THEO VAN GOGH : DER WERTEWESTEN !? – fin de partie!
Rechtspopulismus : Wir erleben eine Revolution
Ein Kommentar von Nikolas Busse FAZ – 05.09.2025,
Trump oder die AfD werden nicht mehr nur aus Protest gewählt – sondern für ihre Weltanschauung. Sie sprechen Gruppen an, die von der linken Politik vergessen oder bekämpft wurden: Arbeiter, Männer, traditionelle Familien.
Die alte Erkenntnis, dass nichts so mächtig ist wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist, gilt heute für den Rechtspopulismus. Sein Aufstieg vollzieht sich inzwischen in allen drei Weltgegenden, die man dem erweiterten Westen zurechnet und in denen sich lange etablierte Demokratien befinden: Nordamerika, Europa und jetzt auch Japan. In den Vereinigten Staaten und in Italien haben es Rechtspopulisten bekanntlich schon in die Regierung geschafft, Trump zum zweiten Mal. In Großbritannien und Frankreich liegen sie in Umfragen vorn, in Deutschland kommt die AfD der Union nahe.
Das lässt sich nicht mehr mit Besonderheiten im jeweiligen Land erklären, noch nicht mal mit Protest oder Uninformiertheit der Wähler. Der Rechtspopulismus hat eine global verbreitbare Weltanschauung hervorgebracht, für die sich seine Anhänger bewusst entscheiden. Wir erleben eine Revolution.
Eine Idee kann man nicht verbieten
Gerade in Deutschland wollen das viele nicht wahrhaben. Obwohl sich der Aufstieg der AfD über viele Jahre hinzog, haben sich große Teile der politischen Klasse und leider auch der Medien intellektuell immunisiert gegen die Gründe, die zu dieser einschneidenden Entwicklung geführt haben. Erst wurde das Internet dafür verantwortlich gemacht. Dann wurde versucht, den Diskurs auf die Themen der bisher herrschenden Parteien einzugrenzen, sogar mit strafrechtlichen Mitteln. Jetzt ist man, zumindest links von der Union, beim Parteiverbot angelangt. Auch das wird nicht helfen. Eine Idee kann man nicht verbieten, zumindest nicht, wenn die Gesellschaft freiheitlich bleiben soll.
Im Kern will der Rechtspopulismus die Politik wieder national eingrenzen, wobei nicht immer ganz eindeutig ist, wer oder was zur Nation gezählt wird. Aber die Stoßrichtung ist unverkennbar: Sie richtet sich gegen Migration (nicht nur irreguläre), gegen Freihandel, gegen Minderheitenrechte, gegen internationale Institutionen. Angestrebt wird letztlich die Rückkehr in eine Welt, wie sie in vielen westlichen Ländern vor der Globalisierung bestand. Deswegen taugen oberflächliche Vergleiche mit dem Faschismus nicht viel, der Bezugspunkt liegt eher in den Fünfziger- bis Siebzigerjahren.
Nichts kannte Grenzen
Wie jede große Bewegung vor ihm sollte man den Rechtspopulismus als Reaktion auf die herrschenden Umstände begreifen. Fast die gesamte westliche Welt lebt heute in einer Ordnung, die auf einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Liberalisierung beruht, wie sie die Menschheit nie erlebt hat. Nichts kannte in den vergangenen Jahren Grenzen: der Handel nicht, die Wanderung nicht, die Emanzipation nicht. Die erstaunliche Allianz, die in den USA Wirtschaft und Wokeismus eingingen, war der Höhepunkt dieser Entwicklung, und sie schwappte natürlich nach Europa über. Es war die letzte Welle des linksliberalen Zeitgeistes, die nicht mal mehr vor der Biologie haltmachte. Dass die Politik irgendwann anfing, sich ständig mit Ansprüchen sexueller Kleingruppen zu beschäftigen, war einer der Momente, in dem sie auch Teile des Bürgertums verlor.
Wann kommen in Deutschland noch Ehepaare vor in der öffentlichen Debatte (rund 50 Prozent der Erwachsenen)? Wann Familien (etwa 49 Prozent leben in Familien), wann Heterosexuelle (etwa 88 Prozent der Bevölkerung), wann Erwerbstätige (55 Prozent)? In Deutschland haben 75 Prozent keine Einwanderungsgeschichte, aber auch um sie geht es selten. Im Zweifel wird ihnen Rassismus unterstellt.
In einer Demokratie kann man vieles machen, aber nicht Politik gegen große Gruppen oder Mehrheiten, zumindest nicht auf Dauer. Der Rechtspopulismus spricht potentiell die Teile der Gesellschaft an, die in westlichen Staaten in jüngerer Zeit vergessen oder gar bekämpft wurden: Arbeiter, Männer, traditionelle Familien und, besonders wirkmächtig, die Inländer. Das macht Wählerkoalitionen möglich, die nicht schnell verschwinden dürften, wie besonders die Erfolge des Rechtspopulismus bei jungen Leuten zeigen. Als Jugendbewegung könnte er Durchschlagskraft über ein, zwei Generationen erlangen.
Manche hoffen immer noch darauf, dass sich diese Bewegung irgendwie entzaubern werde. Regierungschefs wie Trump oder Meloni wollen aber nicht die Erwartungen der linksliberalen Meinungsführer erfüllen, sondern die ihrer Anhänger. Das gelingt ihnen laut Umfragen ganz gut. Und sie können darauf bauen, dass sie für ihre Wähler erst mal das kleinere Übel bleiben werden. Die Bilanz der etablierten Parteien ist oft zu schlecht, von der Einwanderung bis zur stagnierenden Wirtschaft.
Mit „Haltung“ oder dem Beschwören einer „demokratischen Mitte“, noch dazu einer mit Linksdrall, wird man diesen Zug nicht mehr aufhalten können – nur mit einer Politik, die den Fragen nicht ausweicht, die die Wähler der Rechtspopulisten umtreibt.