTER MÄRZ 2013

Al-Qamischli: Kurden gedenken Widerstand von 2004 / Radschu: Ein Toter und mehrere Entführte nach YPG / PYDAngriff

KURDWATCH, 21. März 2013 – Am 12. März 2013, anlässlich des 9. Jahrestages des »Aufstands von alQamischli«, nahmen um elf Uhr Ortszeit Hunderttausende in den kurdischen Gebieten an einer Schweigeminute teil, um der Opfer von 2004 zu gedenken. Anschließend beteiligten sich Zehntausende an Demonstrationen in alQamischli, ʿAmuda, alHasaka, alMalikiya (Dêrik), alQahtaniya (Tirbesipî), alDschawadiya (Çil Axa), adDarbasiya, alMaʿbada (Girkê Legê), Raʾs alʿAin (Serê Kaniyê), ʿAin alʿArab (Kobanî), ʿAfrin, Dschindiras, Radschu und Aleppo.

Zahlreiche Geschäfte blieben geschlossen. Mitglieder der Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) organisierten zudem militärische Paraden in alMalikiya und ʿAfrin. Die Demonstrationen verliefen friedlich. In allen Ortschaften demonstrierten Anhänger des Kurdischen Nationalrats und der PYD getrennt.

Radschu: Ein Toter und mehrere Entführte nach YPGAngriff

KURDWATCH, 21. März 2013 – Am 16. März 2013 haben Anhänger der Partei der Demokratischen Union (PYD) in Radschu (zwanzig Kilometer nordwestlich von ʿAfrin) Anhänger des Kurdischen Nationalrats angegriffen. Diese hatten im Anschluss an eine Schweigeminute anlässlich des Jahrestages des Giftgasangriffs auf Halabdscha (IrakischKurdistan) Slogans gerufen, die die Freie Syrische Armee (FSA) feierten. Etwas später griffen Kämpfer der Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) mehrere Häuser der kurdischen Familie Sido an – die Familie ist dafür bekannt, der Kurdischen Demokratischen Partei in Syrien (el-Partî) von ʿAbdulhakim Baschar nahe zu stehen. Schervan ʿAli Sido wurde getötet, Luqman, Barzan, Mustafa Dschamal, Muhamad und Anwar Sido wurden von der YPG entführt.

 

ʿAfrin: Wieder Entführungen nach YPGAngriffen

KURDWATCH, 21. März 2013 – Am 13. und 14. März 2013 haben Mitglieder der Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) erneut mehrere kurdische Dörfer bei ʿAfrin angegriffen. Mindestens zehn Personen wurden entführt, darunter Mitglieder der Kurdischen Demokratischen Partei in Syrien (elPartî) von ʿAbdulhakim Baschar sowie der Kurdischen Freiheitspartei (Azadî) von Mustafa Dschumʿa. Ein führendes Mitglieder der Azadî erklärte gegenüber KurdWatch: »Die syrischen Telefonnetze funktionieren seit Tagen nicht, türkische Mobiltelefone haben hier keinen Empfang und die Straßen werden von der YPG kontrolliert. Daher können wir nicht sagen, wie viele Personen genau entführt worden sind. Das Hohe Kurdische Gremium war gerade dabei, zwischen uns und der YPG zu vermitteln, damit die Entführten vom 8. März frei gelassen werden. Mit den neuen Entführungen will die YPG zeigen, dass es keine Macht neben ihr geben darf.«

Aleppo: Mitglied der Demokratischen Yekîtî nach Raketenangriff verstorben

KURDWWATCH, 19. März 2013 – Nachdem Mustafa ʿAbdo ʿIso (geb. 1963 in Dschindiras, verh., fünf Kinder) am 26. Februar 2013 bei einem Raketenangriff auf den Aleppiner Stadtteil Schaikh Maqsud schwer verwundet worden war, ist das Mitglieder der Kurdischen Demokratischen Einheitspartei in Syrien (Demokratische Yekîtî) am 13. März 2013 seinen Verletzungen erlegen.

Al-Qamischli: PYD gibt Frist für Entwaffnung bekannt

KURDWATCH, 16. März 2013 – Am 11. März 2013 hat der Sicherheitsdienst (Asayiş) der Partei der Demokratischen Union (PYD) unter anderem in alQamischli und ʿAfrin Flugblätter verteilt, in denen der Bevölkerung in den kurdischen Gebieten eine Frist für die Beantragung von Waffenscheinen gesetzt wird. Bis zum 31. März 2013 müssen alle Waffen beim Asayiş registriert worden sein. Ab April sollen Personen, denen der Besitz nicht registrierter Waffen nachgewiesen wird, bestraft werden. Darüber hinaus sollen Waffenscheine ausschließlich für leichte Waffen ausgestellt werden, schwere Waffen sind laut Flugblatt verboten. An einigen Orten wurden die Anweisungen des Asayiş auch über die Lautsprecher der Moscheen verkündet.

 

ʿAfrin: Tote und Entführte bei YPGAngriff auf mehrere Dörfer

KURDWATCH, 15. März 2013 – Am 8.März2013 haben Mitglieder der Volksverteidigungseinheiten(YPG) der Partei der Demokratischen Union(PYD) mit schwer bewaffneten Fahrzeugen die kurdischen Dörfer Basuta, Burdsch ʿAbdullah und Kimar (etwa zehn Kilometer südlich von ʿAfrin) angegriffen. Die Dörfer gelten als Hochburg der Kurdischen Freiheitspartei (Azadî) von Mustafa Dschumʿa. Drei Personen – ʿAdil Hasan, ʿUmar Nabu und ʿAlaʾ ʿAbdu – kamen durch Schussverletzungen ums Leben, zahlreiche weitere Personen wurden verletzt. Darüber hinaus wurden fünfundvierzig bis fünfzig Personen entführt, darunter ʿAbdurrahman Ibo, Zentralkomiteemitglied der Azadî von Mustafa Dschumʿa. Auch ein Kontrollpunkt der Azadî in Basuta wurde zerstört. Mustafa Mahmud ʿAti, Führungsmitglied der Azadî in Aleppo, erklärte gegenüber KurdWatch: »Unsere Mitglieder und Anhänger halten sich immer noch an die Anweisung der Partei, nicht auf die YPG zu schießen. Auch dann nicht, wenn diese angreift. Aber die YPG hat sämtliche Grenzen überschritten. Wenn sie so weiter macht, ist die Azadî gezwungen, sich auch militärisch zu verteidigen. Wir hoffen nicht, dass es soweit kommt.«

Al-Qamischli: Azadî verlässt Hohes Kurdisches Gremium

KURDWATCH, 15. März 2013 – Am 26. Februar 2013 hat die Kurdische Freiheitspartei in Syrien (Azadî) von Mustafa Dschumʿa das Hohe Kurdische Gremium verlassen. Mustafa Mahmud ʿAti, Führungsmitglied der Partei in Aleppo, erklärte gegenüber KurdWatch: »Wir haben das Hohe Kurdische Gremium verlassen, um gegen die Entführung unserer Parteimitglieder durch die Partei der Demokratischen Union zu protestieren, die auch Mitglied im Gremium ist. Wir wollen auch dagegen protestieren, dass das Gremium nichts getan hat, um unsere Mitglieder freizubekommen.«

Al-Qamischli: Kurden feiern Frauentag

KURDWATCH, 14. März 2013 – Bei andauernden Kämpfen zwischen der Freien Syrischen Armee (FSA) und Regierungstruppen hat es in der Woche vom 2. bis zum 8. März 2013 erneut zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Die Kämpfe konzentrierten sich auf die Wirtschaftsmetropole Aleppo, die Hauptstadt Damaskus sowie die Gegend um Homs und arRaqqa. Am 8. Februar forderten Demonstranten im ganzen Land erneut den Sturz des Regimes. Sie gingen unter dem gemeinsamen Motto »Euer konfessioneller Staat wird nicht gelingen«, das sich auf eine mögliche Abspaltung der ʿalawitischen Gebiete vom Rest Syriens bezog, auf die Straße. Anhänger des Kurdischen Nationalrats sowie der Partei der Demokratischen Union (PYD) feierten in getrennten Demonstrationen den Frauentag. In alQamischli gab es je eine Demonstration in den Stadtvierteln alʿAntariya (organisiert von den Jugendgruppen Biratî, Rojava, Schaikh Maʿschuq und Märtyrer Farhad) und Munir Habib (organisiert vom Kurdischen Nationalrat) sowie an der Qasimomoschee im Westviertel (organisiert von der PKKnahen Frauenbewegung Yekîtiya Star). In ʿAmuda kam es zu drei getrennten Demonstrationen, organisiert von der PYD, vom Kurdischen Nationalrat sowie von verschiedenen Jugendgruppen. In alHasaka gab es drei Demonstrationen, eine organisiert vom Kurdischen Nationalrat, eine von der PYD sowie eine von regimekritischen arabischen Gruppen. In adDarbasiya, ʿAin alʿArab (Kobanî), alDschawadiya (Çil Axa) und alQahtaniya (Tirbesipî) fanden jeweils zwei Demonstrationen statt, eine organisiert von der PYD, die andere vom Kurdischen Nationalrat. Die wöchentlichen Demonstrationen des Kurdischen Nationalrats in alMalikiya und alMaʿbada (Girkê Legê) fanden am Samstag, nicht am Freitag statt. In ʿAfrin und Raʾs alʿAin (Serê Kaniyê) sowie in den mehrheitlich kurdisch bewohnten Stadtvierteln von Aleppo und Damaskus gab es keine Proteste.

Dschindiras: YPG erzwingt Streikteilnahme

KURDWATCH, 12. März 2013 – Am 14. Februar 2013 haben drei Anhänger der Partei der Demokratischen Union (PYD) Ahmad Muhammad Mustafa (bekannt als Pir Rustam), Schriftsteller und Mitglied des Zentralkomitees der Kurdischen Demokratischen Einheitspartei in Syrien (Demokratische Yekîtî), angegriffen. Sie forderten ihn auf, die Beladung eines Transporters zu stoppen, seine vier Läden in Dschindiras zu schließen und an einem Generalstreik teilzunehmen. Zu diesem hatten PKKnahe Organisationen an diesem Tag aufgerufen, um gegen Festnahme und Inhaftierung Abdullah Öcalans zu protestieren. Als Rustam sich weigerte, seine Geschäfte zu schließen, versuchten die Angreifer, ihn mitzunehmen, wurden jedoch durch Nachbarn und Fußgänger gehindert. Nur fünfzehn Minuten, nachdem sie Rustams Laden verlassen hatten, erschien ein gutes Dutzend bewaffneter Mitglieder der Sicherheitskräfte (Asayiş) der Partei der Demokratischen Union (PYD). »Sie stürmten in meinen Laden und fragten ganz frech, wer seine Läden nicht schließen wolle. Ich sagte ihnen, dass ich seit längerer Zeit diesen Geschäftstermin hätte, ich könne den Transporter aus Idlib [einhundert Kilometer südlich von Dschindiras] nicht einfach leer zurück schicken. Sie jedoch wollten mich festnehmen, wenn ich am Streik nicht teilnehme. Als wir laut wurden, versammelte sich erneut eine Menschenmenge um uns. Einige erklärten den Angreifern, wer ich bin. Nur deshalb wurde ich nicht entführt. Meine Geschäfte musste ich dennoch schließen.« Hundertsiebzig Schriftsteller, Politiker und Aktivisten verurteilten wenige Tage später in einer Erklärung den Angriff der PYD auf Pir Rustam. Die Demokratische Yekîtî hingegen, in deren Zentralkomitee Rustam ist, hat sich bis heute nicht zu dem Angriff geäußert.